Rz. 82

Rechtzeitig ist die Unterrichtung über die geplante Betriebsänderung, wenn zum ­Zeitpunkt der Unterrichtung noch die Möglichkeit besteht, über das "Ob" und "Wie" der Betriebsänderung tatsächlich zu beraten mit der Möglichkeit noch auf die Durchführung Einfluss zu nehmen.[103] Somit kann von einer rechtzeitigen Information dann nicht mehr gesprochen werden, wenn sich die Unternehmensleitung bereits endgültig entschieden und eine konkrete Maßnahme mit allen Einzelheiten beschlossen hat. Nach anderer Auffassung sprächen Sinn und Zweck der §§ 111 ff. BetrVG ­dafür, den ­Beschluss über z.B. die Betriebs(teil-)Stilllegung als bloße Vorbereitungshandlung einzustufen. Das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Betriebsrat werde durch ihn nicht vorweggenommen, sondern bestimme erst den Gegenstand der Verhandlungen.[104]

 

Rz. 83

Das BAG geht davon aus, dass der Betriebsrat nicht zwingend vor der Gesellschafterversammlung oder den sonstigen Aufsichtsratsgremien des Unternehmens über die geplanten Betriebsänderungen informiert werden muss. Es geht davon aus, dass etwa auch ein Stilllegungsbeschluss der Gesellschafterversammlung lediglich ein "Teil des Meinungsbildungsprozesses auf Arbeitgeberseite" sei und die Unterrichtung des Betriebsrates im Anschluss hieran keine Verletzung der Beteiligungsrechte des Betriebsrates darstelle.[105] Dies überzeugt nicht. Mit der Zustimmung der gesellschaftsrechtlichen Gremien zu einer bestimmten Betriebsänderung ist bereits eine endgültige Entscheidung gefallen und ein Planungsstadium endgültig verlassen. Es leuchtet wenig ein, wenn davon ausgegangen wird, der Betriebsrat habe nach dieser zustimmenden Beschlussfassung tatsächlich noch die Möglichkeit, auf das "Ob" und "Wie" der geplanten Betriebsänderung Einfluss zu nehmen. Leicht nachvollziehbar ist dagegen, dass von Rechtzeitigkeit nur noch gesprochen werden kann, wenn der Plan zur Betriebsänderung noch nicht und auch noch nicht teilweise verwirklicht ist.[106]

 

Rz. 84

Nicht mehr rechtzeitig ist die Unterrichtung folglich in jedem Falle dann, wenn der Unternehmer bereits mit der Durchführung der Betriebsänderung begonnen hat,[107] d.h. also unumkehrbare Maßnahmen eingeleitet hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn bereits Kündigungen ausgesprochen worden sind,[108] oder bereits sachliche Betriebsmittel als Vorgriff der geplanten Betriebsänderung veräußert worden sind.[109]

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