A. Verschwiegenheitspflicht

 

Rz. 1

Die Verschwiegenheitspflicht des RAs gehört zu den Grundsäulen des Mandanten-Anwalts-Verhältnisses in einer Demokratie und bedarf daher gesonderten Schutzes.

Daher ist gem. § 2 Abs. 4 Berufsordnung für RA (BORA) die Rechtsanwaltsfachangestellte vom RA zur Verschwiegenheit zu verpflichten und anzuhalten.

Und wer kennt sie nicht, die berühmte Verschwiegenheitserklärung, die man bei Aufnahme einer Tätigkeit unterzeichnen muss?

 

Rz. 2

 

Praxistipp:

Wenn bisher keine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschrieben worden ist, so sollte dies unbedingt nachgeholt werden.

[Autor] Brunner-Ovadia

I. Form

 

Rz. 3

Grds. unterliegt die Verschwiegenheitserklärung keiner Formvorschrift.

Die schriftliche, von den Rechtsanwaltsfachangestellten handschriftlich unterzeichnete Erklärung dient lediglich Beweiszwecken.

 

Rz. 4

Vielfach wird eine zusätzliche Verpflichtung auch in den Anstellungsvertrag eingearbeitet. Eine mögliche Vertragsklausel könnte wie folgt aussehen:

 

Rz. 5

Muster 1.1: Erklärung zur Verschwiegenheitspflicht

 

Muster 1.1: Erklärung zur Verschwiegenheitspflicht

§ _________________________ (fortlaufende Nummer des Anstellungsvertrages) Verschwiegenheitspflicht

"Der Arbeitnehmer nimmt zur Kenntnis, dass in der Kanzlei vertrauliche und persönliche Daten der Mandanten besprochen und verwahrt werden. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, über alle geschäftlichen Angelegenheiten, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, jederzeit – auch nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses – Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung besteht gegenüber jedermann, so auch"

gegenüber Familienangehörigen,
gegenüber Arbeitskollegen, soweit eine Mitteilung nicht aus dienstlichen Gründen erfolgt, und
gegenüber Personen, die von der betreffenden Tatsache bereits Kenntnis erlangt haben.

II. Personenkreis

 

Rz. 6

§ 2 Abs. 4 BORA nennt nicht nur ausdrücklich die Mitarbeiter des RA, sondern auch alle sonstigen Personen, die bei der beruflichen Tätigkeit des Anwalts mitwirken.

Hierzu gehören unzweifelhaft

Auszubildende,
Praktikanten,
Referendare,
freie Mitarbeiter,

aber eben auch (und leider gerne vergessen)

Reinigungsfachkräfte und
externe Systemadministratoren.
 

Rz. 7

Seit 1.7.2015 wird in § 2 Abs. 3 BORA auch klargestellt, dass kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht vorliegt, soweit das Verhalten des RAs

mit Einwilligung des Mandanten,
in Ausübung berechtigter Interessen oder
im Rahmen der Arbeitsabläufe der Kanzlei einschließlich der Inanspruchnahme von Leistungen Dritter erfolgt und objektiv einer üblichen, von der Allgemeinheit gebilligten Verhaltungsweise im sozialen Leben entspricht (sogenannte Sozialadäquanz). Ohne Zweifel fallen hierunter externe Reinigungskräfte und Systemadministratoren, da weder vom RA verlangt werden kann, seine Kanzlei selbst zu reinigen noch sich selbst umfassende IT-Kenntnisse anzueignen.

III. Eigene Rechte und Pflichten der Rechtsanwaltsfachangestellten

 

Rz. 8

Um die Verschwiegenheitspflicht des RA nicht durch seine Mitarbeiter auszuhöhlen, haben diese eigenständige Rechte und Pflichten:

§ 203 Abs. 3 StGB sieht eine Gleichstellung der Rechtsanwaltsfachangestellten zum RA vor, mit der Folge, dass diese wegen Geheimnisverrates mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden könnten, wenn sie die Verschwiegenheit brechen. Sollte die Verschwiegenheit jedoch gegen Entgelt gebrochen worden sein, so kommt sogar eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe infrage.
§ 53a Abs. 1 StPO hingegen räumt den Rechtsanwaltsfachangestellten ein berufliches Zeugnisverweigerungsrecht ein, wobei jedoch über die Ausübung dieses Rechtes der RA entscheidet. Ist der RA von seiner Mandantschaft von der Schweigepflicht bereits entbunden, so gilt dies automatisch auch für seine Mitarbeiter.
In allen anderen Gerichtszweigen (z.B. Zivil-, Verwaltungs-, Sozial- oder Arbeitsgerichtsprozess) ist ein entsprechendes Zeugnisverweigerungsrecht geregelt.
Insbesondere die Vorschriften des § 203 StGB und des § 53a StPO wurden durch das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vom 30.10.2017 mit Wirkung zum 9.11.2017 auch auf die sonstigen mitwirkenden Personen (sprich: externe Dienstleister) ausgeweitet.

IV. Formulierung

 

Rz. 9

Es gibt unterschiedlich lange Verschwiegenheitsverpflichtungserklärungen, die alle ihren Zweck erfüllen. Die meisten Rechtsanwaltskammern haben entsprechende Formulare auf ihren Seiten ins Netz gestellt. Die Verschwiegenheitsverpflichtungserklärung der Bundesrechtsanwaltskammer finden Sie unter nachstehendem Link:

http://www.brak.de/fuer-anwaelte/beruf-anwalt/ausbildungsdokumente-refa-zum-download/verschwiegenheitsverpflichtung.pdf

 

Rz. 10

Ich persönlich bevorzuge die nachstehende Kurzvariante, da diese zu Dokumentationszwecken völlig ausreicht.

 

Rz. 11

Muster 1.2: Verschwiegenheitsverpflichtungserklärung

 

Muster 1.2: Verschwiegenheitsverpflichtungserklärung

Verschwiegenheitsverpflichtungserklärung

Herr/Frau _________________________, derzeit wohnhaft _____________________...

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