Rz. 1026

Nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung schließt der Erwerb eines Handelsunternehmens aus der Hand des Insolvenzverwalters die Anwendbarkeit von § 25 Abs. 1 HGB aus. Ein Konkurs- bzw. nunmehr Insolvenzgläubiger i.S.v. § 38 InsO kann sich daher nicht auf § 25 Abs. 1 HGB berufen, wenn der Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter das Handelsgeschäft veräußert hat.[1029] Dieser Rechtsprechung ist die Literatur einhellig gefolgt.[1030]

 

Rz. 1027

Die Unanwendbarkeit des § 25 Abs. 1 HGB auf Unternehmensveräußerungen durch den Konkursverwalter beruht, wie der BGH in seiner Entscheidung vom 11.4.1988[1031] ausgeführt hat, maßgeblich auf dem Gesichtspunkt, dass die Aufgabe des Konkursverwalters, das Unternehmen im Interesse der Gläubiger an der schnellstmöglichen Verwertung der Masse im Ganzen zu veräußern, nicht durch eine mögliche Haftung des Erwerbers für die Schulden des bisherigen Unternehmensträgers erschwert werden soll.

 

Rz. 1028

Diese Auffassung wird auch nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung weiterhin vertreten. Hiervon abzuweichen besteht nach Ansicht des BAG kein Anlass. Die Anwendung von § 25 Abs. 1 HGB auch im Falle des Erwerbs vom Insolvenzverwalter stünde im Widerspruch zu den bestimmenden Grundsätzen des Insolvenzverfahrens und der dem Insolvenzverwalter darin zugewiesenen Funktion.[1032] Die Veräußerung in der Insolvenz dulde wesensgemäß eine Schuldenhaftung des Erwerbers nach § 25 Abs. 1 HGB nicht.[1033] Aufgabe des Insolvenzverwalters sei es, die Vermögensgegenstände des Gemeinschuldners zu verwerten und dabei im Interesse der Insolvenzgläubiger den höchstmöglichen Erlös zwecks anschließender Verteilung zu erzielen. Mit dieser Aufgabe wäre es unvereinbar, wenn der Erwerber eines zur Masse gehörenden Unternehmens nach § 25 Abs. 1 HGB oder § 419 BGB a.F. haften müsste. Eine Veräußerung des Unternehmens mit sämtlichen Schulden, die zum Zusammenbruch geführt haben, wäre in den seltensten Fällen erreichbar.

[1030] Vgl. Uhlenbruck, ZIP 2000, 401, 403; GK-HGB/Steitz, § 25 Rn 11; Koller/Roth/Morck, § 25 Rn 4; Ebenroth/Boujong/Joost/Zimmer, § 25 Rn 41; MüKo-HGB/Lieb, § 25 Rn 32; MüKo-InsO/Ott, § 80 Rn 102; Baumbach/Hopt, § 25 Rn 4; Jaeger/Henckel, § 35 Rn 30.
[1031] BGH v. 11.4.1988 – II ZR 313/87, BGHZ 104, 151.
[1033] BAG v. 20.9.2006 – 6 AZR 215/06, NJW 2007, 942; vgl. noch zur KO Beitzke, Anm. zu BAG v. 29.4.1966 – 3 AZR 208/65, AP Nr. 7 zu § 419 BGB Betriebsnachfolge.

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