Rz. 201

Werden vom Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einzelkaufmännisch tätigen Schuldners, der in der "Wohlverhaltensphase" nach Restschuldbefreiungsantrag wieder selbstständig tätig geworden ist, die unmittelbar für die selbstständige Erwerbstätigkeit des Schuldners benötigten Betriebsmittel "freigegeben" und wird im Zusammenhang mit einer solchen Freigabe zwischen dem Schuldner und dem Insolvenzverwalter eine den Erfordernissen des § 295 Abs. 2 InsO entsprechende Vereinbarung über abzuführende Beträge geschlossen, haftet die Insolvenzmasse nicht mehr für Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsvergütung aus danach vom Schuldner begründeten Arbeitsverhältnissen. Diese hat allein der Schuldner zu erfüllen.[218]

 

Rz. 202

Auch nach der Ansicht des ArbG Berlin werden von der Freigabe auch die im Betrieb bestehenden Arbeitsverhältnisse erfasst und daher ist der Insolvenzverwalter nach erfolgter Freigabe für die Ansprüche der im Betrieb des Gemeinschuldners beschäftigten Mitarbeiter nicht mehr passivlegitimiert. Das betrifft auch Arbeitsverhältnisse, die wegen Elternzeit ruhen.[219] Entsprechendes gilt für die Passivlegitimation bei einer Kündigungsschutzklage.[220]

 

Rz. 203

Die Aufhebung der Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit des Schuldners (hier: Zahnarzt) kann nur mit Wirkung ex nunc erfolgen. Der Beschluss des Insolvenzgerichts, mit dem die Freigabe der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners für unwirksam erklärt wird, wirkt nur für die Zukunft. Ein Beschluss der Gläubigerversammlung kann keine die Freigabeerklärung beseitigende Wirkung entfalten. Maßgebend für die zeitliche Einordnung des Erwerbs aus der freigegebenen selbstständigen Tätigkeit ist der Zeitpunkt, in dem der Erwerbsgrund bereits so weit verwirklicht ist, dass das betroffene Recht als Vermögensbestandteil dem Schuldner zugeordnet werden kann.[221]

[218] BAG v. 10.4.2008 – 6 AZR 368/07, DZWIR 2008, 371.
[220] BAG v. 21.11.2013 – 6 AZR 979/11, NZA 2014, 276 = NZI 2014, 324 m. Anm. Feußner.
[221] BSG v. 10.12.2014 – B 6 KA 45/13 R, ZIP 2015, 1079 m. Anm. Kayser; dazu EWiR 2015, 487 (Freudenberg).

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