Rz. 523

Bei einer Rechtsanwaltssozietät, die als GbR organisiert ist, haften neben dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen grds. alle Mitglieder der Sozietät aus dem zwischen ihnen und dem Auftraggeber bestehenden Vertrag als Gesamtschuldner mit ihrem Privatvermögen, wenn ein Sozietätsmitglied infolge pflichtwidrigen Verhaltens Mandanten schuldhaft geschädigt hat (vgl. Rdn 391 ff.). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz ist nunmehr in § 52 Abs. 2 Satz 1 BRAO kodifiziert. Etwas anderes gilt bei einem sog. Einzelmandat an einzelne Mitglieder der Sozietät.

 

Rz. 524

Die bislang einzige höchstrichterliche Entscheidung zu Haftungsbeschränkungen von Mitgliedern einer Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR stammt aus der Zeit vor Einführung des § 52 BRAO.[1173] Dabei wurde davon ausgegangen, dass eine Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen grds. auch in der Weise möglich ist, dass die Vertretungsmacht des geschäftsführenden Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag entsprechend begrenzt wird und diese Beschränkung der Vertretungsmacht für Dritte erkennbar ist. Diese Möglichkeit ist nach den Grundsatzentscheidungen zur beschränkten Rechtsfähigkeit der GbR nicht mehr gegeben: Deren Gesellschafter haften im Regelfall für die rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft in ihrem jeweiligen Bestand persönlich und der Höhe nach unbeschränkt. Ein einseitiger Ausschluss oder eine Beschränkung dieser gesetzlichen Haftung durch eine dahin gehende Bestimmung des Gesellschaftsvertrages ist – auch wenn sie mit einer entsprechenden Beschränkung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers der Gesellschaft verbunden ist – grds. ausgeschlossen. Die persönlich unbeschränkte Haftung der Gesellschafter kann grds. nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung mit dem Gläubiger eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.[1174]

 

Rz. 525

Als Sonderregelung erlaubt § 52 Abs. 2 Satz 2 BRAO den Mitgliedern einer Sozietät, durch Vereinbarung mit dem Auftraggeber ihre "persönliche Haftung" zu beschränken. Damit ist die Haftung der Sozien mit ihrem Privatvermögen gemeint. Die Haftung mit dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen darf nicht beschränkt werden.[1175] Auch bei einer Haftungskonzentration auf einzelne Sozien ist dem Gläubiger daneben der Zugriff auf das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen möglich.[1176]

Unzulässig ist es, die persönliche Haftung aller Mitglieder der Sozietät auszuschließen. Eine solche Vereinbarung ginge über § 52 Abs. 2 BRAO hinaus. Diese Vorschrift regelt abschließend die Möglichkeiten für die in einer Sozietät zusammengeschlossenen Rechtsanwälte, mit dem Auftraggeber eine Beschränkung der Haftung auf einzelne Sozien zu vereinbaren. Das Gesetz erlaubt nur, die persönliche Haftung auf einzelne Mitglieder der Sozietät zu beschränken.[1177]

 

Rz. 526

Bei einer Haftungsbeschränkung auf einzelne Mitglieder einer Sozietät kann es vorkommen, dass das gesamthänderisch gebundene Vermögen der Gesellschaft sowie das private Vermögen derjenigen Sozien, die persönlich haften, nicht ausreichen, um den Ersatzanspruch des geschädigten Auftraggebers zu befriedigen.

Wenn der Auftraggeber einen rechtskräftigen Titel erwirkt hat, kann er gem. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB dreißig Jahre lang in das Vermögen der Sozietät vollstrecken. Die Sozien müssen dann entscheiden, ob sie den erforderlichen Restbetrag nachschießen oder die Sozietät auflösen. Im erstgenannten Fall läuft die Haftungskonzentration faktisch ins Leere. Im letztgenannten Fall können diejenigen Sozien, deren persönliche Haftung wirksam ausgeschlossen ist, zwar ihr Privatvermögen retten, nicht jedoch die gemeinschaftliche Berufsausübung.[1178]

 

Rz. 527

Darüber hinaus haben die Gesellschafter gem. § 735 BGB für einen Fehlbetrag aufzukommen, wenn das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreicht. Diese Vorschrift kann und sollte allerdings im Sozietätsvertrag abbedungen werden. Haben die Gesellschafter nämlich keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht, kann der Mandant den der Sozietät zustehenden Anspruch gem. §§ 736, 829, 835, 836 ZPO pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.

[1173] BGH, NJW 1992, 3037, 3039; vgl. auch BayObLG, NJW 1999, 297 f.; OLG München, ZIP 1999, 535 ff.
[1175] BT-Drucks 12/7656 v. 24.5.1994, S. 50; Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 41 Rn 58.
[1176] Diller, in: Henssler/Prütting, BRAO, § 52 Rn 64 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 23 Rn 35.
[1177] Wolf, in: FS Schneider, S. 349, 350; a.A. Arnold, BB 1996, 597, 600 f.
[1178] Busse, DStR 1995, 738, 743.

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