Rz. 212

Ein Antrag auf Übernahme eines Mandats geht einem Rechtsanwalt zu, wenn der Antrag in dessen Kanzlei in einer Weise eingeht, dass der Rechtsanwalt selbst oder sein Vertreter hiervon bei normalen Verhältnissen Kenntnis nehmen kann und diese Kenntnisnahme nach der Verkehrsauffassung zu erwarten ist. Nimmt der Rechtsanwalt von dem Antrag früher Kenntnis, geht ihm der Antrag bereits zu diesem Zeitpunkt zu.[542]

 

Rz. 213

Nach der Verkehrsauffassung soll von einem Rechtsanwalt zu erwarten sein, dass ihm ein eingehender Antrag noch am selben Tag, spätestens jedoch am Folgetag vorgelegt wird und somit zugeht. Der BGH hat zu §§ 233, 85 Abs. 2 ZPO entschieden, dass ein Rechtsanwalt die gebotene Sorgfalt verletzt, wenn er nicht dafür Sorge trägt, dass alle Eingänge durch einen verantwortlichen Juristen darauf geprüft werden, ob etwas zu veranlassen, insb. ob eine fristwahrende (Prozess-)Handlung vorzunehmen ist. Ein Rechtsanwalt müsse anordnen, dass zumindest alle Posteingänge, die nicht eindeutig in den ausschließlichen Bearbeitungskreis des Bürovorstehers fallen, am Tag ihres Eingangs ihm oder seinem Vertreter vorzulegen seien.[543]

[542] In Anlehnung an den Zugang einer Willenserklärung gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB, vgl. hierzu BGHZ 67, 271, 275; BGH, NJW-RR 1989, 757, 758; Palandt/Ellenberger, BGB, § 130 Rn 5 ff.; sowie Kilian, in: Henssler/Prütting, BRAO, § 44 Rn 6.
[543] BGH, VersR 1971, 1022; BGH, NJW 1990, 189, 190.

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