Rz. 171

Die Rechtsprechung hat wiederholt eine Anlageberatung durch Rechtsanwälte (vgl. § 11 Rdn 23 ff.) beschäftigt.[433] Der BGH hat einen Anwaltsvertrag in einem Fall bejaht, in dem der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber anlässlich eines Erbfalls ein steuerlich motiviertes Anlagemodell vermittelt hatte. Die Anlageberatung könne Rechtsfragen umfassen, etwa ob das Anlagemodell rechtswirksam und anlegergünstig ausgestaltet sei.V.a. ergaben sich rechtliche Probleme oft – wie auch in dem entschiedenen Fall – im Hinblick auf die Sicherheiten für Investitionen, also dahin, ob eine Absicherung geboten werde, die aus rechtlicher Sicht das Risiko des Anlegers ausschließe oder verringere. Von der Art der Tätigkeit her könne deshalb die Anlageberatung allgemein auch zum Gegenstand einer Rechtsberatung werden. Anlageberatung gehöre allgemein zu den Aufgaben, die bei einer Steuerberatung – dazu sei auch ein Rechtsanwalt befugt – oft mit anfielen. Im Einzelfall sei ein enger innerer Zusammenhang mit der spezifischen Anwaltstätigkeit erforderlich und näher darzulegen. Ein solcher Zusammenhang könne sich insb. daraus ergeben, dass der Berater aufgrund seiner fachlichen Tätigkeit Möglichkeiten zu günstigen Vermögensanlagen kenne, die wirtschaftlich gerade dem Mandanten in seiner besonderen Lage nützlich sein könnten. Einer ausdrücklichen Frage des Mandanten oder einer entsprechenden Beratungspflicht des Anwalts bedürfe es dazu nicht. Ein enger innerer Zusammenhang sei schon dann zu bejahen, wenn ein wirtschaftlich denkender, die Interessen seines Mandanten umfassend berücksichtigender Rechtsanwalt aufgrund der Erörterung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sich i.R.d. erteilten Auftrags herausgefordert fühlen dürfe, zur Vermögensanlage zu raten.[434]

 

Rz. 172

1980 hatte der III. Zivilsenat des BGH[435] anwaltliche von anwaltsfremder Tätigkeit noch danach abgegrenzt, ob die Aufgabe, rechtlichen Beistand zu leisten, im Vordergrund stehe, oder ob sie bei der Durchführung des erteilten Auftrags zurücktrete, als unwesentlich erscheine und im Ergebnis keine praktisch ins Gewicht fallende Rolle spiele. Zum Wesen der Anlageberatung gehöre die Leistung rechtlichen Beistands gerade nicht. Eine solche Beratung könne der Tätigkeit eines Nachweismaklers nahe stehen oder gleichkommen. Abgesehen davon sei es regelmäßig nicht die eigentliche Aufgabe eines Anlageberaters, Rechtsrat zu erteilen. Bei der Anlage von Geldern müssten zwar vielfach auch rechtliche Gesichtspunkte beachtet werden, v.a. auf dem Gebiet des Steuerrechts und des Gesellschaftsrechts. Deshalb werde eine Anlageberatung aber, soweit nicht ausnahmsweise Rechtsfragen im Vordergrund stünden, noch nicht zur Rechtsberatung. Vielmehr gäben Erwägungen zur Rendite und zur Sicherheit der geplanten Investitionen grds. den Ausschlag. Den in diesem Zusammenhang auftauchenden Rechtsfragen werde i.d.R. geringeres Gewicht beigemessen. Jedenfalls wenn der Auftraggeber rechtlichen Beistand aber gar nicht gesucht habe oder solche Fragen ganz im Hintergrund gestanden hätten, sei kein Anwaltsvertrag geschlossen worden.

[433] Vgl. Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 6 Rn 17; Jungk, AnwBl. 2004, 117.
[434] BGH, NJW 1994, 1405, 1406; zu den Pflichten eines Rechtsanwalts, der seinem Auftraggeber aus steuerlichen Erwägungen empfiehlt, eine bestimmte Eigentumswohnung zu erwerben: BGH, NJW 1988, 563, 565.
[435] BGH, NJW 1980, 1855 f.

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