Rz. 384

Nr. 5.7 CCBE-Regeln bestimmt, dass im beruflichen Verkehr zwischen Rechtsanwälten verschiedener Mitgliedstaaten – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung – derjenige Rechtsanwalt, der sich nicht darauf beschränkt, seinem Mandanten einen ausländischen Kollegen zu benennen oder das Mandat zu vermitteln, sondern eine Angelegenheit einem ausländischen Kollegen überträgt oder diesen um Rat bittet, persönlich dann zur Zahlung des Honorars verpflichtet ist, wenn Zahlung von dem Mandanten nicht erlangt werden kann. Daraus wurde im Schrifttum z.T. eine zivilrechtliche Haftung des deutschen Rechtsanwalts für das Honorar des ausländischen Anwalts abgeleitet.[846] Dabei wurde jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass die CCBE-Regeln, soweit die Berufsordnung in § 29 Abs. 1 BORA a.F. auf sie Bezug nahm, nur berufsrechtliche Pflichten begründen. Zur Begründung einer zivilrechtlichen Haftung ist die Satzungsversammlung der Rechtsanwälte nicht befugt. Solche Regeln sind dem Bundesgesetzgeber vorbehalten. Entsprechendes gilt auch im Anwendungsbereich des § 29b BORA, der eine Informationspflicht des Rechtsanwalts, der einen ausländischen Anwalt einschaltet, vorsieht, wenn er dessen Kosten und Auslagen nicht übernehmen will. Auch insoweit handelt es sich nicht um eine Anspruchsgrundlage, die aus der Berufsordnung abgeleitet werden könnte. Maßgeblich ist das materielle Recht.

Entscheidend ist allein, ob zwischen dem ausländischen Anwalt und dem deutschen Kollegen ein Vertrag besteht. Einzelheiten ergeben sich nach dem Recht desjenigen Staates, in dem der ausländische Anwalt seine Niederlassung unterhält (zu dem auf den Anwaltsvertrag anwendbaren Recht vgl. Rdn 319 f.). Nach deutschem Recht haftet für das Honorar des Rechtsanwalts nur der Auftraggeber (§§ 611, 612, 675 Abs. 1 BGB), nicht jedoch dessen Stellvertreter (vgl. § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder derjenige, der diesen Auftrag vermittelt hat. Daran ändert sich nichts, wenn es sich bei dem Stellvertreter oder Vermittler um einen anderen Rechtanwalt handelt. Anders kann dies nach dem maßgebenden ausländischen Recht sein,[847] sodass es sich empfiehlt, wie von Nr. 5.7 Satz 2 CCBE-Regeln vorgesehen, zu Beginn der Zusammenarbeit eine anderweitige Vereinbarung zu treffen.

[846] Hellwig, AnwBl. 1996, 124, 125; Louven, VersR 1997, 1050, 1055; Rinsche/Schlüter, ZAP, Fach 23, S. 115, 120 f.; Lörcher, in: Hartung, 5. Aufl., BORA/FAO, Nr. 5.7 CCBE-Richtlinien Rn 1; Offermann-Burckart, in: Henssler/Prütting, BRAO, CCBE 5.7 Rn 6 bis 9.
[847] Vgl. OLG Hamburg, BRAK-Mitt. 1990, 184 (Verpflichtung nach niederländischem Recht bejaht).

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