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Ein ähnliches gesetzliches Schuldverhältnis wie bei einer Beiordnung nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 BRAO, § 138 FamFG liegt vor, wenn ein Rechtsanwalt im öffentlichen Interesse unabhängig vom Willen des Beschuldigten oder Angeklagten nach der Strafprozessordnung,[520] dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten[521] oder dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen als Pflichtverteidiger bzw. Beistand bestellt wird. Gem. § 49 Abs. 1 BRAO ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, eine solche Aufgabe zu übernehmen. Durch die Beiordnung wird kein Anwaltsvertrag begründet. Haftungsgrundlage ist das zwischen den Parteien bestehende gesetzliche Schuldverhältnis, das durch die konstitutive Beiordnung gem. § 49 Abs. 1 BRAO, § 141 Abs. 4 StPO begründet wird.[522] Ein gesonderter Anwaltsvertrag oder eine Vollmachtserteilung sind nicht erforderlich und werden bei einer Beiordnung entgegen dem Willen des Angeklagten kaum in Betracht kommen. Schließen die Parteien im Nachgang zu der Beiordnung allerdings einen Anwaltsvertrag, richtet sich eine Schadensersatzverpflichtung des Rechtsanwalts nach vertragsrechtlichen Grundsätzen.[523] Bevor ein zum Pflichtverteidiger bestellter Anwalt eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beschuldigten abschließt, muss er diesem einen eindeutigen Hinweis erteilen, dass er auch ohne den Abschluss der Honorarvereinbarung zu weiterer Verteidigung verpflichtet ist.[524]

[522] Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 12 Rn 46; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 3 Rn 26.
[523] Zugehör, NJW 1995, Beil. zu Heft 21, S. 7.

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