Rz. 6

Angesichts der teilweise unvorstellbar hohen Börsenkapitalisierungen von Publikumsgesellschaften wird die Bedeutung von Familienunternehmen für die Volkswirtschaft in der Öffentlichkeit mitunter nicht richtig wahrgenommen. Auch der Umstand, dass eine einheitliche Definition des Begriffs nicht vorhanden ist, mag ein Übriges hierzu beitragen.

 

Rz. 7

Ungeachtet der Definitionsunterschiede im Detail kann man allgemein wohl davon ausgehen, dass der Begriff des Familienunternehmens deutlich über den des Familienbetriebes hinausgeht. Denn Letzterer meint im allgemeinen Sprachgebrauch in erster Linie Unternehmungen, die ausschließlich einer Familie gehören und in denen vor allem Familienmitglieder, ggf. auch wenige Angestellte, beschäftigt sind. Familienunternehmen im hier verwendeten Sinne können jedoch auch sehr große Unternehmungen sein, wenn sie sich mehrheitlich im Besitz einer Familie befinden. Das trifft beispielsweise auch auf Großunternehmen wie Aldi, Würth, Haniel, Bertelsmann und Bosch zu. Auch DAX-Unternehmen wie Porsche, Henkel, Metro und Merck gehören nach dieser Definition zur Gruppe der Familienunternehmen.

 

Rz. 8

Als wesentliche Kriterien für die Entscheidung der Frage, ob ein Familienunternehmen vorliegt, können gelten, dass

eine oder mehrere Familien die Mehrheit der Stimmrechte und/oder des Kapitals besitzen;
eine oder mehrere Familien maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben;
im Eigentümerkreis der Wille besteht, das Unternehmen bzw. die Beteiligung an die nächste Generation möglichst innerhalb der Familie weiterzugeben ("dynastischer Anspruch");
das Unternehmen von bestimmten, von der Eigentümerfamilie vorgegebenen Werten geprägt ist.[3]
 

Rz. 9

Auf dieser Grundlage lassen sich Familienunternehmen in weitere Gruppen unterteilen, z.B. nach dem Grad der Einbindung der Familie in die unternehmerische Tätigkeit. So reicht es beispielsweise für die Einordnung als nominelles Familienunternehmen aus, dass im Unternehmensnamen ein Familienname enthalten ist, wobei dies nicht unbedingt mit einer Kontrolle oder Beherrschung des Unternehmens durch diese Familie verbunden sein muss. Demgegenüber zeichnen sich familienkontrollierte Unternehmen dadurch aus, dass eine überschaubare Anzahl von natürlichen Personen die unternehmerische Kontrolle ausübt,[4] was nicht zwingend mit einer entsprechenden Eigentümerposition einhergehen muss. Die eigentümergeführten Unternehmen schließlich werden von einer überschaubaren Anzahl natürlicher Personen kontrolliert, wobei wenigstens einer der Unternehmenseigentümer auch eine Leitungsfunktion im Unternehmen innehat.[5]

 

Rz. 10

Studien gehen davon aus, dass die familienkontrollierten Unternehmen einen Anteil von 90 % an allen in Deutschland betriebenen Unternehmungen ausmachen. Die eigentümergeführten Familienunternehmen repräsentieren immerhin einen Anteil von 86 %.[6] Es zeigt sich also, dass Familienunternehmen (in welcher genauen Ausprägung auch immer) die deutsche Unternehmenslandschaft (jedenfalls zahlenmäßig) deutlich beherrschen.

* alle aktiven Unternehmen ohne Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Viehzucht, öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, Interessenvertretung sowie kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen.

Quelle: Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen, S. 4, Tab. B–1

 

Rz. 11

Es ist aber nicht allein die schiere Anzahl von Familienunternehmen, die ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung ausmacht. Selbstverständlich kommt es auch auf die Unternehmensgröße (definiert nach Anzahl der Arbeitnehmer und/oder Umsatz) an. Insofern zeigt sich, dass der Anteil der Familienunternehmen mit wachsender Unternehmensgröße stark sinkt. Bei den Unternehmen mit bis zu 9 Beschäftigen sind ca. 91 % familienkontrolliert, bei Unternehmen mit 10–49 Beschäftigten aber nur noch ca. 88 %. Dieser Anteil sinkt bis auf ca. 31 % bei Großunternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten.[7]

Quelle: Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen, S. 8, Abb. B–2

 

Rz. 12

Ein ähnliches Bild zeigt die Einordnung nach Umsatzklassen.

Quelle: Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen, S. 11, Abb. B–3

 

Rz. 13

Ungeachtet des mit wachsender Größe sinkenden Anteils der Familienunternehmen am Gesamtbestand der Unternehmen kommt den Familienunternehmen eine erhebliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung zu. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Gesamtzahl der von ihnen zur Verfügung gestellten Arbeitsplätze als auch im Hinblick auf ihren Beitrag zur Gesamtleistung der deutschen Volkswirtschaft.

Quelle: Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen, S. 6, Tab. B–1

Quelle: Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen, S. 6, Tab. B–1

 

Rz. 14

Von den in Deutschland außerhalb der Land- und Forstwirtschaft beschäftigten 29,...

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