Rz. 9

Die Frage, ob auch noch nicht miteinander Verheiratete einen Vertrag für ihre künftige Ehe schließen können, stellt sich vor dem Hintergrund moderner Partnerschafts- und Lebensmodelle.

 

Rz. 10

Ein Verlöbnis geht ungeachtet des Umstands, dass es heutzutage immer seltener formell vorgenommen wird, der Eheschließung notwendig voraus. Es ist das gegenseitige Versprechen, die Ehe miteinander einzugehen.[6] Niemand heiratet einander, ohne sich dies vorher gegenseitig zugesagt zu haben. Untechnisch gesprochen kann man das Verlöbnis mit einem schuldrechtlichen Kausalgeschäft, die Eheschließung mit dem dinglichen Erfüllungsgeschäft vergleichen. Ebenso wie manche die Eheschließung vom Abschluss eines Ehevertrages abhängig machen, kann dies beim Verlöbnis der Fall sein.

 

Rz. 11

 

Beispiel

M und F führen eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft und haben beide die Institution der Ehe bislang aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Dies ändert sich, als aus der Verbindung ein Kind hervorgeht. Sie erwägen nunmehr doch, einander zu heiraten. Bevor sie sich die Ehe versprechen – den Begriff "Verlöbnis" verwenden sie dabei nicht –, verlangt M von F die Vereinbarung von Gütertrennung für die künftige Ehe, sonst werde er ihr diese nicht zusagen.

 

Rz. 12

Die Frage wird nicht einheitlich beantwortet. Es werden folgende Auffassungen vertreten:

1. Teils wird verlangt, dass die Beteiligten (mindestens) miteinander verlobt sind.[7]
2. Nach anderer Auffassung (z.B. von Brudermüller) ist ein Verlöbnis im Rechtssinn nicht erforderlich.[8]
 

Rz. 13

Die letztgenannte Meinung verdient den Vorzug. Gegenstand des Ehevertrages ist bei noch nicht miteinander Verheirateten deren künftige Ehe. Man kann die Rechtsverhältnisse einer künftigen Ehe regeln, ohne sich diese bereits versprochen zu haben. Es gibt keinen logischen oder rechtlichen Satz, der dem entgegensteht. Es würden manche Ehen gar nicht erst geschlossen, wenn sie bereits vor der Verlobung daran scheiterten, dass noch nicht Verlobte rechtlich nicht können, was Verlobten ermöglicht wird (Art. 6 GG).

 

Rz. 14

Auch der Bundesgerichtshof hat schon früh darauf erkannt, dass Verlobte Eheverträge schließen können.[9]

Nach allem ist schon wegen des Umstands, dass streitig ist, ob Verlobte einen Ehevertrag schließen können, auf folgendes zu achten.

 

Rz. 15

 

Hinweis

Verlobte sind darauf hinzuweisen, dass nur die Zeit ab Eheschließung, nicht jedoch der Zeitraum des Verlöbnisses ehevertraglich geregelt werden kann.

Ob noch nicht Verlobte einen Ehevertrag schließen können, ist nicht mit hinreichender Sicherheit geklärt. Darauf sollte die Mandantschaft hingewiesen werden

 

Rz. 16

 

Beispiel: Verlobte

M und F erscheinen vor dem Notar und erklären:

"Wir sind nicht miteinander verheiratet und beabsichtigen auch nicht, die Ehe miteinander zu schließen. Für den Fall, dass wir es uns später anders überlegen und die Ehe schließen wollen, möchten wir heute schon Gütertrennung vereinbaren."

Der Notar weist die Erschienenen darauf hin, dass dieser Vereinbarung die spätere rechtliche Anerkennung versagt bleiben kann und rät, die Vereinbarung der Gütertrennung nach erfolgtem Verlöbnis nochmals beurkunden zu lassen. Auf die entstehenden Kosten wurde hingewiesen.

Die Erschienenen erklärten: "Wir möchten heute gleichwohl einen Gütertrennungsvertrag schließen".

 

Rz. 17

Nicht rechtliche, aber gestalterische Bedenken gegen einen solchen "Vorratsvertrag" ergeben sich aus folgenden Umständen.

Es ist nicht auszuschließen, dass ein solcher Vertrag auf Drängen eines Elternteils geschlossen wird. Diese wollen vielleicht dem eigenen Kind eine Unterstützung für die Immobilie zukommen lassen und fürchten für den Fall einer späteren Heirat den Zugewinnausgleich hinsichtlich der Wertsteigerung oder – diesbezügliche Irrtümer sind verbreitet – insgesamt.
Der Vertragsschluss erfolgt dann vermeintlich nur pro forma und entspricht nicht dem wirklichen Willen.
Da eine Eheschließung zum Vertragszeitpunkt gar nicht in Betracht gezogen wird, kommtdie Warnfunktion (siehe § 6 Rdn 2) nicht zum Tragen.
Soll dann später doch ein Verlöbnis folgen und "erwacht" der benachteiligte Partner, kann der Vertrag die Eheschließung verhindern (Art. 6 GG). Es ist durchaus ein Unterschied, ob der Vertrag nach dem Verlöbnis geschlossen wird oder – ggf. lange Zeit – vorher.
[6] RGZ 61, 267.
[7] Bamberger/Roth/J. Mayer, § 1408 Rn 2.
[8] Palandt/Brudermüller, § 1408 Rn 1; vgl. auch Staudinger/Wolfgang Thiele/BurghardThiele, § 1408 Rn 4.
[9] BGH FamRZ 1991, 306; 1996, 1536.

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