Rz. 116

Die Beratungshilfe wird nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt. Diese sind:

Beantragung vor oder innerhalb von 4 Wochen nach Mandatsannahme,
persönliche und wirtschaftliche Bedürftigkeit,
keine anderen Möglichkeiten der Rechtshilfe,
keine Mutwilligkeit der Inanspruchnahme,
Erforderlichkeit der Vertretung.
 

Rz. 117

Die Beratungshilfe kann vom Rechtssuchenden oder vom Rechtsanwalt beantragt werden. Beantragt der Rechtsanwalt die Beratungshilfe, so ist wegen § 6 Abs. 2 S. 2 BerHG der Antrag innerhalb von 4 Wochen ab Aufnahme der Beratungshilfetätigkeit zu stellen. Für den Antrag und die spätere Abrechnung ist nach der Verordnung zur Verwendung von Formularen im Bereich der Beratungshilfe (Beratungshilfeformularverordnung – BerHFV) zwingend die Verwendung von Formularen vorgesehen. Hier sind zahlreiche Angaben zum Vermögen und zum Einkommen zu machen und entsprechende Belege beizufügen. Eine Vereinfachung ist für Personen vorgesehen, die nach dem SGB XII fortlaufende Leistungen zum Lebensunterhalt beziehen. Hier sind neben ALG II auch Grundsicherung, Wohngeld, Eingliederungshilfen oder Bedarf für Bildung und Teilhabe von Schülern erfasst. Die Berechtigten müssen lediglich den aktuellen Bewilligungsbescheid beifügen.

Wesentlich ist jedoch, dass im Antrag ausreichend konkrete Angaben zum Gegenstand der Beratung gemacht werden. Ohne diese Angaben kann der Antrag zurückgewiesen werden.[122]

 

Rz. 118

Der Rechtssuchende muss seine persönliche und wirtschaftliche Bedürftigkeit nachweisen, Die Bemessung erfolgt nach den Kriterien der Gewährung der Prozesskostenhilfe (siehe Rdn 149 ff.). Für die Beibringung der Belege ist der Mandant verantwortlich. Die Nichtbeibringung der Unterlagen kann zum Versagen der Beratungshilfe führen.

 

Rz. 119

Beratungshilfe muss nur dann erteilt werden, wenn keine andere Möglichkeit der Rechtshilfe besteht. Eine andere Möglichkeit wäre z.B.

die Inanspruchnahme einer bestehenden Rechtsschutzversicherung, in deren Schutzbereich Mandant und Streitfall eingeschlossen sind.
die Einschaltung der örtlichen Verbraucherzentralen,[123] selbst wenn diese nur gegen eine geringe Gebühr tätig werden. Erst wenn die Beratungshilfegebühr der Nr. 2500 VV RVG (15,00 EUR) überschritten ist, gilt diese Möglichkeit für den Rechtsschutz als ausgeschöpft.
die Inanspruchnahme kostenloser Schuldnerberatungen.
die Selbsthilfe. Dies gilt sogar dann, wenn der zu Beratende mangelnde Deutschkenntnisse, Schwierigkeiten bei der schriftlichen Darlegung seiner Interessen oder körperliche Gebrechen hat. Die Möglichkeit muss der Mandant aber nur nutzen, wenn die Forderung überschaubar ist und beim Versuch der Lösung keine Rechtsfragen aufgetaucht sind.[124]
das Bestehen einer öffentlichen Rechtsberatung wie in Hamburg oder Bremen.[125]
 

Rz. 120

Die Beratungshilfe kann versagt werden, wenn sie mutwillig ist. Ob der Begriff der Mutwilligkeit hier dem des § 114 Abs. 1 ZPO für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleichzusetzen ist, ist strittig.[126] Maßstab ist das Verhalten eines bemittelten Rechtssuchenden. Die Rechtswahrnehmung ist mutwillig i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG, wenn jemand, der seine Anwaltskosten selbst tragen muss, zunächst versuchen würde, das Problem selbst zu lösen, und nicht gleich einen Rechtsanwalt einschaltet.[127] Es muss also ein Rechtsproblem vorliegen, für dessen Lösung der Rechtssuchende anwaltliche Hilfe benötigt.

 

Beispiele für das Vorliegen von Mutwilligkeit:

der Wunsch nach Prüfung einer Betriebskostenabrechnung ohne konkretes rechtliches Problem,[128]
die Erteilung eines zweiten Beratungshilfescheines in einer rechtlich gleichgelagerten Angelegenheit,[129] sogar dann, wenn die erste Beratung einem Mitglied der gleichen Bedarfsgemeinschaft erteilt wurde,[130]
wenn der Gegenstandswert unterhalb der Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG liegt[131] (Diese Gebühr liegt derzeit bei 15,00 EUR.),
der Wunsch nach Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung über eine unstrittige oder titulierte Forderung, wenn damit keine anderen Problemstellungen, wie etwa Strafbarkeit fehlender Unterhaltszahlungen,[132] Angriff von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder ähnliches verbunden sind.
 

Rz. 121

Für die Vornahme der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung ist die Beantragung von Beratungshilfe ebenfalls zulässig.[133]

[122] AG Konstanz, Beschl. v. 4.5.2007 – UR II 61/07, openJur 2012, 65865.
[123] BVerfG, Beschl. v. 20.2.2012 – 1 BvR 2695/11, http://www.bverfg.de/e/rk20120220_1bvr269511.html.
[124] AG Halle (Saale), Beschl. v. 17.12.2010 – 103 II 3802/10 und Beschl. v. 14.1.2011 – 103 II 5827/10 (beide: http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/).
[125] AG Kiel, Beschl. v. 18.10.2012 – 7 II 4225/12, JurBüro 2013, 146–147.
[126] Dagegen LAG Hamm, Beschl. v. 7.2.2011 – 14 Ta 510/10, openJur 2011, 76991.
[127] BT-Drucks 17/11472, S. 26; AG Halle (Saale), Beschl. v. 17.12.2010 – 103 II 3802/10.
[128] AG Halle (Saale), Beschl. v. 7.1.20111 – 103 II...

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