Rz. 88

Zu den Pflichten aus dem Versicherungsvertrag gehört nach Erteilung der Deckungszusage auch, sämtliche kostenauslösende Maßnahmen mit der Rechtsschutzversicherung abzustimmen. Die Regelung findet sich in § 17 der Muster-ARB. Zu den kostenauslösenden Maßnahmen gehören unter anderem die Klageerhebung, die Klageerweiterung auch auf weitere Gegner, die Einlegung von Rechtsmitteln, die Umstellung von Anträgen, sofern damit eine Gegenstandswerterhöhung einhergeht.

Solange die betreffenden Maßnahmen vom Versicherungsschutz umfasst sind, bleibt eine Verletzung dieser Pflicht ohne Konsequenzen. Ist die Versicherung aber berechtigt, den Versicherungsschutz für diese Maßnahmen abzulehnen, stellt die unterlassene Abstimmung mit der Rechtsschutzversicherung eine Pflichtverletzung des Rechtsanwaltes dar. Folge ist nicht nur die fehlende Übernahme der Kosten durch die Versicherung, sondern auch die Haftung des Rechtsanwaltes nach §§ 280 ff. BGB.

 

Rz. 89

Auch gegenüber dem Mandanten treffen den Rechtsanwalt Aufklärungspflichten. Er hat insbesondere auf nicht gedeckte Kostenbestandteile hinzuweisen. Solange für weitere Klagehandlungen keine Deckungszusage vorliegt, ist der Mandant auf die möglichen Kostenkonsequenzen hinzuweisen und auch auf die Folgen der Nichtdurchführung der Maßnahmen. Besonders der Ablauf von Klage- und Rechtsmittelfristen ist hier umfassend zu erläutern. Die nicht erfolgte Aufklärung kann auch hier Schadensersatzansprüche aus § 280 BGB begründen.[101]

Hinsichtlich der Deckung kann das Risiko bestehen, dass in einem abschließenden Vergleich Regelungen einbezogen werden, für die keine Deckung der Rechtsschutzversicherung besteht. Sei es nun, weil diesbezüglich noch kein Rechtsschutzfall eingetreten ist, weil er für diese Teilfrage außerhalb der Versicherungszeit liegt oder der Fall nicht versichert ist. Der BGH lässt es für die Kostenübernahmepflicht des Rechtsschutzversicherers genügen, wenn in den Vergleich weitere, den Gegenstandswert erhöhende, nicht wegen eines bestimmten Rechtsverstoßes streitige Gegenstände einbezogen worden sind. Das soll aber nur gelten, wenn dafür grundsätzlich ebenfalls Versicherungsschutz besteht. Außerdem muss mit dem eigentlichen Gegenstand des verglichenen Rechtsstreits ein rechtlicher Zusammenhang bestehen.[102]

Außerhalb dieser Kostenübernahmepflicht sollte der Mandant ausführlich darauf hingewiesen werden, dass er einen Teil der Kosten selbst tragen wird.

Ein besonderer Grund für die Rechtsschutzversicherung, die Deckung zu versagen, ist der Fall der Erhebung einer erkennbar aussichtslosen Klage. Speziell in diesem Fall ist der Mandant ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass in diesem Fall keine Kostenübernahme erfolgen kann. Die Unterlassung dieses Hinweises stellt eine haftungsbegründende Pflichtverletzung dar.[103]

Auch auf das Bestehen einer Selbstbeteiligung sollte – sofern dies für den Rechtsanwalt erkennbar ist – der Mandant hingewiesen werden.

 

Praxistipp:

Rechnen Sie über den Betrag der Selbstbeteiligung im Rahmen einer Vorschussrechnung zeitnah nach Erhalt des Auftrages ab. Damit ist der Mandant frühzeitig auf diesen Umstand aufmerksam gemacht worden und Schwierigkeiten bei der späteren Durchsetzung des Gebührenbestandteils entfallen.

 

Rz. 90

Versichert sind regelmäßig nur die Kosten bis zum vereinbarten Versicherungsbetrag und im Rahmen der gesetzlichen Vergütung. Das schließt Gebührenvereinbarungen keinesfalls aus. Dennoch muss der Mandant darauf hingewiesen werden, dass die übersteigenden Gebühren nicht vom Rechtsschutzversicherer erstattet werden und er diese selbst zu tragen hat.

Auch die Erstattung von Fahrtkosten und Kosten, die ohne Rechtspflicht übernommen wurden, ist in den meisten Versicherungsbedingungen in § 5 ARB ausgeschlossen oder eingeschränkt. Sofern hier Kosten entstehen werden, empfiehlt sich ein Hinweis.

 

Rz. 91

Die oben genannten Pflichten erwachsen aus dem Mandatsverhältnis. Zwischen Rechtsanwalt und Versicherer besteht kein Vertragsverhältnis, sodass der Rechtsanwalt bestenfalls Verpflichtungen seines Mandanten gegenüber der Rechtsschutzversicherung wahrnimmt.

Der Rechtsschutzversicherer ist und bleibt Dritter i.S.v. § 203 StGB. Damit sind auch Auskünfte des Rechtsanwaltes gegenüber der Rechtsschutzversicherung von der Verschwiegenheitspflicht erfasst. Der Rechtsanwalt darf ohne Befreiung von der Schweigepflicht schlichtweg keine Auskünfte an den Versicherer weitergeben. Damit besteht folglich kein Auskunftsrecht des Rechtsschutzversicherers zu Verwendung des Vorschusses[104] oder zum Sachstand.[105]

 

Rz. 92

 

Praxistipp:

Lassen Sie sich vom Mandanten für die notwendigen Angaben

zur Einholung einer Deckungszusage und
zur Durchsetzung der Forderungen gegenüber der Rechtsschutzversicherung

von der Schweigepflicht entbinden, § 1 Rdn 83. Eine weitergehende Entbindung, insbesondere über Sachstandsmitteilungen, führt ggf. zu unnötigen "Brieffreundschaften" mit dem Versicherer.

[101] OLG Düsseldorf v. 25.5.2009 – 24 U 211/07, IWW Abrufnr. 091678.
[102] BG...

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