Krankentagegeld auch in der Altersteilzeit-Freistellungsphase

Krankentagegeld soll vor Verdienstausfall bei längerer Krankheit schützen. Im zweiten Block der Altersteilzeit bekommt der Arbeitnehmer Gehalt, arbeitet aber nicht mehr. Deshalb wirkt sich hier eine Erkrankung finanziell nicht negativ aus. Die Versicherung muss trotzdem Krankentagegeld zahlen.

BGH bringt Klarheit zur Altersteilzeit zu Gunsten der Versicherten

Der BGH hat wieder eine Streitsituation geklärt. Diesmal betrifft es die Versicherungsleistung Krankentagegeld während einer Altersteilzeit-Freistellungsphase. Die Ansichten der Instanzgerichte divergierten und auch in der Kommentarliteratur konnte man bislang sowohl die eine als auch die andere Meinung lesen. Am Ende der Entscheidungskette haben die Versicherer nun den Kürzeren gezogen.

Versicherung verlangt für Freistellungsphase gezahltes Krankentagegeld zurück

Etwas mehr als ein Jahr lang bezog der Versicherungsvermittler Krankentagegeld. Fast 30 Jahre vorher hatte er den Vertrag mit seinem Versicherer abgeschlossen. Als bekannt wurde, dass sich der Versicherungsnehmer in der Passivphase eines Altersteilzeit-Blockmodells befand und somit trotz langer Erkrankung keinen Verdienstausfall zu beklagen hatte, verlangte die Versicherung die gezahlten Beträge in Höhe von 21.710 Euro zurück.

In den Versicherungsbedingungen heißt es u.a.:

„Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird…“

„Der Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit … ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Erlangt der Versicherer … später Kenntnis, so sind beide Teile verpflichtet, die … empfangenen Leistungen … zurückzugewähren.“

„Nach den Tarifen TA 6 … sind versicherungsfähig die Angestellten, die als Gehaltsempfänger in einem festen Arbeitsverhältnis stehen und lohnsteuerpflichtig sind.“

Festes Arbeitsverhältnis und Lohnsteuerpflicht bestehen auch in der Freistellung

Als Versicherungsvertreter war ein Fachmann betroffen. Der BGH ließ dieses zufällige Spezialwissen außen vor und stellt auf einen durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer ab. Der aber

  • erkennt keine Einschränkungen im Hinblick auf ein Altersteilzeitmodell.
  • Das feste Arbeitsverhältnis und die Lohnsteuerpflicht treffen auf ihn zu.
  • Er ist noch nicht wie ein Rentner endgültig aus dem Arbeitsleben ausgeschieden, sondern könnte jederzeit wieder arbeiten.

Was wäre bei Kenntnis von den Altersteilzeitmodellen vereinbart worden?

Das Altersteilzeitgesetz gibt es erst seit 1996, während der Versicherungsvertrag, mit dem Krankentagegeld versprochen wurde, bereits 1985 abgeschlossen wurde. Der BGH bezweifelt jedoch, dass die Bedingungen bei Kenntnis von den Altersteilzeitoptionen anders gelautet und die Versicherungsfähigkeit für die Freistellungsphase verneint hätten. Er lehnt daher eine ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages in diesem Sinne ab.

Bereicherungsverbot gilt nicht bei Summenversicherung

Bei dem Einwand der Versicherung im Bezug auf das Bereicherungsverbot (§ 200 VVG), half dem Versicherten die Tatsache, dass das Krankentagegeld als Summenversicherung ausgestaltet ist. D.h. der Betrag des Krankentagegelds ist von vornherein fest und als pauschale Summe vereinbart, ohne Rücksicht darauf, wie hoch der Verdienstausfall tatsächlich ist. Das Bereicherungsverbot stellt hingegen auf den Ausgleich des konkreten Schadens ab.

Handlungsbedarf bei Versicherern

Der Entscheidung des BGH können die Versicherer mit einer klaren Ausschlussklausel in ihren Bedingungen entgegenwirken, um künftig Krankentagegeldzahlungen in Freistellungsphasen zu vermeiden. Bei bereits abgeschlossenen Verträgen dürfte eine solche Änderung nicht ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers möglich sein.

(BGH, Urteil v. 27.11.2019, IV ZR 314/17).

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