Unterschiedliche Berechnungen in der Praxis angewendet
Die konkrete Definition und Berechnung des Working Capital werden in der Praxis von unternehmensindividuellen Faktoren, wie der Zielsetzung des Working Capital Managements, der Branche, dem Geschäftsmodell oder dem Rechnungslegungsstandard bestimmt. Die Bandbreite reicht dabei vom "all-inclusive"-Ansatz der Liquiditätssicherung bis zur ganz engen, operativen Definition des Working Capital Managements, bestehend aus Vorräten, Kundenforderungen und Lieferantenverbindlichkeiten (s. Abb. 1).
Der Fachkreis Working Capital Management erhebt nicht den Anspruch, einen bis ins Detail geregelten, allgemeingültigen Working Capital-Standard zu definieren, sondern vielmehr einen Orientierungsrahmen zu geben. Für den vorliegenden Leitfaden wird das Working Capital definiert als
- das durch die operative Geschäftstätigkeit gebundene Umlaufvermögen,
- dessen Positionen nicht zinstragend sind und
- daher durch verzinsliches Kapital zu finanzieren ist.
Abb. 1: Bandbreite des Working Capital-Umfangs[1]
Dieser Definition folgend, reduziert sich das Working Capital auf die operativen und nicht zinstragenden Komponenten der kurzfristigen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten. Zinstragende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten wie z. B. Wertpapiere des Umlaufvermögens, Kassenbestände oder Kontokorrentkredite werden primär als Gegenstand von Finanzierungsentscheidungen betrachtet und gemäß dem gewählten Verständnis des Fachkreises nicht in das Working Capital eingerechnet.
Weitere Positionen können demnach unternehmensindividuell in die Definition integriert werden, sofern diese
- materiell sind,
- operativ bedingt sind,
- durch das Management steuerbar sind,
- nicht zinstragend sind,
- liquiditätsfreisetzend und
- kurzfristig (bis zu 12 Monate) sind.
Abb. 2 gibt einen Überblick über die Einstufung möglicher Teilkomponenten.
Operating vs. klassisches Working Capital
Die in Abb. 2 unter "ja" dargestellte Working Capital-Definition orientiert sich somit streng an den beiden Kriterien "aus dem operativen Geschäft" und "nicht zinstragend". Damit ist jedoch eine gewisse Inkonsistenz zur Gliederung des Cashflow Statements gegeben. Es gibt daher auch die Möglichkeit, zwischen einem Operating Working Capital – OWC – und einem klassisch definierten Working Capital zu unterscheiden. Das OWC folgt den oben genannten Kriterien während sich das klassisch definierte Working Capital an die Struktur des Cashflow Statements anschließt.
Führende Unternehmen integrieren ihre Working Capital-Definition in ein geschlossenes Kennzahlenkonzept der Wertsteigerung, wie Abb. 3 beispielhaft zeigt.
Position | Bestandteil des Working Capital | ||
---|---|---|---|
ja | nein | bedingt | |
+ Vorräte, Vorratsvermögen | |||
|
x | ||
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x | ||
|
x | ||
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x | ||
+ Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände | |||
|
x | ||
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wenn operativ, nicht verzinslich & steuerbar | ||
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wenn operativ, nicht verzinslich & steuerbar | ||
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wenn operativ, nicht verzinslich & steuerbar | ||
|
x | ||
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x | ||
|
x | ||
|
x | ||
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x | ||
– Kurzfristige Verbindlichkeiten | |||
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wenn operativ, nicht verzinslich & steuerbar | ||
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x | ||
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x | ||
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x | ||
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x | ||
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x | ||
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x | ||
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x | ||
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bei Warenwechsel | ||
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wenn operativ, nicht verzinslich & steuerbar | ||
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wenn operativ, nicht verzinslich & steuerbar | ||
|
x | ||
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x | ||
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x |
Abb. 2: Komponenten des Working Capital
Abb. 3: Working Capital als Teil eines integrierten Kennzahlenkonzepts[2]
+: Position erhöht den Wert der Kennzahl, –: vermindert den Wert der Kennzahl.
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