5.1 Unterschiede der Wertansätze in Handels- und Steuerbilanz

 

Rz. 74

Für nach dem 31.12.1998 endende Wirtschaftsjahre bestehen in Handels- und Steuerbilanz für den Wertansatz von Verbindlichkeiten folgende Unterschiede:

 
Wertansätze der Verbindlichkeiten  
Handelsbilanz Steuerbilanz

Erfüllungsbetrag[1]

Gebot

Erfüllungsbetrag[2]; Nennbetrag oder höherer Teilwert

Gebot

Höherer Wert (Höchstwertprinzip)

Gebot

Höherer Teilwert bei voraussichtlich dauernder Werterhöhung[3]

Wahlrecht

Abschreibung auf einen niedrigeren Wert nur bei Realisation (Realisationsprinzip)

Abschreibungsverbot

Gehörte die Verbindlichkeit bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zum Betriebsvermögen und wurde sie auf einen höheren Wert als den Erfüllungsbetrag zugeschrieben, ist sie in den folgenden Wirtschaftsjahren wieder mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen beschränkt auf den Erfüllungsbetrag beim Zugang zum Betriebsvermögen, es sei denn, der höhere Wert wird nachgewiesen[4]

Gebot
Abzinsung von auf Rentenverpflichtungen beruhenden Verbindlichkeiten[5]

Abzinsung in Höhe von 5,5 %, ausgenommen, wenn

die Laufzeit der Verbindlichkeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt oder

die Verbindlichkeit verzinslich ist oder

die Verbindlichkeit auf einer Anzahlung oder Vorauszahlung beruht.

Gebot

5.2 Erfüllungsbetrag

5.2.1 Handelsrecht

 

Rz. 75

Verbindlichkeiten sind handelsrechtlich mit ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen.[1] Erfüllungsbetrag ist bei Verpflichtungen zu Geldleistungen grundsätzlich der Nennbetrag, bei Verpflichtungen zu Sachleistungen oder -werten der im Erfüllungszeitpunkt voraussichtlich aufzuwendende Geldbetrag.[2]

[2] Begr. RegEntw, BT-Drucks. 16/10067 S. 52.

5.2.2 Steuerrecht

 

Rz. 76

Steuerrechtlich sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften von § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen.[1] Es ist also grundsätzlich von den Anschaffungskosten auszugehen. Das ist der Nennwert, ggf. mit dem höheren Teilwert.[2] Hierunter ist ebenso wie im Handelsrecht der Erfüllungsbetrag zu verstehen.

Ebenso wie in der Handelsbilanz[3] ist auch in der Steuerbilanz die Durchschnittsbewertung zulässig.[4]

 

Rz. 77

Sinngemäße Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG bedeutet für die Verbindlichkeiten auch, dass sie am Bilanzstichtag mit einem höheren Teilwert angesetzt werden dürfen, wenn sie dann mit einem höheren Betrag als ihrem Nennwert zu erfüllen sind.

  • Nur wenn die Werterhöhung voraussichtlich von Dauer ist, darf eine Verbindlichkeit mit dem höheren Erfüllungsbetrag angesetzt werden.
  • Zu einem späteren Bilanzstichtag ist eine Verbindlichkeit wieder zum ursprünglichen Nennbetrag auszuweisen, es sei denn, der Unternehmer weist nach, dass die Verbindlichkeit zu einem höheren Betrag zu erfüllen ist.[5]
 

Rz. 78

Verbindlichkeiten sind außerdem steuerlich mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen, § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 2. Halbsatz EStG. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.[6]

[2] Kulosa, in Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 6 EStG Rz. 441.
[3] Vgl. Rz. 75.
[4] Kulosa, in Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 6 EStG Rz. 441.
[5] Kulosa, in Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 6 EStG Rz. 451.

5.3 Werterhöhung

5.3.1 Handelsrecht

 

Rz. 79

Der Erfüllungsbetrag kann sich gegenüber dem Betrag, der beim Entstehen der Verbindlichkeit gebucht worden ist, ändern, z. B. bei Preis- und Kostensteigerungen. Führen Umstände zu einem höheren Erfüllungsbetrag, ist handelsrechtlich der höhere Erfüllungsbetrag anzusetzen (Höchstwertprinzip). Es besteht also handelsrechtlich ein Gebot, den höheren Wert anzusetzen.

 

Rz. 80

Grundsätzlich ist das Prinzip der Einzelbewertung zu beachten. Es ist aber auch die Zusammenfassung in Gruppen und in diesem Rahmen eine Durchschnittsbewertung zulässig.[1]

Auf fremde Währung lautende Verbindlichkeiten sind gemäß § 256 a HGB zum Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Bei einer Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger sind § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB und § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB nicht anzuwenden.

[1] Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 50.

5.3.2 Steuerrecht

 

Rz. 81

Steuerrechtlich können Verbindlichkeiten erst bei einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung mit einem höheren Teilwert ausgewiesen werden.[1] Verbindlichkeiten müssen am Bilanzstichtag nach dem Imparitätsprinzip mit dem Zugangswert oder, wenn der Erfüllungsbetrag am Bilanzstichtag darüber liegt, mit diesem bilanziert werden. Handelt es sich um Währungsverbindlichkeiten (aus Lieferungen und Leistungen oder aus Darlehensgewährungen) kehrt sich das Niederstwertprinzip in ein Höchstwertprinzip um.[2]

 

Rz. 82

Teilwert einer Verbindlichkeit ist der Mehrbetrag, den der Erwerber des gesamten Betriebs zahlen w...

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