Hinter den in Abb. 1 genannten Effekten steht als Kernursache die soziale Beeinflussbarkeit von Menschen.[1] Sie kann sich positiv auswirken, jedoch, ohne entsprechende Vorkehrungen, auch häufig negativ. Im Einzelnen bedeutet dies: Zunächst weist die menschliche Entscheidungsfindung häufig Verzerrungen auf, die sich negativ auf individuelle Entscheidungen auswirken können, so bspw. die Tendenz, nur solche Argumente und Fakten (stärker) wahrzunehmen, die die eigene bereits gefasste Meinung bestätigen, oder das Unterschätzen der Risiken und Möglichkeiten des Scheiterns.[2] In einer Gruppe oder einem Team können sich die genannten individuellen Verzerrungen noch verstärken, wenn man bspw. hört, dass die Mehrzahl der Anwesenden ebenfalls die Risiken als gering erachtet.

Dieser Zusammenhang verstärkt sich weiter durch ein Kaskaden- oder Herdenverhalten: Meinungen und Stimmungen sind "ansteckend" und können sich dadurch gegenseitig vergrößern. Beginnt der Leiter einer Gruppensitzung damit, erst einmal seine Position zu erläutern, werden sich die meisten Teilnehmer dem anschließen und das Ergebnis der Sitzung ist praktisch schon vorbestimmt. Die Reihenfolge der Wortmeldungen hat einen hohen Einfluss und jede bereits getätigte Wortmeldung beeinflusst die Wortmeldungen der nachfolgenden Personen. Stimmt also die erste Person, die sich meldet, einem Planansatz zu, wird es wahrscheinlicher, dass die folgende Person es auch tut. Je mehr Personen zustimmen, desto unwahrscheinlicher wird es, dass abweichende Positionen oder widersprechende Fakten auf den Tisch kommen. Nicht zuletzt aus Unsicherheit, Bequemlichkeit oder weil man seine Reputation durch allzu großen Dissens nicht aufs Spiel setzen will.

Gruppen tendieren im Allgemeinen zu extremeren Positionen als es die tatsächliche Verteilung der Positionen aller Mitglieder erwarten ließe. Solche Positionen können dann deutlich riskanter oder spürbar vorsichtiger sein, als es zu erwarten gewesen wäre. Die Gründe für die Polarisierung sind zum einen die genannte soziale Beeinflussung durch Aussagen anderer Mitglieder und der Herdeneffekt. Hinzu kommt: Bildet sich eine gemeinsame Meinung heraus und die Gruppe fühlt sich in dieser durch die vielen zustimmenden Wortmeldungen bestätigt, steigt das Vertrauen in diese Meinung. Das kann dazu führen, dass Menschen bei hohem Vertrauen zu extremeren Positionen tendieren. Jeder Einzelne fühlt sich durch die Gruppe bestätigt, was wiederum alle darin bestätigt.

In einer Gruppendiskussion sind all jene Informationen bestimmend, die entweder direkt ausgesprochen oder die von allen als selbstverständlich angenommen werden. Sie werden rein statistisch häufiger geäußert, wiederholt und bestätigt wodurch sie die Gruppenmeinung dominieren.[3] Informationen, die nur Einzelne haben werden aufgrund der o. g. Effekte seltener geäußert und es wird auch seltener aktiv gefragt, ob es abweichende oder bisher nicht bekannte Informationen gibt. Gruppenmitglieder, die sich bspw. aufgrund ihrer Position oder ihrer erst kurzen Zeit im Unternehmen eher unsicher fühlen, werden kaum solche Informationen äußern, sondern sich der Mehrheit anschließen. Dabei wäre es wichtig, auch konträre Informationen in die Diskussion einfließen zu lassen.

[1] Vgl. weiterführend Sunstein/Hastie, 2015, S. 43 ff.
[2] Vgl. Jungermann et al., 2005, S. 181 ff.
[3] Vgl. Sunstein/Hastie, 2015, S. 89 ff.

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