Rz. 1609

Gemäß § 308 Abs. 1 AktG analog darf die Obergesellschaft aufgrund des Beherrschungsvertrages der Geschäftsführung der beherrschten GmbH Weisungen erteilen. Damit wird die Kompetenz der Gesellschafterversammlung der Untergesellschaft eingeschränkt: Das Recht der Gesellschafterversammlung, der Geschäftsführung Weisungen zu erteilen, entfällt.[1] Damit ist der Beherrschungsvertrag in der Regel nur für Mehrpersonengesellschaften interessant, kann aber die organisatorische Eingliederung für steuerliche Zwecke (etwa zur Begründung einer umsatzsteuerlichen Organschaft) erleichtern. Gemäß § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG (analog) dürfen auch Weisungen erteilt werden, die für die beherrschte Gesellschaft nachteilig sind; vorausgesetzt wird nur, dass sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder einem Konzernunternehmen dienen.

 

Rz. 1610

Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafterversammlung oder eines etwaig berufenen Aufsichtsrats fallen, können grundsätzlich nicht Gegenstand von Weisungen sein. Ist bei der abhängigen GmbH ein Aufsichtsrat berufen, ist die Obergesellschaft indes gem. § 308 Abs. 3 AktG analog berechtigt, einen in der Satzung geregelten Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats (§ 52 Abs. 1 GmbHG in Verbindung mit § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) zu überwinden. Außerdem wird das Weisungsrecht begrenzt durch

  • gesetzliche Grenzen,
  • satzungsgemäße Grenzen und
  • vertragliche Grenzen.
 

Rz. 1611

Das Weisungsrecht wird begrenzt durch die zwingenden Vorschriften, z. B. durch das Verbot des Erwerbs eigener Geschäftsanteile (§ 33 GmbHG), den in diesem Kapitel dargestellten Schutzvorschriften zugunsten der GmbH, der Gesellschafter und der Gläubiger bei Unternehmensverträgen (§§ 291ff. AktG analog). Ausdrücklich setzt § 299 AktG (analog) dem Weisungsrecht Grenzen, wonach insb. Weisungen, den Vertrag zu ändern, aufrechtzuerhalten oder zu beendigen, verboten sind. Rechtswidrig sind ferner Weisungen, die gegen sonstige Vorschriften verstoßen, z. B. unlautere Wettbewerbshandlungen (§§ 3ff. UWG) oder Verstöße gegen die Rechnungslegungsvorschriften des HGB. Weisungen, die gegen das Gesetz verstoßen, sind gem. § 134 BGB nichtig.[2] Gemäß der ausdrücklichen Anordnung des § 291 Abs. 3 AktG verstößt eine Weisung nie gegen die Kapitalerhaltungsvorschrift des § 57 AktG und gegen die Vorschriften über die Verwendung des Jahresüberschusses (§§ 58, 60 AktG). Diese Vorschrift ist auf die GmbH analog anzuwenden, so dass die Obergesellschaft zu Verstößen gegen §§ 30, 31 GmbHG anleiten darf.[3] Die Geschäftsführung der Untergesellschaft hat jedoch nach teils vertretener Auffassung sicherzustellen, dass in diesen Fällen der Verlustausgleichsanspruch werthaltig ist.[4] Auf Grund der hohen Haftungsrisiken der Geschäftsführer bei Verstößen gegen die §§ 30, 31 GmbHG sollte die Geschäftsführung diese Prüfung immer dokumentieren.

 

Rz. 1612

Gemäß § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG analog kann der Beherrschungsvertrag das Weisungsrecht einschränken, beispielsweise die an sich zulässigen nachteiligen Weisungen ausschließen oder ein Schriftformerfordernis für Weisungen aufstellen.[5] Außerdem können sich Grenzen für das Weisungsrecht aus der Satzung ergeben: So dürfen die Weisungen nicht über den in der Satzung festgelegten Gegenstand des Unternehmens (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) hinausgehen.[6] Ferner sind nach h. M. Existenz gefährdende Weisungen unzulässig.[7]

[1] Beurskens, in Baumbach/Hueck, KonzernR, Rn. 119.
[2] Koch, in Hüffer/Koch, AktG, § 308 Rn. 14.
[3] Liebscher, in MüKo-GmbHG, Anh. § 13 Rn. 828.
[4] Altmeppen, in MüKo-AktG, § 302 Rn. 40.
[5] Henkel, in Schüppen/Schaub, MünchAnwHdb., § 53 Rn. 14.
[7] OLG Düsseldorf, Beschluss v. 7.6.1990, 19 W 13/86, ZIP 1990 S. 1333 ff., 1338; Koch, in Hüffer/Koch, AktG, § 308 Rn. 19 m. w. N. Beispiele für Maßnahmen mit existenzgefährdendem Charakter finden sich bei Rn. 61.

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