Hinsichtlich der bilanziellen Behandlung sind bei Grünstromzertifikaten bzw. Herkunftsnachweisen die Akteure Anlagenbetreiber/Stromproduzenten, Energieversorger/Händler und Stromverbraucher zu unterscheiden.

In Anlehnung an die Kriterien des DRS 24 Immaterielle Vermögensgegenstände, insbesondere die Einzelverwertbarkeit, dürfte es sich auch bei Grünstromzertifikaten um immaterielle Vermögensgegenstände handeln. Da deutsche Herkunftsnachweise gem. § 17 Abs. 4 HkNDV innerhalb von 12 Monaten nach der EE-Stromerzeugung entwertet bzw. ansonsten gelöscht werden, können sie nicht dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen und nur einmalig verwendet werden, weshalb sie grundsätzlich dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind.

Anlagenbetreiber/Stromproduzenten

Anlagenbetreibern/Stromproduzenten von EE-Strom werden auf Antrag und in Abhängigkeit von der produzierten EE-Strommenge Herkunftsnachweise im Register eingetragen. Die Veräußerung der Zertifikate kann gleichzeitig mit dem Verkauf des EE-Stroms oder auch nachgelagert erfolgen. Insbesondere im letzten Fall dürfte es sich bei dem Herkunftsnachweis zum Bilanzstichtag um einen selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstand des Umlaufvermögens handeln, der zu Herstellungskosten zu bewerten und in der Bilanz anzusetzen ist. Prinzipiell fallen bei Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (wie Wind- oder Solarparks) keine nennenswerten Material- oder Fertigungskosten für die Stromproduktion an. Die Herstellungskosten könnten daher bspw. angemessene Teile der Gemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens umfassen. Problematisch könnte jedoch sein, wie eine angemessene Aufteilung dieser Kosten für den erzeugten EE-Strom und für die Herkunftsnachweise erfolgt. Die (separate) Veräußerung von Herkunftsnachweisen an Energieversorger/Händler oder Stromverbraucher sollte u. E. (wie auch der EE-Strom selbst) grundsätzlich innerhalb der Umsatzerlöse ausgewiesen werden.

Energieversorger/Händler

Aus Sicht der Energieversorger/Händler handelt es sich bei den (zusammen oder getrennt vom Strombezug) gekauften Herkunftsnachweisen um erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, weil sie zum Zweck der Weiterveräußerung (Händler) oder Verwendung (Stromverbraucher) erworben wurden. Damit dürfte es sich bilanziell um Handelswaren handeln, die innerhalb der Vorräte auszuweisen sind. Liegen dagegen die zur Veräußerung vorgesehenen Vermögensgegenstände außerhalb des normalen Absatzprogramms des Unternehmens, erscheint ein Ausweis in den sonstigen Vermögensgegenständen sachgerecht. Die Zugangsbewertung richtet sich nach den Anschaffungskosten für die Zertifikate, die Folgebewertung nach den Bewertungsgrundsätzen für Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, insbesondere dem strengen Niederstwertprinzip.

 
Hinweis

Fraglich ist, ob auf eine Abwertung der Herkunftsnachweise verzichtet werden kann, wenn durch einen bereits abgeschlossenen Auftrag oder in anderer Form verlässlich nachgewiesen werden kann, dass eine mindestens kostendeckende Veräußerung des Grünstromprodukts, für das der Herkunftsnachweis verbraucht wurde, möglich ist (vgl. IDW, WP Handbuch, 17. Aufl. 2021, Kap. F Rz. 189 zur Bewertung von RHB).

Für die Veräußerung gelten die obigen Ausführungen, d. h., die Erlöse aus dem Verkauf von Herkunftsnachweisen sollten u. E. (wie auch der EE-Strom selbst) grundsätzlich innerhalb der Umsatzerlöse ausgewiesen werden. Bei Lieferungen an den Stromverbraucher wird das Zertifikat nicht weiterveräußert, sondern entwertet. In diesem Fall ist der Verbrauch des Zertifikats im Materialaufwand (Aufwendungen für RHB und Waren) auszuweisen. Gleichzeitig werden höhere Umsatzerlöse ausgewiesen, da der Stromverbraucher für die Grünstromeigenschaft einen höheren Strompreis an den Stromlieferanten bezahlt.

Stromverbraucher

Anders als Energieversorger/Händler erwerben Stromverbraucher keine Herkunftsnachweise, da die Herkunftsnachweise mit dem Verkauf von EE-Strom an Stromverbraucher im Register entwertet werden. Der Stromverbraucher hat – gem. dem angestrebten Zweck des Mechanismus – einen höheren Preis für den EE-Strom bezahlt, als er eigentlich wert ist. Da Stromverbraucher bis auf den an sie gelieferten Strom keine weiteren Vermögensgegenstände (etwa Herkunftsnachweise) erwerben, ist auch der zusätzlich für den Herkunftsnachweis gezahlte Strompreis im Zeitpunkt des Stromverbrauchs als Aufwand zu erfassen.

 
Hinweis

Insbesondere Stromverbraucher, die sich bewusst für den Kauf von Strom aus erneuerbaren Energien entscheiden und damit eine zusätzliche Preiskomponente für die Grünstromzertifizierung des Stroms bezahlen, können dies als Teil ihrer Nachhaltigkeitsstrategie in der entsprechenden (nicht-finanziellen) Berichterstattung nutzen.

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