Human Works Talks: Nachhaltigkeit und Wirtschaftswachstum

Wie kann das Arbeitsleben nachhaltiger gestaltet werden? Welchen Beitrag zum Umweltschutz müssen die Unternehmen leisten? Sind Nachhaltigkeit, Wirtschaftswachstum und soziale Gerechtigkeit überhaupt vereinbar? Beim zweiten Human Works Talk ging es um die großen Fragen jenseits von Corona. Leider kamen dabei nur wenig konkrete Lösungsansätze zur Sprache.

Lässt sich Klimaschutz mit Wachstum und Gewinnorientierung vereinbaren? Unter dieser Fragestellung stand der zweite Human Works Talk der Beratungsgesellschaft Mercer-Promerit, die dafür mit Oliver Maassen, Anna Kaiser, Stephan Grabmeier und Nicole Peichl prominente HR-Vertreter gewinnen konnte. Das Setzen des Themas wie auch die Gewinnung von Diskutanten ist in Zeiten der Wirtschaftskrise schon erstaunlich, wie Moderator und Promerit-Berater Kai Anderson gleich zu Beginn der Talkrunde betonte.

Die Coronakrise als "kleiner Schnupfen"?

In der Diskussion waren sich die vier Diskutanten einig: Die Klimakrise und ein Wandel hin zu nachhaltigerem Wirtschaften darf nicht dem Verlangen nach einer schnellen Rückkehr zur Normalität vor Corona-Zeiten zum Opfer fallen. "Die Corona-Krise ist ein unmittelbares Problem", sagte Berater Stephan Grabmeier, der das aktuelle Thema in den Vergleich zum Klimawandel stellte. "Von daher ist Corona für mich eher ein kleiner Schnupfen," meinte Grabmeier, der seinen Beratungsschwerpunkt von HR in den Bereich Nachhaltigkeit verlegt hat. Für die These bekam er auf dem virtuellen Podium allerdings keine Zustimmung. 

Dass sich Nachhaltigkeitsziele trotz der aktuellen wirtschaftlichen Situation einhalten lassen, davon ist Oliver Maassen, CHRO des Maschinenbau-Unternehmens Trumpf, überzeugt: "Trumpf produziert aktuell 90 Tausend Tonnen CO2 im Jahr." Bis Ende des Jahres 2020 soll aber die CO2-Bilanz auf Null gesenkt werden. Das Familienunternehmen legt großen Wert auf Nachhaltigkeit und will klimaneutral werden, indem Strom aus erneuerbaren Energiequellen bezogen wird und für den weiteren Ausstoß Kompensationszahlungen geleistet werden. Maassen zeigte sich optimistisch, dass dieses Ziel erreicht werde, sieht damit sein Unternehmen aber noch nicht am Ende des Weges: "Das ist ein erster Schritt, aber lange noch nicht das Ziel," sagte Maassen.

Alternativen zu Gewinnorientierung und Wirtschaftswachstum gesucht

Zur konkreten Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele wurden unterschiedliche Vorschläge diskutiert. Nicole Peichl, Beraterin bei Mercer-Promerit, plädierte dafür, den gegenwärtigen Wachstumsbegriff zu überdenken. Wachstum müsse stärker qualitativ definiert werden, nicht ausschließlich quantitativ: "Da braucht es ein Umdenken auf Führungsebene, weil dieser Nachhaltigkeitsgedanke viel stärker in Strategien einfließen muss".

Oliver Maassen berichtete davon, dass bei Trumpf Nachhaltigkeits-Ziele im "Zielhaus" verankert sind, ohne allerdings Bonus-Zahlungen daran zu knüpfen. Beim Job-Sharing-Dienstleister Tandemploy setzt Mitgründerin und CEO Anna Kaiser auf ein "Climate Manifest", in dem der Anspruch an nachhaltiges Wirtschaften festgehalten ist. Das Unternehmen verpflichtet sich dazu, ortsunabhängiges Arbeiten zu ermöglichen, Dienstreisen zu reduzieren oder ausschließlich mit nachhaltigen Banken zusammenzuarbeiten. 

Nachhaltigkeit nicht losgelöst von sozialer Gerechtigkeit umsetzbar

"Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral", zititerte Anderson Brechts Bonmot und stellte die Frage, ob sich die Beschäftigten und die Betriebe nachhaltiges Handeln überhaupt leisten können. "Ohne gesunde Umwelt gibt es schon gar kein Fressen", erwiderte Anna Kaiser auf diese Provokation und betonte zugleich, dass aber die soziale Frage eine wichtige Rolle spiele: "Wenn so viele Menschen in einem System, das sich für so erfolgreich hält, existenzielle Sorgen haben, dann zeigt das die Dimension der sozialen Ungleichheit, die das System erzeugt".

Damit war die Runde bei der Grundsatzfrage angekommen, was der Sinn von Unternehmen und des Wirtschaftens ist. Maassen vertrat dabei einen Standpunkt, der vor kurzer Zeit noch als paternalistisch-altmodisch wahrgenommen wurde, heute aber als modern und ambitioniert erscheint: Bei Trumpf habe es die Familie als Unternehmenszweck definiert, die Arbeitsplätze der Beschäftigten zu erhalten und gegebenenfalls neue Arbeitsplätze zu schaffen.


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