Zusammenfassung

 
Überblick

Dieser Beitrag befasst sich insbesondere mit der Rechtsprechung, die die Grundsätze und Grenzen der Meinungsfreiheit im Arbeitsverhältnis näher austariert hat. Zudem sind Handlungsmöglichkeiten und Handlungspflichten des Arbeitgebers Gegenstand. Arbeitgeber müssen beispielsweise Maßnahmen ergreifen, wenn Mitarbeiter andere Mitarbeiter diskriminieren. Auch zum Schutz der Reputation des Unternehmens und zur Wiederherstellung des Betriebsfriedens kann es angezeigt sein, arbeitsrechtliche Disziplinarmaßnahmen zu ergreifen. Vorgelagert zu den repressiven Mitteln empfiehlt es sich für Arbeitgeber, bereits präventive Maßnahmen zu ergreifen, um Mitarbeiter hinreichend zu sensibilisieren (z. B. im Umgang mit sozialen Medien).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

1 Grundlagen

Die Meinungsfreiheit ist in der Werteordnung des Grundgesetzes fest verankert. Eine Meinung frei äußern zu können, ist charakteristisch für eine freie, demokratische Gesellschaft, die ihren gemeinschaftlichen Willen und ihre Geschichte durch ständigen gemeinsamen Austausch bildet. Die Meinungsfreiheit gilt auch im Arbeitsverhältnis. Hiernach können sich Arbeitnehmer auf die Meinungsfreiheit berufen, wenn sie beispielsweise (drastische) Kritik am Arbeitgeber üben oder sich politisch im Betrieb äußern. In einer zunehmend heterogen zusammengesetzten Gesellschaft bzw. Belegschaft, können sich innerbetriebliche Spannungen außerdem rasch an aktuellen (politischen) Geschehnissen entzünden. Bewegende Ereignisse und eine entsprechende mediale Berichterstattung (z. B. über den Nahost-Konflikt) erhitzen die Gemüter und veranlassen Arbeitnehmer dazu, sich entsprechend betrieblich oder außerbetrieblich zu äußern.

Gleichwohl sind auch der Meinungsfreiheit rechtliche Grenzen gesetzt. Als Schranke der Meinungsfreiheit im Arbeitsverhältnis dient insbesondere die Berufsfreiheit des Arbeitgebers. Sie schützt dessen wirtschaftliche Betätigungsfreiheit, die insbesondere durch eine Störung des Arbeitsablaufs und des Betriebsfriedens auf Grundlage von Meinungsäußerungen betroffen sein kann. Zudem sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf die Interessen und Rechtsgüter des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, wenn sie ihre Meinung äußern.

2 Meinungsfreiheit

2.1 Verfassungsrechtliche Grundsätze und mittelbare Drittwirkung im Arbeitsverhältnis

Die Meinungsfreiheit ist verfassungsrechtlich verankert in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Danach hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Für eine Grundlage der Meinungsbildung garantiert dieselbe Norm auch das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, also die Informationsfreiheit.

Die Meinungsfreiheit fügt sich ein in das generelle System der Grundrechte. Hiernach sind Grundrechte primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat.[1] Gleichwohl erschöpft sich die Bedeutung der Grundrechte nicht in ihrer Abwehrfunktion. Ebenso begründen sie eine objektive Werteordnung. Die Meinungsfreiheit hat eine zentrale Bedeutung in einer offenen und demokratischen Gesellschaft. Daher gelten Grundrechte wie die Meinungsfreiheit nach den Grundsätzen der sog. mittelbaren Drittwirkung auch im Arbeitsverhältnis.

Das Bundesverfassungsgericht prüft die Frage, ob die Meinungsfreiheit verletzt ist, danach, ob ihr Schutzbereich berührt ist, ein Eingriff vorliegt und ob sich dieser rechtfertigen lässt. Für diesen Beitrag ist insbesondere der sog. Schutzbereich relevant.

 
Wichtig

Schutzbereich

Der Schutzbereich definiert in sachlicher Hinsicht, was überhaupt eine Meinung ist und was von vornherein nicht als Meinung zu verstehen ist und daher auch nicht geschützt ist.

Eine Meinung ist gekennzeichnet durch ihre Subjektivität. Sie ist geprägt durch ein Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung.[2] Damit ist das charakteristische Merkmal einer Meinung, dass eine einzelne Person einen Teil ihres geistigen Innenlebens nach außen trägt.[3] Sie genießt den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankäme, ob die Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational ist oder Dritte sie als wertvoll, wertlos, gefährlich oder harmlos einschätzen.

Es ist anerkannt, dass Arbeitnehmer im Rahmen der Meinungsfreiheit – auch öffentlich – Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dazu auch überspitzt äußern dürfen.[4] Die Meinungsfreiheit gilt unabhängig davon, welches Medium (Zeitung, Fernsehen, Intranet, Internet, soziale Medien) der Arbeitnehmer zur Meinungsäußerung nutzt. Der Grundrechtsschutz bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Form der Äußerung.[5]

Stehen Tatsachenbehauptungen in Rede, hängt das Ergebnis der Abwägung von ihrem Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre Aussagen indes nicht. Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente miteinander vermengt sind. Bei der Abwägung fällt in diesem Fall die Richtigkeit des tatsächlichen ...

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