Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von “Kur-Tagen” auf Tarifurlaub. Urlaubsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Der BAT-O in seiner seit der Geltung des § 10 BUrlG idF ArbBeschFG unveränderten Fassung enthält kein Anrechnungsverbot, das eine Anrechnung von Tagen der Teilnahme des Arbeitnehmers an einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation ausgeschlossen hatte.

 

Normenkette

BUrlG i.d.F. des Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476; BUrlG i.d.F. ArbBeschFG) § 10 Abs. 1 S. 1; BUrlG § 13; BAT-O §§ 37, 47

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 20.02.1998; Aktenzeichen 4 Sa 817/97)

ArbG Senftenberg (Urteil vom 18.09.1997; Aktenzeichen 5 Ca 2235/97)

 

Tenor

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

I. Die Parteien haben ursprünglich darüber gestritten, ob die Beklagte der Klägerin zu Recht für das Jahr 1997 wegen eines Kuraufenthaltes sechs Tage Erholungsurlaub angerechnet hat.

Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Erzieherin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Bestimmungen des BAT-O Anwendung.

Wegen eines Wirbelsäulenleidens absolvierte die Klägerin in der Zeit vom 13. Februar bis 4. März 1997 eine ihr von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gewährte Kur. Anschließend rechnete ihr die Beklagte wegen dieser Kur sechs Tage Erholungsurlaub im Jahre 1997 an.

Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Revisionsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Revisionsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluß zu entscheiden. Danach waren der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Ihre Klage war unbegründet. Mit Beginn des Jahres 1997 war zwar nach § 48 Abs. 1 BAT-O ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf 30 Arbeitstage Urlaub entstanden. Der geltend gemacht Resturlaubsanspruch ist jedoch infolge der von der Klägerin in der Zeit vom 13. Februar bis 4. März 1997 absolvierten Kur erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Ersatzansprüche für den erloschenen Anspruch kommen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.

  • Rechtsgrundlage für die Anrechnungserklärung der Beklagten war § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG in der Fassung des Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 (BGBl. I S 1476; künftig: BUrlG idF ArbBeschFG), das zum 1. Oktober 1996 in Kraft getreten und durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S 3843) zum 31. Dezember 1998 aufgehoben worden ist. Die Vorschrift lautete auszugsweise:

    “Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation

  • Verfassungsrechtliche Bedenken können gegen die Wirksamkeit von § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG idF ArbBeschFG nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden.

    • Nach dem Beschluß des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001 (– 1 BvL 32/97 – BVerfGE 103, 293) war die Vorschrift für die Dauer ihrer Geltung mit dem Grundgesetz vereinbar. Die dem Arbeitgeber eingeräumte Anrechnungsbefugnis griff zwar in die den Tarifvertragsparteien nach Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie ein. Die Regelung war aber durch die mit ihr verfolgten Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geeignet und verhältnismäßig. Das hat das Bundesverfassungsgericht für alle Gerichte verbindlich (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) festgestellt.
    • Nach dieser Entscheidung ist auch kein Raum für die von einem Teil der Rechtsprechung geforderte verfassungsrechtlich gebotene einschränkende Auslegung des § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG idF ArbBeschFG (LAG Brandenburg 20. Februar 1998 – 4 Sa 817/97 – LAGE BUrlG § 10 Nr. 3). Das Gesetz ist deshalb auch auf Tarifverträge anzuwenden, die zur Zeit des Inkrafttretens des ArbBeschFG zum 1. Oktober 1996 bereits bestanden.
  • Die Anrechnung war auch nicht tarifvertraglich ausgeschlossen.

    § 10 BUrlG idF ArbBeschFG enthielt kein sog. zweiseitig zwingendes Recht. Das ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG, der von der Änderung des BUrlG nicht betroffen war. Die Tarifvertragsparteien konnten daher abweichend von der gesetzlichen Regelung des ArbBeschFG dem Arbeitgeber verbieten, Tage der Teilnahme an einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation auf den Tarifurlaub anzurechnen. Ein solches Verbot ergab sich allerdings nicht aus dem BAT-O.

    • Für die vergleichbaren Berechtigungen des Arbeitgebers zur Kürzung des Jahresurlaubs nach § 8d MuSchG in der Fassung vom 25. Januar 1979 bei Inanspruchnahme von Mutterschaftsurlaub sowie nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG bei Einberufung zum Grundwehrdienst hat das Bundesarbeitsgericht ein ausdrückliches tarifliches Verbot verlangt, wenn die Tarifvertragsparteien die Kürzung des Urlaubs ausschließen wollten (15. Februar 1984 – 5 AZR 192/82 – BAGE 45, 155; 14. November 1963 – 5 AZR 498/62 – BAGE 15, 116). Gleiches wird im Schrifttum für den Ausschluß der Anrechnungsbefugnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG vertreten (Schwedes BB 1996 Beilage 17 S 2, 7; Heise/Lessenich/Merten Arbeitgeber 1997, 251; aA ArbG Heilbronn Vorlagebeschluß zum Bundesverfassungsgericht 26. September 1997 – 3 Ca 489/97 – AuR 1998, 217; Buschmann AuR 1996, 285, 290; Giesen RdA 1997, 193, 199).

      Wem zuzustimmen ist, kann offen bleiben. Auch wenn zu Gunsten der Klägerin angenommen wird, der Ausschluß der Anrechnung könne sich aus dem Gesamtzusammenhang eines Tarifvertrags ergeben, verhilft ihr das nicht zum Erfolg. Mit der Änderung des § 10 BUrlG durch das BeschFG 1996 sollte in den über den Mindesturlaub des § 3 BUrlG hinausgehenden Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers eingegriffen werden. Die Arbeitgeber sollten, wie es einleitend in der Begründung zum Gesetzentwurf heißt (BT-Drucks. 13/4612 S 1), von “beschäftigungsfeindlichen” hohen Lohnzusatzkosten entlastet werden. Gegenstand der Anrechnung sollte nicht nur ein arbeitsvertraglich vereinbarter übergesetzlicher Urlaub sein, sondern auch der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigende Tarifurlaub. Dem Zusammenhang eines Tarifvertrags läßt sich deshalb ein Anrechnungsverbot nur entnehmen, wenn hinreichend deutlich wird, daß die Tarifvertragsparteien eine Regelung treffen wollten, die dem gesetzlichen Eingriff entgegen wirken sollte.

      Auf einen solchen Willen der Tarifvertragsparteien kann nicht schon dann geschlossen werden, wenn die Urlaubsdauer oder die Bedingungen zur “Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bei Kuren” eigenständig ausgestaltet sind. Die Eigenständigkeit bewirkt zwar, daß nicht jede spätere Änderung der gesetzlich bestimmten Ansprüche zum Nachteil des Arbeitnehmers auf die tariflichen Leistungen “durchschlägt”. Diese Wirkung beschränkt sich aber auf den in der Norm geregelten Gegenstand (vgl. hierzu nur BAG 16. Juni 1999 – 5 AZR 297/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 7; 16. Juni 1999 – 5 AZR 67/97 – BAGE 89, 95). Aus einer tarifvertraglich festgelegten Dauer des Erholungsurlaubs oder aus Regelungen zur Entgeltfortzahlung bei Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation und Vorsorge läßt sich daher nicht ohne weiteren Anhalt herleiten, die Tarifvertragsparteien hätten auch einen gesetzlichen Eingriff in den Tarifurlaub abwehren wollen, der darin besteht, den Arbeitgeber zu berechtigen, tarifliche Ansprüche durch Anrechnung anderer Leistungen zu mindern.

    • Weder Einzelbestimmungen noch der Gesamtzusammenhang der Regelungen des BAT-O in der seit 1997 unveränderten Fassung lassen auf einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien schließen, die gesetzliche Anrechnungsbefugnis abzubedingen.

      • Aus dem Zusammenspiel zwischen den Regelungen des BAT-O über die Urlaubsdauer (§ 48) einerseits und über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall andererseits ergibt sich kein Anrechnungsverbot. Zwar enthält § 37 folgende Regelung:

        “(1) Wird der Angestellte durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, erhält er Krankenbezüge nach Maßgabe der Absätze 2 bis 9.

        Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Unterabsatzes 1 gilt auch die Arbeitsverhinderung infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation, die ein Träger der gesetzlichen Renten-, Kranken- oder Unfallversicherung, eine Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung oder ein sonstiger Sozialleistungsträger bewilligt hat und die in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation stationär durchgeführt wird (…).”

        Aus dem tariflichen Zusammenhang ergibt sich damit, daß die Tarifvertragsparteien Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation als einen Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und nicht als einen Fall von Urlaub behandeln wollen. In derartige Regelungen sollte durch § 10 BUrlG idF des ArbBeschFG aber gerade eingegriffen werden. Daß die Tarifvertragsparteien über eine Regelung der Behandlung von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation hinaus derartige gesetzliche Eingriffe abwehren wollten, ergibt sich aus den tariflichen Bestimmungen nicht (wie hier: Hock NZA 1998, 695; Schmidt ZTR 1998, 498; aA Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand: März 2002 § 48 Rn. 11a; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand: Januar 1999 Anhang 1 zu § 48 Ziff. III und mit ähnlicher Begründung Giesen RdA 1997, 193, 199).

      • Auch aus den – ebenfalls in § 37 BAT-O enthaltenen – Regeln über den Krankengeldzuschuß bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und der Rehabilitation folgt kein Anrechnungsverbot. Sie lauten:

        “(…)

        (4) Der Krankengeldzuschuß wird bei einer Beschäftigungszeit (§ 19 – ohne die nach Nr. 3 der Übergangsvorschriften zu § 19 berücksichtigten Zeiten)

        von mehr als einem Jahr

        längstens bis zur Dauer der 13. Woche,

        von mehr als drei Jahren

        längstens bis zum Ende der 26. Woche,

        seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit, jedoch nicht über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus, gezahlt.

        (…)

        In den Fällen des Absatzes 1 Unterabs. 2 wird die Zeit der Maßnahme bis zu höchstens zwei Wochen nicht auf die Fristen des Unterabsatzes 1 angerechnet.

        (…)”

        § 37 Abs. 4 BAT-O regelt die Höchstdauer des Krankengeldzuschußes und begründet den Anspruch für Beschäftigungszeiten von mehr als einem Jahr. Unterabs. 3 der genannten Vorschrift nimmt Zeiten einer Maßnahme nach § 37 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT-O – also Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation – von der Anrechnung auf diese Fristen aus, wobei längstens zwei Wochen anrechnungsfrei bleiben. Im Ergebnis verlängert sich damit die Höchstdauer des Krankengeldzuschußes für die berechtigten Angestellten um maximal zwei Wochen, wenn in die Zeit des Krankengeldbezuges eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation fällt. Auch darin liegt keine Regelung der Anrechnung von Kuraufenthalten auf den Erholungsurlaub.

      • Ein Anrechnungsverbot ergibt sich schließlich nicht aus § 47 Abs. 6 Unterabs. 2 BAT-O. Die Vorschrift lautet:

        “Erkrankt der Angestellte während des Urlaubs und zeigt er dies unverzüglich an, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Krankheitstage, an denen der Angestellte arbeitsunfähig war, auf den Urlaub nicht angerechnet; § 37a Abs. 1 gilt entsprechend.”

        Diese Vorschrift betrifft nur eine Arbeitsunfähigkeit iSd. gesetzlichen Entgeltfortzahlungsrechts, nicht jedoch die Teilnahme an einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation. Das folgt aus der Verweisung auf § 37a Abs. 1 BAT-O. Diese Bestimmung regelt die Anzeigepflichten des Angestellten nur bei Krankheit, wohingegen die Anzeigepflichten bei der Teilnahme an einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation in § 37a Abs. 2 BAT-O geregelt sind. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß § 37 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT-O Zeiten der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gleichstellt. Diese Gleichstellung bezieht sich nur auf Unterabs. 1 dieser Vorschrift und damit auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, nicht jedoch auf die Urlaubsanrechnung.

  • Die Anrechnung war nicht nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 des § 10 BUrlG idF ArbBeschFG ausgeschlossen. Danach war eine Anrechnung nicht zulässig, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig nach § 3 EFZG war. Diese Bestimmung wurde nicht etwa deshalb anwendbar, weil § 37 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT-O die Teilnahme an einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation einer Arbeitsunfähigkeit gleichstellt. Die gesetzliche Regelung nahm ausdrücklich den gesetzlichen Begriff der Arbeitsunfähigkeit in Bezug und war damit von tariflichen Definitionen der Arbeitsunfähigkeit unabhängig. Zudem definiert die tarifliche Vorschrift auch ausdrücklich nur den Begriff der Arbeitsunfähigkeit iSv. Unterabs. 1 des § 37 Abs. 1 BAT-O. Sie hat demnach für die Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers nach § 10 BUrlG idF ArbBeschFG keine Auswirkungen (aA Rzadkowski PersR 1997, 432, 433, 434).

    Im übrigen haben die Parteien keine unterschiedlichen Auffassungen darüber, daß Voraussetzungen einer Anrechnung nach § 10 BUrlG idF ArbBeschFG vorlagen.

  • Die Beklagte hat auch von ihrer Berechtigung zur Anrechnung zulässig Gebrauch gemacht. Sie hat gegenüber dem Kläger die Anrechnung erklärt. Diese Erklärung hat nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BUrlG idF ArbBeschFG bewirkt, daß die jeweils ersten zwei Tage der dreiwöchigen medizinischen Rehabilitation als Urlaubstage gelten. Dabei ist unerheblich, daß die Beklagte ihre Anrechnungserklärung erst abgegeben hat, nachdem der Kläger die Rehabilitationsmaßnahme bereits angetreten hatte.

    Das ist mit der Rechtsprechung des Senats zur rückwirkenden Freistellung vereinbar. Der Senat vertritt zwar die Auffassung, ein Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer für die Dauer einer nicht von einem Sozialversicherungsträger angeordneten Kurmaßnahme Urlaub iSv. § 7 Abs. 1 BUrlG erteilen wolle, müsse den Urlaub vor Kurantritt gewähren (1. Oktober 1991 – 9 AZR 290/90 – BAGE 68, 309 mwN). Für die Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers nach § 10 Abs. 1 BUrlG idF ArbBeschFG gilt das aber nicht.

    Im Unterschied zur Freistellungserklärung bewirkte eine Anrechnungserklärung iSv. § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG idF ArbBeschFG nicht, daß der Arbeitnehmer für die jeweils ersten zwei Tage der Woche einer Rehabilitationsmaßnahme von seiner Arbeitspflicht befreit wurde. Dem Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubs und zugleich Schuldner der Entgeltfortzahlung wurde vielmehr eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt. Das Gesetz berechtigte ihn, Tage der Arbeitsverhinderung, für die er an sich Entgeltfortzahlung nach § 9 Abs. 1 iVm. § 3 Abs. 1 EFZG schuldete, auf den Urlaubsanspruch erfüllungshalber anzurechnen (Leinemann BB 1996, 1381). Zur Anrechnung war deshalb lediglich eine hierauf gerichtete Erklärung über die Inanspruchnahme der gesetzlichen Berechtigung erforderlich. Diese Erklärung war keine Urlaubserteilung nach § 7 Abs. 1 BUrlG. An den so angerechneten Tagen wurde der Arbeitnehmer nicht zum Erholungsurlaub freigestellt. Die angerechneten Tage “galten” nur als Urlaubstage. Der Arbeitnehmer war bereits kraft Gesetzes, nämlich “infolge einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation … an seiner Arbeitsleistung verhindert”.

    Dieses Ergebnis wird im Umkehrschluß durch die Regelung des § 4a Abs. 1 Satz 1 EFZG in der Fassung des BeschFG 1996 bestätigt (vgl. ErfK/Dörner 1. Aufl. § 10 BUrlG Rn. 11). Danach konnte der Arbeitnehmer bis zum dritten Arbeitstag nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit sein Wahlrecht ausüben und zur Vermeidung einer auf 80 % des Entgelts abgesenkten Fortzahlung die Anrechnung von Urlaub verlangen. Dagegen enthielt § 10 Abs. 1 BUrlG für die Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers keine entsprechende zeitliche Begrenzung.

 

Unterschriften

Düwell, Linsenmaier, Zwanziger

 

Fundstellen

Haufe-Index 798384

NZA 2003, 176

EzA-SD 2002, 5

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