Rz. 63

Die Unwirksamkeit der Kündigung wegen einer unterlassenen oder fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats muss innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht werden. Es gilt jedoch auch hier § 6 KSchG, der, wenn rechtzeitig Klage erhoben wurde, auch eine nachträgliche Berufung auf die fehlende Betriebsratsanhörung als Unwirksamkeitsgrund ermöglicht.

 

Rz. 64

Der Verzicht des Arbeitnehmers auf die Einhaltung des Anhörungsverfahrens berührt nicht die Unwirksamkeit der Kündigung.[1] Nur wenn der gekündigte Arbeitnehmer den Arbeitgeber nach Bekanntwerden der Kündigungsabsicht ausdrücklich gebeten hat, den Betriebsrat nicht zu beteiligen, kann ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegen, wenn er sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung beruft.[2] Ansonsten muss selbst bei einer mit dem Arbeitnehmer vereinbarten Kündigung der Betriebsrat gehört werden.[3]

 
Hinweis

Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsrechtsstreit die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Beteiligung bzw. dafür, dass ausnahmsweise eine Anhörung unterbleiben durfte.[4]

Der Arbeitnehmer kann die Behauptung der Betriebsratsanhörung auch mit Nichtwissen bestreiten. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Umstände der Anhörung vorgetragen hat. Der Arbeitnehmer muss jedoch dann soweit substanziieren, dass für das Gericht erkennbar wird, über welche Behauptungen Beweis erhoben werden soll oder er muss deutlich machen, er bestreite mangels eigener Wahrnehmungen den gesamten Sachvortrag der Beklagten zur Betriebsratsanhörung.[5]

 

Rz. 65

Stützt der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung nur auf die mangelnde Anhörung, so stehen ihm nicht die Rechte aus dem Kündigungsschutzgesetz zu; er kann insbesondere nicht den Auflösungsantrag nach § 9 KSchG stellen.[6] Beruht die Unwirksamkeit der Kündigung hingegen nicht nur auf der fehlenden Betriebsratsanhörung, so kann zwar der Arbeitnehmer, nicht aber der Arbeitgeber den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG stellen, da die Lösungsmöglichkeit für ihn eine Vergünstigung darstellt, die nur bei bloßer Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Kündigung, nicht aber bei einer auf sonstigen Gründen beruhenden Nichtigkeit der Kündigung besteht.[7]

[1] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 43, 142.
[2] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 142 m. w. N.
[3] BAG, Beschluss v. 28.6.2005, 1 ABR 25/04, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 146.
[4] BAG, Urteil v. 19.8.1975, 1 AZR 613/74, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 5; NZA 2008, 1314; BAG, Urteil v. 7.11.1975, 1 AZR 74/74, AP BetrVG 1972 § 130 Nr. 1; BAG, Urteil v. 16.3.2000, 2 AZR 138/99, AP LPVG Sachsen-Anhalt § 68 Nr. 1; BAG, Urteil v. 26.5.1977, 2 AZR 135/76, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 13.
[6] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 144 m. w. N.
[7] BAG, Urteil v. 9.10.1979, 6 AZR 1059/77, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 4; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 146; Stege/Weinspach/Schiefer, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 40; KR/Rinck, § 102 BetrVG Rz. 282.

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