Rz. 65

Hat eine Arbeitnehmerin trotz fortbestehendem Arbeitsverhältnis seit der Schutzfrist/Geburt des letzten Kindes nicht mehr gearbeitet (z. B. wegen unbezahltem Urlaub oder Erziehungsgeld bzw. Elternzeit), und hat sie wegen der Schutzfrist aufgrund der erneuten Schwangerschaft einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld (vgl. Rz. 51 bis 56), wird das Mutterschaftsgeld aus dem Nettoarbeitsentgelt der letzten 3 abgerechneten (meist weit in der Vergangenheit liegenden) Entgeltabrechnungsmonate berechnet.

 
Praxis-Beispiel

Eine Frau steht seit 10 Jahren in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis und ist deshalb Mitglied einer Krankenkasse

Geburt des ersten Kindes am 3.5.2019.

Schutzfrist und Mutterschaftsgeldbezug vom 22.3. bis 28.6.2019,

anschließend Elternzeit vom 29.6.2019 bis 12.3.2022 (die Frau hat die Elternzeit, die ursprünglich bis zum 2.5.2022 geplant war, gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 BEEG durch einseitige Willenserklärung vorzeitig beendet).

Schutzfrist und Mutterschaftsgeldbezug wegen des zweiten Kindes: ab 13.3.2022.

Der Arbeitgeber nimmt die Entgeltabrechnung immer am letzten Tag eines Monats für den gerade ablaufenden Monat vor.

Lösung:

Die Frau hat seit dem Beginn der Schutzfrist wegen des ersten Kindes nicht mehr gearbeitet. Das Mutterschaftsgeld wegen des zweiten Kindes errechnet sich aus dem Nettoarbeitsentgelt der Monate Januar bis März 2019 (= die letzten 3 abgerechnete Kalendermonate vor Beginn der jetzigen Schutzfrist). Dass der Kalendermonat März 2019 wegen der damals eingetretenen Schutzfrist nicht voll mit Arbeitsentgelt belegt ist, spielt hinsichtlich der Bestimmung des Bemessungszeitraums keine Rolle.

Das Mutterschaftsgeld und der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld verändern sich allerdings in ihrer Höhe, wenn sich inzwischen das Nettoarbeitsentgelt der Frau durch Tarifvereinbarungen, Steuerklassenänderung, Höhergruppierung etc. verändert hat. Zwischenzeitlich eingetretene Faktoren, die das Nettoarbeitsentgelt unabhängig von der Schutzfrist beeinflusst hätten, fließen deshalb in die Berechnung des Mutterschaftsgeldes und des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld ein (Gegenwartsprinzip; § 24i Abs. 2 Satz 3 SGB V i. V. m. § 21 Abs. 4 MuSchG). Einzelheiten und Hintergründe ergeben sich aus der Kommentierung zu Rz. 74 ff. und Rz. 114 f.

 
Praxis-Beispiel

Bei der Arbeitnehmerin im letzten Beispiel wurde der Berechnung des Mutterschaftsgeldes das Nettoarbeitsentgelt aus den Kalendermonaten Januar bis März 2019 zugrunde gelegt.

Während der Elternzeit hatte die Arbeitnehmerin ihre Lohnsteuerklasse von 3 auf 5 geändert. Dadurch hätte sie jetzt (Schutzfrist wegen des "zweiten" Kindes) ein um 385,00 EUR monatlich geringeres Nettoarbeitsentgelt erzielt. Außerdem hat sich ihr Arbeitsentgelt aufgrund tarifvertraglicher Regelungen seit März 2019 um 7,2 % erhöht.

Lösung:

Die Auswirkungen sowohl der Steuerklassenänderung als auch die der tarifvertraglichen Erhöhung des Arbeitsentgelts sind bei der Berechnung des Mutterschaftsgeldes, das wegen des "zweiten" Kindes beansprucht werden kann, zu berücksichtigen.

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