Arbeitgeber müssen die Schwerbehindertenvertretung und den Betriebs- oder Personalrat über Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen und die Vermittlungsvorschläge der Bundesagentur für Arbeit oder eines Integrationsfachdienstes unmittelbar nach Eingang unterrichten.[1]"Unmittelbar nach Eingang" bedeutet, dass die Unterrichtung umgehend bzw. sofort zu erfolgen hat. Die Pflicht zur Unterrichtung entsteht demzufolge mit dem Moment, in dem der Arbeitgeber erkennt bzw. erkennen muss, dass es sich um einen schwerbehinderten oder gleichgestellten Bewerber handelt. Nicht "unmittelbar nach Eingang" erfolgt die Unterrichtung demnach, wenn eingegangene Bewerbungen bzw. Vermittlungsvorschläge zunächst gesammelt werden und erst später in gebündelter Form eine Unterrichtung stattfindet. Unter "Unterrichtung" ist mehr als nur das Einräumen eines Zugangs zu Bewerbungsunterlagen zu verstehen. Vielmehr ist eine gezielte Unterrichtung unter Hinweis auf die Schwerbehinderung des einzelnen Bewerbers notwendig.[2]

Gemäß § 165 Satz 2 SGB IX müssen öffentliche Arbeitgeber schwerbehinderte Menschen, die sich bei ihnen um einen Arbeitsplatz bewerben, zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Während die Einladungspflicht nach § 82 Satz 2 SGB IX a. F. auch bei einer (ausschließlich) internen Stellenausschreibung galt, besteht sie nach der Neuregelung des § 165 Satz 2 SGB IX für rein interne Stellenbesetzungsverfahren nicht (mehr).[3]

Nach § 165 Satz 1 SGB IX besteht die Pflicht zur Meldung eines zu besetzenden Arbeitsplatzes nur, wenn sich der Arbeitgeber zuvor gegen eine interne Besetzung entschieden hat. Ist das geschehen, entfällt sowohl die Meldepflicht als auch die Einladungspflicht des § 165 Satz 3 SGB IX, da sie nur für einen "solchen" Arbeitsplatz gilt. Ein solcher Arbeitsplatz ist nur derjenige, der nach § 165 Satz 1 SGB IX der Meldepflicht unterliegt, für den also keine lediglich interne Besetzung vorgesehen ist.

Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.

Sind etwa zeitgleich mehrere Stellen mit identischem Anforderungsprofil zu besetzen und führt dieselbe für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständige Dienststelle des öffentlichen Arbeitgebers für die Stellen ein identisch ausgestaltetes Auswahlverfahren nach identischen Kriterien durch, reicht es aus, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch für eine der zu besetzenden Stellen einzuladen, auf die dieser sich beworben hat.[4]

Allein die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch begründet nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die Vermutung, dass der Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden ist und dadurch benachteiligt wurde.[5] Zur Widerlegung der auf den Verstoß gegen § 165 Satz 2 SGB IX gestützten Kausalitätsvermutung reicht nicht aus, wenn der öffentliche Arbeitgeber Tatsachen vorträgt und beweist, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere Gründe als die Behinderung für die Benachteiligung des Bewerbers ausschlaggebend waren, sondern es muss auch hinzukommen, dass diese Gründe nicht die fachliche Eignung des Bewerbers betreffen.[6]

Eine tatsächliche Kenntnisnahme des Arbeitgebers oder der bei ihm für Bewerbungen zuständigen Entscheidungsträger von einer zugegangenen Bewerbung ist für die Erfüllung des Bewerberbegriffs[7] nicht notwendig. Der Einwand, eine Bewerbung sei nicht in den Geschäftsgang gelangt, ist nur erheblich, wenn der öffentliche Arbeitgeber vorträgt und nachweist, warum ihm trotz Zugang der Bewerbung ausnahmsweise eine tatsächliche Kenntnisnahme nicht möglich war.[8] Eignungstests sind regelmäßig Bestandteil des Auswahlverfahrens. Einstellungsbewerber, die dem Anforderungsprofil entsprechen, werden vom öffentlichen Arbeitgeber benachteiligt, wenn sie nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, weil sie einen Eignungstest nicht bestanden haben.[9] Die Einladungspflicht entfällt selbst dann nicht, wenn die fachliche Eignung zweifelhaft ist.[10]

Für nicht öffentliche Arbeitgeber besteht zwar keine – mit § 165 SGB IX oder Art. 33 GG vergleichbare – gesetzliche Pflicht, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, aber auch private Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Bewerber nicht wegen der Behinderung benachteiligen.[11]

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