Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Rechtsunkenntnis bzw Rechtsfolgenirrtum. grobe Fahrlässigkeit. Prüfung der besonderen Härte. Verkürzung der Dauer der Sperrzeit. unverschuldeter Rechtsirrtum. fehlende Erkundigungen bei der BA über die Rechtsfolgen. Aufgabe des selbst gesuchten Beschäftigungsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Rechtsunkenntnis und damit der Irrtum über die arbeitsversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages lässt den Verschuldensvorwurf im Sinne von § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III nicht entfallen, sondern ist lediglich im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Härtefall im Sinne von § 159 Abs 3 Satz 2 Nr 2 Buchst b SGB III gegeben ist, zur prüfen.

2. Es geht zu Lasten des Arbeitnehmers, wenn er nach Kenntnis der Hinweise im Aufhebungsvertrages und vor Unterzeichnung des Vertrages keine Erkundigungen hinsichtlich möglicher arbeitsversicherungsrechtlicher Konsequenzen der Beschäftigungsaufgabe bei der Agentur für Arbeit eingeholt hat.

3. Der Umstand, dass sich ein Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverhältnis selbst gesucht hat, stellt für sich keinen wichtigen Grund für eine Beschäftigungsaufgabe dar.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 13. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts, mit dem ihr Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist. In der Sache wendet sie sich gegen einen Sperrzeitbescheid und begehrt für die zwölfwöchige Dauer der Sperrzeit die Zahlung von Arbeitslosengeld.

Die 1993 geborene Antragstellerin absolvierte von April 2013 bis September 2016 ein Soziologiestudium und von Oktober 2016 bis September 2017 ein Studium der Politikwissenschaften. Vom 1. September 2017 bis zum 28. Februar 2018 leistete sie einen Freiwilligendienst beim Diakonischen Werk A.... e. V. und vom 1. März 2018 bis zum 15. November 2020 war sie beim Diakonischen Werk Innere Mission A.... e. V. als Lernbetreuerin beschäftigt. Seit dem 1. Oktober 2019 nimmt sie an einem vierjährigen berufsbegleitenden Fernstudium im Studiengang "Soziale Arbeit" teil.

Am 2. November 2020 schloss die Antragstellerin einen Aufhebungsvertrag zum Ablauf des 15. November 2020. In § 2 (Hinweise) des Vertrages ist neben dem Hinweis auf die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitslosmeldung auch geregelt:

"Die Mitarbeiterin wurde darauf hingewiesen, dass sich aus dem Aufhebungsvertrag weitere arbeits-, steuer- sowie sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen ergeben können. Insbesondere kann die Unterzeichnung dieses Vertrages zu einer Sperrfrist beim Bezug von Arbeitslosengeld führen.

Abschließende verbindliche Auskünfte zu arbeits-, steuer- sowie sozialversicherungsrechtlichen Fragen hierzu erteilen die Agentur für Arbeit und das Finanzamt."

Die Antragstellerin meldete sich ausweislich eines Computervermerks vom 4. November 2020 am 3. November 2020 mit Wirkung zum 16. November 2020 arbeitsuchend. Den Antrag, in dem sie unter anderem angab, dass ab 1. Dezember 2020 ein Job in Aussicht stehe, stellte sie online. Am Ende des Antragsformulars bestätigte sie, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Im "Fragebogen bei eigener Kündigung oder Aufhebungsvertrag" gab die Antragstellerin auf die Frage nach den Gründen, aus denen sie das Beschäftigungsverhältnis beendet habe, an, dass die Arbeitsbedingungen nicht mehr ihren Vorstellungen entsprochen hätten und psychisch belastend empfunden worden seien. Außerdem habe sie auf Grund des berufsbegleitenden Studiums den Wunsch nach Weiterentwicklung gehabt. Auf die Frage, ob sie versucht habe, diese Gründe zu beseitigen, gab die Antragstellerin an, dass sie am 13. März 2020 ein Gespräch mit der Personalleitung geführt habe. Sie habe auch nach neuen Stellen gesucht. Die Frage, ob es möglich gewesen wäre, das Beschäftigungsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt zu beenden, bejahte die Antragstellerin. Das Beschäftigungsverhältnis sei allerdings frühzeitig beendet worden, damit eine neue Stelle, die in Aussicht gestanden habe, habe angetreten werden können.

Ausweislich des Computervermerks vom 4. November 2020 über ein Telefongespräch mit der Antragstellerin wurde diese darauf hingewiesen, dass gegebenenfalls eine Sperrzeitprüfung erfolgen werde und dass während der Dauer der möglichen Sperrzeit Leistungen vorerst nicht gezahlt würden. Zur Verfügbarkeit ist vermerkt: "Die Kundin stellt sich dem Arbeitsmarkt in Teilzeit mit 30 Stunden/Woche zur Verfügung".

Die Antragsgegnerin erließ unter dem 10. Dezember 2020 zwei Bescheide. Mit dem einen stellte sie den Eintritt einer Sperrzeit vom 16. November 2020 bis zum 7. Februar 2021 fest. Wichtige Gründe für die ...

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