vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 1/22)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung des Grundlohns bei Bereitschaftsdiensten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist ein Bereitschaftsdienst am Arbeitsplatz abzuleisten, ist die gesamte Dauer des abgeleisteten Bereitschaftsdienstes als tatsächlich geleistete Arbeit im Sinne des § 3b Abs. 1 EStG zu werten, selbst wenn die Bereitschaftsdienstzeit aufgrund von zwischen den Vertragsparteien getroffenen Regelungen nicht vollumfänglich als Arbeitszeit bewertet wird.
  2. Der Grundlohn nach § 3b Abs. 2 S. 1 EStG bemisst sich in diesem Fall nach dem regulären, vertraglich vereinbarten - auf eine Stunde umgerechneten - Arbeitslohn und nicht nach dem geringeren Stundenlohn, der sich aus der Umrechnung des regulären Stundenlohns auf die tatsächlich als Arbeitszeit vergütete Bereitschaftsdienstzeit ergibt.
 

Normenkette

EStG § 3b

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Grenze der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit (SFN-Zuschläge) nach § 3b Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin betreibt eine Förderschule mit angeschlossenem Internat für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen. Die in Wohngruppen lebenden Kinder und Jugendlichen wurden von dem Betreuungspersonal ganztägig betreut. Die Betreuerinnen und Betreuer verbrachten auch die Nacht in den jeweiligen Wohngruppen.

Die Zeit der nächtlichen Beaufsichtigung wurde gemäß den arbeitsvertraglichen Regelungen, den „Vorschriften des allgemeinen Teils für Arbeitsverträge xxx” (AVR) mit den in der Anlage yy der AVR getroffenen „Besonderen Regelungen für Mitarbeiter im xxx-dienst” als Bereitschaftsdienst behandelt.

Gemäß den AVR und den diese ergänzenden Anlagen setzten sich die regelmäßigen monatlichen Dienstbezüge aus der monatlichen Regelvergütung, der Kinderzulage und den sonstigen Zulagen zusammen. Soweit ein Stundenlohn für die Dienstbezüge zu ermitteln war, waren die Dienstbezüge des (vollbeschäftigten) Mitarbeiters durch das 4,348-fache der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des entsprechenden vollbeschäftigten Mitarbeiters zu teilen.

Die wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit betrug bei Vollzeitbeschäftigung durchschnittlich 39 Stunden. Die Beschäftigten waren im Rahmen begründeter dienstlicher oder betrieblicher Notwendigkeiten u. a. zur Leistung von Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet. In § 4 der Anlage yy AVR waren die verschiedenen besonderen Arbeitsformen beschrieben und voneinander abgegrenzt.

§ 4 Sonderformen der Arbeit

(1) Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan/Dienstplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen der Mitarbeiter längstens nach Ablauf eines Monats erneut zu mindestens 2 Nachtschichten herangezogen wird. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens 2 Stunden Nachtarbeit umfassen.

(2) Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens 2 Stunden in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht, und die innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird.

(3) Bereitschaftsdienst leisten Mitarbeiter, die sich auf Anordnung des Dienstgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Dienstgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.

(4) Rufbereitschaft leisten Mitarbeiter, die sich auf Anordnung des Dienstgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Dienstgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. …

(5) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.

…”

Nach § 5 Abs. 1 der Anlage yy AVR durfte Bereitschaftsdienst nur angeordnet werden, wenn zu erwarten war, „dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt”. Voraussetzung für die Anordnung von Rufbereitschaft war dagegen nach § 5 Abs. 7 der Anlage yy AVR, dass „erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt”.

Nach § 6 Abs. 1 der Anlage yy AVR erhielt der Mitarbeiter für den Bereitschaftsdienst neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung einen Zeitzuschlag, der für Nachtarbeit 20 v. H. je Stunde des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe x der höchsten Entgeltgruppe betrug.

Für die Rufbereitschaft wurde nach § 6 Abs. 3 der Anlage yy AVR eine tägliche Pauschale je Entgeltgruppe bezahlt und bei der Bewertung als Arbeitsleistung neben der Dauer der Rufbereitschaft auch danach unterschieden, ob die Arbeitsleistung außerhalb des Arbeitsortes oder am Arbeitsort erbracht wurde.

Gemäß § 7 der Anlage yy AVR wurde die Bereitschaftsdienstzeit wie folgt als Arbeitszeit bewertet:

§ 7 Bereitsc...

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