Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsanspruch. zusätzliche Urlaubsvergütung (Urlaubsgeld). Sonderzahlung. Betriebsübergang im Insolvenzverfahren. insolvenzrechtliche Einschränkung der Haftung des Betriebserwerbers

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz gehen auch die Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer auf den Betriebserwerber über. Eine Einschränkung der Haftung findet insoweit nicht statt.

Es besteht Akzessorietät zwischen der zusätzlichen Urlaubsvergütung nach § 14 Ziff. 1 MTV Metall NRW und dem tariflichen Anspruch auf Urlaub und Urlaubsvergütung.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 613a Abs. 1; InsO § 108 Abs. 1; TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen 2 Ca 1995/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 18.12.2003 – 2 Ca 1995/03 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des für 2003 zu zahlenden zusätzlichen Urlaubsgeldes.

Der am 05.02.1959 geborene Kläger trat am 05.08.1985 in den Betrieb der Firma E3xxx D2xxxx GmbH & Co. KG in L1xxxxxxx ein. Die Firma E3xxx D2xxxx GmbH & Co. KG war Mitglied des Arbeitgeberverbandes und wandte in ihrem Betrieb den Manteltarifvertrag für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens, zuletzt in der Fassung vom 24.08./11.09.2001 (im Folgenden: MTV) auf alle Arbeitnehmer an. Der Kläger ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.

In dem Manteltarifvertrag ist u.a. Folgendes geregelt:

§ 14

1. Bei der Berechnung der Urlaubsvergütung sind zugrunde zu legen bei

  1. gewerblichen Beschäftigten

    das regelmäßige Arbeitsentgelt (Berechnung siehe § 16 Nr. 1 a) und eine zusätzliche Urlaubsvergütung von 50 % des regelmäßigen Arbeitsentgelts (Berechnung siehe § 16 Nr. 1 a);

  2. Angestellten

    das regelmäßige Arbeitsentgelt (Berechnung siehe § 16 Nr. 1 b) und eine zusätzliche Urlaubsvergütung, die je Urlaubstag 2,4 % (50 % von 1/20,83) des regelmäßigen Arbeitsentgelts ausmacht;

  3. (…)

2. Die Urlaubsvergütung ist auf Wunsch des/der Beschäftigten/Auszubildenden vor Antritt des Urlaubs zu zahlen, sofern der Urlaub mindestens zwei Wochen umfasst. Statt der Urlaubsvergütung kann ein entsprechender Abschlag geleistet werden. (…)

3. Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann festgelegt werden, dass die zusätzliche Urlaubsvergütung für das gesamte Urlaubsjahr spätestens mit der Abrechnung für den Monat Juni, bei Eintritt im Laufe des Urlaubsjahres mit der Abrechnung für den Monat Dezember ausgezahlt wird. Steht dem/der Beschäftigten/Auszubildenden bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis ein anteiliger Urlaubsanspruch zu, kann die zu viel gezahlte zusätzliche Urlaubsvergütung zurückgefordert werden.

In dem Betrieb der Firma E3xxx D2xxxx GmbH & Co. KG war es üblich, die zusätzliche tarifliche Urlaubsvergütung in einer Summe am 30.06. eines Jahres auszuzahlen.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 01.05.2003 – 84 IN 31/03 – wurde über das Vermögen der Firma E3xxx D2xxxx GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt H1xxxxxx B1xxx aus G2xxxx ernannt.

Die Beklagte erwarb am 15.05.2003 den Betrieb der Firma E3xxx D2xxxx GmbH & Co. KG vom Insolvenzverwalter, wobei vereinbart wurde, dass im Verhältnis des Insolvenzverwalters zur Beklagten der Insolvenzverwalter so gestellt wird, als wäre der Betriebsübergang am 01.05.2003 erfolgt.

Mit der Vergütung für Juni 2003 zahlte die Beklagte am 30.06.2003 lediglich 50 % der tariflichen zusätzlichen Urlaubsvergütung, nämlich einen Betrag in rechnerisch unstreitiger Höhe von 828,31 EUR brutto, an den Kläger aus.

Zuvor hatte der Kläger im Insolvenzgeldzeitraum 1,5 Urlaubstage gewährt erhalten. Das auf diese Tage entfallende zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld wurde im Rahmen der Insolvenzgeldzahlung mit 82,83 EUR berücksichtigt.

Nachdem die Beklagte die Zahlung des restlichen zusätzlichen Urlaubsgeldes abgelehnt hatte, hat der Kläger den Anspruch am 06.10.2003 mit der vorliegenden Klage gerichtlich geltend gemacht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Zahlung der gesamten zusätzlichen Urlaubsvergütung für das Jahr 2003 verpflichtet, soweit diese noch nicht erfüllt worden sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 745,48 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz seit dem 30.06.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei nur für den Zeitraum ab Betriebsübernahme anteilig zur Zahlung der tariflichen zusätzlichen Urlaubsvergütung verpflichtet.

Es sei zu berücksichtigen, dass sie als Betriebsübernehmerin nicht für Altschulden der Insolvenzschuldnerin einzustehen habe. Aus § 14 MTV ergebe sich, dass die zusätzliche Urlaubsvergütung keine Sonderzuwendung für die Betriebstreue darstelle. Es handele sich um eine echte Entgeltzahlung. Es fehle insbesondere eine...

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