Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsfreie Fortführung einer Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung während der Elternzeit

 

Orientierungssatz

1. Die Mitgliedschaft eines zur Krankenversicherung Versicherungspflichtigen bleibt bei einer unmittelbar daran anschließenden Inanspruchnahme einer Elternzeit nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB 5 erhalten. Während der anschließenden Elternzeit ist der Elternteil beitragsfrei pflichtversichert.

2. Die gesetzliche Regelung stellt ausschließlich darauf ab, ob der Inanspruchnahme von Elternzeit ein Versicherungspflichttatbestand vorausgegangen ist. Ob in der vorausgegangenen Kette von Versicherungsereignissen eine freiwillige Krankenversicherung bestand, ist unbeachtlich. Die Krankenversicherung ist verpflichtet, die Pflichtmitgliedschaft mit dem Beginn der Elternzeit weiterzuführen, wobei mangels beitragspflichtiger Einnahmen Beitragsfreiheit besteht.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts wie folgt gefasst wird:

Der Bescheid vom 2. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2005 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis 24. August 2005 bei der Beklagten beitragsfrei pflichtversichert war.

Die Beklagte hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die beitragsfreie Fortführung einer Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung während der Elternzeit.

Die bei der X. Krankenversicherungs AG abhängig beschäftigte Klägerin gebar am xx. August 2003 ein Kind. Ab dem 1. September 2003 war sie bei der Beklagten wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze freiwillig krankenversichert. Ihr Ehemann ist privat krankenversichert.

Ab dem 1. November 2003 nahm die Klägerin Elternzeit in Anspruch. Am selben Tag nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung bei ihrem Schwager auf. Die Beklagte hat mit Bescheiden vom 25./28. Februar 2005 festgestellt, dass die Klägerin in dieser Beschäftigung versicherungspflichtig gewesen ist. Zum 30. November 2004 beendete die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis und befand sich ab dem 1. Dezember 2004 ausschließlich in Elternzeit. Am 25. August 2005 nahm sie ihre Beschäftigung bei der X. Krankenversicherungs AG wieder auf.

Das Begehren der Klägerin, ihr für die Elternzeit ab dem 1. Dezember 2004 bis 24. August 2005 ein beitragsfreies Versicherungsverhältnis zu bestätigen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Mai 2005 ab. Zwar bleibe bei versicherungspflichtigen Arbeitnehmern für die Dauer der Inanspruchnahme von Elternzeit die Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - beitragsfrei bestehen. Die Klägerin sei jedoch nicht im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in die Elternzeit gewechselt. Ab Beginn der Elternzeit sei die Klägerin dem Personenkreis der "sonstig freiwillig Versicherten" zuzuordnen und habe als solche auch während der Elternzeit Beiträge zu zahlen. Das Beschäftigungsverhältnis bei ihrem Schwager habe die freiwillige Mitgliedschaft nicht beendet, sondern lediglich verdrängt. Somit sei die freiwillige Versicherung zum 1. Dezember 2004 wieder aufgelebt mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt Beiträge zu zahlen seien. Den Widerspruch der Klägerin vom 11. Mai 2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 zurück.

Die Klägerin hat am 29. Dezember 2005 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 8. November 2006 die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis 24. August 2005 als versicherungspflichtiges Mitglied beitragsfrei zu versichern. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bestimme, dass die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten bleibe, solange Anspruch auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld bestehe oder eine dieser Leistungen oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen werde. Die Vorschrift setze, damit von einem "Erhaltenbleiben" gesprochen werden könne, voraus, dass die Versicherungspflicht an sich enden würde. Die Klägerin sei in der Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit, wie von der Beklagten bestandskräftig festgestellt, bis zum 30. November 2004 versicherungspflichtig gewesen. Die an sich an diesem Tag endende Versicherungspflicht sei demnach durch die anschließende Elternzeit nach dem Wortlaut des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten geblieben. Der Gesetzeszweck erlaube keine einschränkende Auslegung. Die Regelung habe ihren Grund hinsichtlich der Inanspruchnahme von Elternzeit oder Erziehungsgeld darin, dass die Weiterführung oder der Erwerb einer Mitgliedschaft, insbesondere durch Fortführung oder Aufnahme einer anhängigen Beschäftigung, infolge der Kindererziehung auf Schwierigkeiten stoße. Dass dieser Normzweck einer Fo...

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