Entscheidungsstichwort (Thema)

Rehabilitationsrecht. Rentenversicherung. Haushaltshilfe für die Zeit einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Aufteilung der Haushaltsarbeit zwischen Eheleuten. Zumutbarkeit der Übernahme der anteiligen Haushaltstätigkeit durch Haushaltsangehörige. hochschwangere Ehefrau. kein Verweis auf eigenen Anspruch der Ehefrau auf eine Haushaltshilfe. Sachleistungsanspruch. Anspruch auf Kostenerstattung. Selbstbeschaffung einer unaufschiebbaren Leistung. vereinbarter Stundensatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Selbst geführt ist ein Haushalt, wenn mehrere Haushaltsangehörige die Haushaltsführung unter sich aufgeteilt haben und die Funktionsfähigkeit der konkreten Haushaltsorganisation durch den Ausfall des Rehabilitanden in Frage gestellt ist.

2. Der Ausfall des Ehepartners des Rehabilitanden bei der Weiterführung des Haushalts begründet nicht lediglich einen möglichen eigenen Anspruch, denn es geht nicht um die Kompensation eines Ausfalls des Ehepartners bei der Erledigung der Haushaltstätigkeiten, sondern eine Übernahme der Tätigkeiten des Rehabilitanden.

3. Die Gewährung einer Haushaltshilfe stellt eine Sachleistung dar. Da den Rentenversicherungsträgern eigene Kräfte nicht zur Verfügung stehen, ist die Haushaltshilfe stets in Form einer Kostenerstattung für eine vom Rehabilitanden selbstbeschaffte Ersatzkraft zu erbringen.

 

Orientierungssatz

1. Dass der Haushalt ggf durch andere Personen außerhalb des Haushalts (zB Verwandte, Freunde oder Bekannte) weitergeführt werden könnte, ist rechtlich irrelevant.

2. Für die Beschäftigung einer professionellen Haushaltshilfe kann die Vereinbarung eines Stundensatzes von 25,21 Euro angemessen sein.

3. Der Erstattungsanspruch nach § 15 SGB 9 geht nicht weiter als der Sachleistungsanspruch nach § 54 Abs 1 S 1 SGB 9 bzw der Kostenerstattungsanspruch des § 54 Abs 1 S 2 SGB 9 iVm § 38 Abs 4 SGB 5.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. August 2018 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2017 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten für eine Haushaltshilfe während der Dauer der Rehabilitationsmaßnahme vom 15. Mai 2017 bis zum 4. Juli 2017 in Höhe von 2.058,00 Euro zu erstatten.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine Haushaltshilfe während einer stationären Rehabilitationsmaßnahme des Klägers.

Der 1970 geborene Kläger arbeitete vor Durchführung der streitgegenständlichen Rehabilitationsmaßnahme von Montag bis Freitag von 8 Uhr bis 18 Uhr, wobei er an drei Tagen von zu Hause aus arbeiten konnte. Die 1974 geborene Ehefrau arbeitete in Teilzeit von Montag bis Donnerstag von 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr außer freitags. Die Eheleute haben drei 2009, 2013 und 2017 geborene Kinder. Die ersten beiden Kinder wurden in der streitgegenständlichen Zeit in der Schule bzw. dem Kindergarten von 8 Uhr bis 15.30 Uhr betreut. Im Jahr 2017 war die Ehefrau des Klägers erneut schwanger. Der errechnete Entbindungstermin für das dritte Kind war der xx. August 2017.

Auf Antrag des Klägers wurde ihm durch Bescheid der Beklagten vom 25. April 2017 eine fünfwöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Reha-Zentrum D-Stadt bewilligt. Diese dauerte vom 15. Mai 2017 bis 4. Juli 2017. In dem Bescheid vom 25. April 2017 wurde kein Termin für den Beginn der Maßnahme genannt. Der Kläger erhielt am 4. Mai 2017 Nachricht, dass er die Maßnahme am 6. Juni 2017 beginnen könne. Er bat am 5. Mai 2017 wegen der bevorstehenden Geburt seines dritten Kindes, die Maßnahme früher beginnen zu können. Daraufhin bekam er am 10. Mai 2017 die Zusage für den Beginn der Maßnahme am 15. Mai 2017.

Am 12. Mai 2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen der Schwangerschaft seiner Ehefrau die Gewährung einer Haushaltshilfe für die Zeit der stationären Rehabilitationsmaßnahme. Die Beklagte wies darauf hin, dass unklar sei, warum die Frau des Klägers, die in Teilzeit arbeite, sich nicht um die Kinder kümmern könne. Auch erschließe sich der Zeitraum nicht, in dem die Haushaltshilfe tätig sein solle. Der Kläger führte an, seine Frau kümmere sich um die Kinder, aber nicht um den Haushalt. Einkaufen, Kochen, Putzen etc. würden im Regelfall durch ihn erledigt. Der geplante Zeitraum der Tätigkeit der Hilfskraft von 13 Uhr bis 18 Uhr sei u.a. so gewählt, dass die Haushaltshilfe die Kinder von der Schule bzw. vom Kindergarten abholen könne, da seine Frau nicht immer pünktlich das Büro verlassen könne. Der Kläger legte eine Kostenschätzung der E. Beratungs- und Service GmbH vom 17. Mai 2017 über einen Betrag von 3.002,00 Euro für hauswirtschaftliche Dienstleistungen vor.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2017 wurde der Antrag durch die Beklagte abgelehnt. Voraussetzung für die Bewilligung der Kosten eine...

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