Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Erwerbsminderung. Gestörter Altersteilzeitvertrag. Keine Anrechnung eines Wertguthabens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Rentenschädlich sind nicht alle denkbaren, sondern nur die in § 96a SGB VI aufgeführten Einnahmen des Versicherten, zu denen ein nachträglich auf Grund eines Störfalles eines Altersteilzeitvertrages ausgezahltes Wertguthaben nicht gehört.

2. Der (nachträgliche) Zufluss von Einkommen aus einem Arbeitsverhältnis ist jedenfalls dann nicht rentenschädlich, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist oder ruht.

3. So scheidet die Anrechnung nach § 96a SGB VI aus, wenn es sich um Entgelt handelt, das sich als Gegenleistung für bereits vorher erbrachte Arbeitsleistung darstellt und nachträglich zu einem Zeitpunkt zufließt, in dem der Arbeitgeber sein Direktionsrecht nicht mehr ausübt bzw. die Beteiligten (übereinstimmend) davon ausgehen, dass die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten, also der Austausch von Arbeitskraft gegen Entgelt in einem bestimmten Zeitabschnitt, suspendiert sind; in diesem Fall geht es nicht (mehr) um Einkommen "aus einer (aktuell noch ausgeübten) Beschäftigung", sondern der Sache nach um (Nach-)Zahlungen aus dem rechtlich zwar fortbestehenden, aber nicht mehr im Vollzug befindlichen Arbeitsverhältnis.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 15. Dezember 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 7. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2010 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten - für beide Rechtszüge - zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides bezüglich der der Klägerin für November 2009 gezahlten Erwerbsminderungsrente, weil nach Auffassung der Beklagten ein in diesem Monat aus einem sogenannten gestörten Altersteilzeitvertrag ausgezahltes Wertguthaben auf die Rente anzurechnen sei.

Die 1949 geborene Klägerin war vor ihrer Berentung als Reiseverkehrskauffrau bei der D. GmbH tätig (Anstellungsvertrag vom 2. März 1998, Bl. 109 der Gerichtsakte - im Folgenden: GA -). Die Arbeitsvertragsparteien schlossen im Dezember 2003 für die Zeit ab 1. Januar 2005 einen Altersteilzeitvertrag im sogenannten Blockmodell, also mit einer dreijährigen Arbeits- und Ansparphase und einer anschließenden ebenso langen Ruhephase, wobei das durch die Mehrarbeitsstunden während der Ansparphase erarbeitete Arbeitsentgelt einem Wertguthaben gutgeschrieben wird, das dann in der Ruhephase ausgezahlt wird. Wegen der Einzelheiten der geschlossenen Vereinbarung wird auf Bl. 111 ff. GA Bezug genommen.

Die Klägerin erkrankte noch während der dreijährigen Arbeits- und Ansparphase und war ab 3. Februar 2006 durchgehend arbeitsunfähig. Die Beklagte bewilligte ihr - auf Grundlage eines umgedeuteten Antrags auf Leistungen zur Rehabilitation vom 2. Juni 2006 - durch Bescheid vom 7. Februar 2008 (Bl. 125 Verwaltungsakte Band I - im Folgenden: VA I -) zunächst befristet Rente wegen voller Erwerbsminderung (ab 1. September 2006 bis 31. August 2009). Nachdem die Klägerin bereits während des laufenden Antragsverfahrens auf den (gestörten) Altersteilzeitvertrag hingewiesen hatte, gab die D. der Beklagten mit Schreiben vom 15. April 2008 (Bl. 161 VA I) bekannt, durch die bereits abgeleisteten Mehrstunden bestehe ein Wertguthaben von ca. 17.000 Euro. Dieses Wertguthaben sei nach dem sozialversicherungspflichtigen Entstehungsprinzip den Jahren 2005 und 2006 zuzurechnen. Durch die Erkrankung der Klägerin sei die planmäßige Einhaltung des Altersteilzeitvertrags ruhend gestellt, so dass eine Auszahlung des Wertguthabens mit anschließender sozialversicherungspflichtiger Meldung noch nicht habe erfolgen können. Erst nach einer unbefristeten Verrentung könnte ein Störfall der Altersteilzeit festgestellt werden, was zur Auszahlung führe.

Auf Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 25. März 2009 (Bl. 235 Verwaltungsakte Band II - im Folgenden: VA II -) bewilligte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung (seit 1. Juli 2009 mit einem Rentenbetrag von 1.242,44 Euro und einem Zahlbetrag von 1.116,96 Euro) über das bisherige Enddatum hinaus bis Ende August 2012 (Bescheid vom 10. Juni 2009, Bl. 263 VA II); durch weiteren Bescheid vom 22. Juni 2009 (Bl. 38 Gerichtsakte - im Folgenden: GA -) gewährte sie zudem der Klägerin rückwirkend ab 1. Juni 2006 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer, wobei diese in der Zeit ihres Zusammentreffens mit der Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht gezahlt wurde. Auf ihren unter dem 19. Juni 2009 gestellten Antrag (Bl. 285 VA II) schließlich bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 29. Oktober 2009 (Bl. 325 VA II) Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Januar 2010.

Das Wertguthaben aus dem Altersteilzeitvertrag, also das durch die Mehrstunden zwischen Januar 2005 und Februar 2006 erarbeitete Geha...

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