[1] Im Anwendungsbereich des § 188 Abs. 4 SGB V wird – anders als bei der Anwendung des § 9 SGB V – auf die Erfüllung einer Vorversicherungszeit in Anlehnung an § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V verzichtet. Vielmehr ist lediglich eine unmittelbar vorausgehende Zugehörigkeit zur GKV als Versicherungspflichtiger oder Familienversicherter notwendig und ausreichend. Der Verzicht auf die Vorversicherungszeit gilt hierbei nicht nur für Versicherte, die ohne die obligatorische Anschlussversicherung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unterliegen würden, sondern generell für alle Personen, die aus der Versicherungspflicht oder Familienversicherung ausscheiden. Im Ergebnis bedarf es z.B. auch für Arbeitnehmer, deren Versicherungspflicht wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze endet, zur Begründung der obligatorischen Anschlussversicherung keiner Vorversicherungszeit.

[2] Seit dem 1.8.2013 hat daher die Vorversicherungszeit im Recht der freiwilligen Krankenversicherung für inländische Sachverhalte erheblich an Bedeutung verloren. Neben den Personenkreisen, die von der Einführung des § 188 Abs. 4 SGB V ohnehin nicht tangiert sind (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zweite Alternative SGB V [Stichwort: "Neugeborene"] oder § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V [Stichwort: "schwerbehinderte Menschen"]) bedarf es typischerweise nur dann einer Prüfung der Vorversicherungszeit, wenn die Voraussetzungen der obligatorischen Anschlussversicherung bei der betroffenen Person wegen eines Ausschlusstatbestandes zwar nicht erfüllt sind, aber gleichwohl – ungeachtet einer vorrangigen anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall außerhalb der GKV – ein nachrangiger freiwilliger Beitritt gewünscht wird (vgl. Abschnitt 2.3.4). Darüber hinaus sind die Fallkonstellationen denkbar, bei denen die Betroffenen anstelle einer obligatorischen Anschlussversicherung bei der bisherigen Krankenkasse eine freiwillige Versicherung bei einer anderen Krankenkasse wählen; auch hierfür ist die Erfüllung der Vorversicherungszeit notwendig (vgl. Abschnitt 2.3.3).

[3] Die Bedeutung der Vorversicherungszeit im Recht der freiwilligen Krankenversicherung bleibt für Personen, die aus der Versicherungspflicht oder der Familienversicherung im Ausland ausscheiden, im Wesentlichen unberührt, da sie vom Geltungsbereich des § 188 Abs. 4 SGB V nicht erfasst sind (vgl. im Einzelnen Abschnitt 5.1). Das Zugangsrecht zur deutschen GKV im Rahmen einer freiwilligen Versicherung für Personen unter Einbeziehung des über- und zwischenstaatlichen Rechts ist unverändert nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 SGB V (Vorversicherungszeit, Anzeigefrist) gegeben. Nähere Ausführungen dazu enthält der Leitfaden des GKV-Spitzenverbandes, DVKA, "Freiwillige Krankenversicherung im Rahmen der EG-/EWG-Verordnungen und nach Abkommensrecht" in der jeweils geltenden Fassung.

[4] Das Fortbestehen der Regelung des § 5 Abs. 9 Satz 1 zweite Alternative SGB V ist im Hinblick auf den weitgehenden Verzicht auf die Vorversicherungszeit im Recht der freiwilligen Versicherung rechtssystematisch nicht widerspruchsfrei. Danach ist für Personen, die nach einer mindestens fünfjährigen Zugehörigkeit zur privaten Krankenversicherung (PKV) ihren Vertrag wegen Begründung einer Pflicht- oder Familienversicherung in der GKV kündigen und anschließend – ohne ausreichende Vorversicherungszeit für die freiwillige Weiterversicherung – aus der Versicherungspflicht bzw. aus der Familienversicherung ausscheiden, ein privilegiertes Rückkehrrecht zur PKV vorgesehen. Ungeachtet dessen, ob aus Sicht der PKV möglicherweise Zweifel an der Notwendigkeit des Fortbestands der vorgenannten Vorschrift aufkommen, ist aus Sicht der GKV festzuhalten, dass der hier zur Diskussion stehende Personenkreis vom Wortlaut des § 188 Abs. 4 SGB V erfasst wird und somit das Recht hat, in der GKV trotz einer nicht erfüllten Vorversicherungszeit zu verbleiben.

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