Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für ein über den geeigneten Beruf noch unschlüssiges volljähriges Kind; kindergeldrechtliche Übergangszeit zwischen zwei "Ausbildungsabschnitten"

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein volljähriges Kind kann nur dann "mangels Ausbidungsplatzes eine Berufsausbildung nicht beginnen", wenn es sich für eine bestimmte oder zumindest mehrere bestimmte Ausbildungen entschieden hat und sich nicht mehr in der Berufsfindungsphase befindet.

2. Den Eltern steht aber für das volljährige Kind, das sich nach einem Ausbildungsabschnitt noch nicht für eine bestimmte Berufsausbildung entschieden hat, nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG weiter Kindgeld zu, wenn die Übergangszeit bis zum Beginn des nächsten Ausbildungsabschnitts höchstens vier Monate beträgt. Ausbildungsabschnitte in diesem Sinn sind nicht nur Teile einer Stufenausbildung, sondern auch in sich geschlossene Ausbildungsgänge mit unterschiedlichen Berufszielen, z.B. Gymnasium und Hochschule.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, c, a

 

Tatbestand

Der am … 1977 geborene Sohn des Klägers (Kl), … bestand am … Juni 1997 an der … das Abitur. Das Schuljahr endete im Juli 1997.

Nach der zwischen den Beteiligten unstreitigen Aussage des als Zeugen vernommenen Sohnes des Kl, war dieser sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Klaren, in welche Richtung sein Berufsweg gehen sollte. Er hat sich im Anschluß an das Abitur zunächst mit Freunden, die eine Lehre machten oder aber studierten, über Berufsmöglichkeiten unterhalten und sich von der Universität … und dem Berufsberatungs/Berufsinformationszentrum des Arbeitsamtes … Informationsmaterial besorgt.

Am 16. Oktober 1997 meldete sich der Sohn des Kl bei der Berufsberatung des Beklagten (Bekl), Dienststelle … für eine Berufsberatung für Abiturienten an. Ein erstes Beratungsgespräch fand am 11. November 1997 statt. Auch zu diesem Zeitpunkt war sich der Sohn des Kl noch unschlüssig, welchen konkreten Berufsweg er einschlagen sollte. Erst aufgrund eines zweiten Beratungsgesprächs bei der Berufsberatung des Bekl am 2. Dezember 1997 kristallisierte sich für den Sohn des Kl heraus, dass er … studieren wollte.

An der Universität …, an der der Sohn des Kl studieren wollte, bestand für das Studienfach … keine Zulassungsbeschränkung, es fand auch kein Auswahlverfahren statt. Weil der Beginn des Studiums der … an der Universität … nur im Wintersemester möglich war, eine Bewerbung für das laufende Wintersemester 1997/98 aber im Dezember 1998 ausschied, nahm der Sohn des Kl erst im darauffolgenden Wintersemester 1998/99 das Studium der … sowie … und … auf und betreibt dieses seitdem.

Dem Kl wurde vom Bekl für seinen Sohn … Kindergeld gewährt. Mit Bescheid vom 14. Januar 1998 hob der Bekl die Festsetzung des Kindergelds gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) für die Monate August und September 1997 auf. Zur Begründung führte der Bekl an, das Kind … sei erst ab Oktober 1997 bei der Berufsberatung gemeldet. Die Monate August und September 1997 könnten nicht als Übergangszeit berücksichtigt werden, weil es sich nicht um eine Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten handele (§ 32 Abs. 4 EStG).

Mit Bescheid vom 14. Januar 1998 gewährte der Bekl dem Kl Kindergeld für Kinder ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz ab Oktober 1997.

Am 17. Februar 1998 ließ der Kl gegen den Bescheid vom 14. Januar 1998 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung Einspruch einlegen, den der Bekl mit Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 1998 als unbegründet zurückwies. Hiergegen erhob der Kl am 27. August 1998 Klage, mit der er im wesentlichen folgendes geltend macht: Die Voraussetzungen für den Kindergeldbezug seien gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG gegeben. Nach dieser Vorschrift werde ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet habe, berücksichtigt, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befinde. Insoweit müsse jedem Abiturienten zugestanden werden, sich nach Erlangung der Hochschulreife umzuorientieren und eine ihm und seine Neigung entsprechende weitere Ausbildung zu finden. Es könne nicht vorausgesetzt werden, dass sich dieser Schüler unmittelbar nach Abschluß des Abiturs bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes melde. Wegen des weiteren Vortrags des Kl wird auf seine Schriftsätze vom 14. März und 25. Mai 2000 Bezug genommen.

Der Kl beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 1998 und den Aufhebungsbescheid vom 14. Januar 1998 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Bekl beantragt,

  • die Klage abzuweisen,
  • hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er macht geltend, die Orientierung des Kindes über verschiedene Studiengänge könne nicht als nachgewiesene Ausbildungswilligkeit i.S.d. § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG anerkannt werden. Ebensowenig wie hierfür ein einfaches Beratungsgespräch bei der Berufsberatung ausreiche, könne eine bloße Information eines Kindes bei verschiedenen Universitäten über die...

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