Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der von der Klägerin an die beklagte Berufsgenossenschaft zu entrichtenden Beiträge

 

Beteiligte

…, Klägerin und Revisionsklägerin

Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, Hamburg, Mönckebergstraße 7, Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I

Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Klägerin für die Beitragsjahre 1988 und 1989 an die beklagte Berufsgenossenschaft zu entrichtenden Beiträge.

Die Klägerin, ein eingetragener Verein, ist eine berufsbezogene Fortbildungseinrichtung des Beamtenbundes Baden-Württemberg im Deutschen Beamtenbund, die im Bereich der Erwachsenenbildung tätig ist. Sie ist Mitglied der Beklagten. Die Klägerin bietet für jeweils höchstens 14 Teilnehmer Kurse und Seminare an, die längstens 14 Tage dauern. Während in der streitbetroffenen Zeit die weitaus größere Gruppe der Teilnehmer berechtigt war, Dienstunfallfürsorge in Anspruch zu nehmen, besuchten einige Teilnehmer auf eigene Rechnung die sog offenen Seminare, die vornehmlich Daten- und Textverarbeitung zum Thema hatten. Ihre Zahl belief sich im Jahre 1988 auf insgesamt zehn nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c Reichsversicherungsordnung (RVO) Versicherte, die an Seminaren der Klägerin von der Dauer bis zu drei Tagen teilnahmen.

Nach § 22 Abs 3 der Satzung der Beklagten idF des 25. Nachtrages vom 7. Dezember 1987 werden Beiträge für die nach § 539 Abs 1 Nrn 13, 14 und 17 RVO Versicherten statt nach Entgelt nach der Zahl der Versicherten erhoben (§ 728 Abs 2 RVO), und nach Abs 5 aaO wird ein einheitlicher Mindestbeitrag erhoben, dessen Höhe der Vorstand festsetzt (§ 728 Abs 1 RVO, § 17 Nr 13 der Satzung). Diese Beiträge berechnete die Beklagte folgendermaßen: Sie teilte die Aufwendungen in dem jeweiligen Beitragsjahr für alle nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO bei ihr Versicherten durch die Anzahl der von den gesamten betreffenden Unternehmen für das Beitragsjahr gemeldeten "Schülermonate". Den auf diese Weise berechneten Beitragssatz multiplizierte sie für jedes einzelne Unternehmen mit der Anzahl der von diesem gemeldeten "Schülermonate", um so den Jahresbeitrag zu ermitteln. Dabei schrieb die Beklagte vor, als "Schülermonat" jeden angefangenen Monat aufzuführen, in dem ein Versicherter die schulische Einrichtung besucht hatte, und sei es auch nur für einen Tag.

Weil die Klägerin nach Ansicht der Beklagten den Schüler-Nachweis für das Jahr 1988 nicht fristgerecht vorgelegt hatte, forderte die Beklagte von der Klägerin mit dem ersten angefochtenen Beitragsbescheid vom 26. April 1989 für das Beitragsjahr 1988 einen Beitrag in Höhe von 2.720,00 DM auf der geschätzten Berechnungsgrundlage von 800 Schülermonaten zu je 3,40 DM. Auf den mit dem dagegen erhobenen Widerspruch nachgereichten Schüler-Nachweis erließ die Beklagte den Teilabhilfe-Bescheid vom 2. Juni 1989, mit dem sie den Beitrag auf 34,00 DM, berechnet nach 10 Schülermonaten, ermäßigte. Mit dem zweiten angefochtenen Beitragsbescheid vom 26. April 1990 für das Beitragsjahr 1989 forderte die Beklagte 292,40 DM auf der Berechnungsgrundlage von 86 Schülermonaten zu je 3,40 DM. Die insoweit aufrechterhaltenen Widersprüche gegen die Berechnung der Schülermonate nach der Kopfzahl der Versicherten für jeden angefangenen Monat ohne Rücksicht auf die Dauer des Versicherungsverhältnisses in einem Monatszeitraum wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 1990 zurück.

Während das Sozialgericht (SG) Stuttgart die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Beitragsbescheide verurteilt hat, die Klägerin erneut zu bescheiden (Urteil vom 12. September 1991), hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. August 1992). Die Beklagte wende über den in § 728 Abs 2 RVO und § 22 Abs 3 ihrer Satzung vorgesehenen Jahreskopfbeitrag hinaus den auf einem Vorstandsbeschluß beruhenden verfeinerten Maßstab des Schülermonats an. Ein gesetzlicher Zwang, die Beiträge nach Schülertagen zu berechnen, bestehe nicht. Dem stünden schon die Bedürfnisse einer Massenverwaltung entgegen. Der aus der Berechnungsmethode der Beklagten resultierenden relativ höheren Beitragsbelastung von Schulen mit stärkerer Schüler-Fluktuation stehe auch eine höhere Anzahl von Versicherten gegenüber, denen die Beklagte leistungspflichtig werden könne.

Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen (Beschluß vom 25. Februar 1993) - Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Beklagte berechne die Beiträge für die nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO Versicherten auf eine rechtswidrige Weise. Weder § 728 Abs 2 RVO noch die wortgleiche Bestimmung in § 22 Abs 3 der Satzung lasse es zu, die Beiträge auch für diejenigen Versicherten nach Schülermonaten zu berechnen, die nur an einem oder bis zu drei Tagen eines Monats während der Fortbildung in ihrer Akademie versichert gewesen seien. Da der gesetzliche Beitrag ein Jahresbeitrag sei, setze die Beitragsberechnung nach der Zahl der Versicherten zwingend voraus, daß die betreffenden Versicherten auch das ganze Jahr über als Lernende in ihrer Fortbildungseinrichtung versichert gewesen seien. Daher könne ebenso zwingend für diejenige Person, die nur während eines Teils des Jahres dementsprechend versichert gewesen sei, auch nur ein Teil des Jahresbeitrages erhoben werden. Jede andere Berechnungsweise hätte einer eigenen Satzungsbestimmung bedurft, die gesondert auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen wäre. § 22 Abs 3 der Satzung lasse das von der Beklagten gewählte Beitragsberechnungsverfahren nicht zu. Denn diese Bestimmung enthalte gerade keine Ausnahmeregelung, die unter den betroffenen Fortbildungseinrichtungen Beitragsverzerrungen bis zum 250-fachen des ohne Fluktuation ermittelten Beitrages zulasse. Das stieße auch mit Sicherheit an verfassungsrechtliche Grenzen. § 728 Abs 2 RVO und § 22 Abs 3 der Satzung seien vielmehr dahin auszulegen, daß der Jahresbeitrag auch nur für Versicherte erhoben werden könne, die das ganze Jahr über versichert seien; bei ihr könne das im Hinblick auf ihre 14 Teilnehmerplätze maximal die Summe von 14 Jahresbeiträgen ausmachen. Bei einer Unterbesetzung müsse die Beitragssumme dementsprechend unter diesen Höchstwert sinken. Mit ihrem Vorstandsbeschluß, nach Schülermonaten zu rechnen und Bruchteile eines Monats auf volle Monate aufzurunden, habe die Beklagte die klare Regelung des § 22 Abs 3 ihrer Satzung derart verzerrt, daß auch der Satzungsgeber nicht befugt gewesen wäre, solche "Tabellensprünge" einzuführen. Daraus folge in ihrem Falle eine so starke Überhöhung des Beitrages ohne rechtfertigenden Grund, daß dies einen Verstoß gegen Art 3 des Grundgesetzes (GG) bedeute (BSG SozR 2200 § 728 Nr 1). Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, eine neue rechtmäßige Berechnung ihres Beitrages vorzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die Revision ist unbegründet.

Die angefochtenen Beitragsbescheide für die Jahre 1988 und 1989 sind auf der Grundlage der bindenden tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (§ 163 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) rechtmäßig.

Die Beitragsforderungen finden ihre Rechtsgrundlage in § 723 Abs 1, §§ 724, 728 Abs 1 und 2 RVO sowie § 22 Abs 3 und 5, § 17 Nr 13 der Satzung und den betreffenden Beschlüssen des Vorstandes der Beklagten über den Betrag eines "Schülermonats" als Beitragssatz.

Satzungsbestimmungen, auf die sich die angefochtenen Bescheide stützen, sind als von der beklagten Unfallversicherungsträgerin autonom gesetztes objektives Recht durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit daraufhin zu prüfen, ob sie mit dem Gesetz, auf dem die Ermächtigung beruht, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind (s BSGE 13, 189, 194; 27, 237, 240; 54, 243, 244; 68, 123, 124; BSG Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 32/92 - zur Veröffentlichung bestimmt). Dasselbe gilt für Vorstandsbeschlüsse der Unfallversicherungsträger zur Anwendung der satzungsmäßigen Beitragsregelung. Entgegen der Meinung der Klägerin verletzen weder § 22 Abs 3 und 5 der Satzung der Beklagten noch die dazu ergangenen Vorstandsbeschlüsse Vorschriften der RVO oder höherrangiges Recht.

Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden durch Beiträge der Unternehmer, die versichert sind oder ua - wie die Klägerin - Versicherte in ihren Einrichtungen fortbilden (§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO), aufgebracht (§ 723 Abs 1 Satz 1 RVO). Die Beiträge müssen den Bedarf des abgelaufenen Geschäftsjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken und dürfen darüber hinaus nur zur Beschaffung der Betriebsmittel erhoben werden (§ 724 Abs 1 RVO). Die Höhe der Beiträge richtet sich entweder nach dem Entgelt der Versicherten in dem Unternehmen und nach dem Grade der Unfallgefahr in dem Unternehmen (§ 725 Abs 1 RVO) oder, wenn es die Satzung bestimmt - wie im vorliegenden Fall -, nach der Zahl der Versicherten statt nach Entgelten gemäß § 728 Abs 2 RVO, dessen Wortlaut § 22 Abs 3 der Satzung der Beklagten (Ausgabe 1984 idF des 25. Nachtrages vom 7. Dezember 1987) übernommen hat.

Wie bei jeder Versicherung eines Risikos muß der Versicherungsbeitrag zu dem Risiko in einem angemessenen Verhältnis stehen. Aus dem Sinn und Zweck der §§ 723 ff RVO und der Gesetzessystematik folgt, daß grundsätzlich die Höhe des Beitrages von der Dauer der beitragspflichtigen Versicherung abhängen muß. Dem entspricht § 725 RVO, in dem er die Höhe der Beiträge abgesehen von der Unfallgefahr an das Entgelt anknüpft, das in der Regel mit der Dauer einer versicherten Beschäftigung in Beziehung steht. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, daß dieser Grundsatz auch für § 728 Abs 2 RVO gilt. Das bedeutet in Fällen der vorliegenden Art: Der volle Jahresbeitrag für versicherte Lernende darf nicht für einen Lernenden verlangt werden, der nur an einem Tag im Jahr nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO versichert gewesen ist.

Damit ist aber entgegen der Meinung der Klägerin nicht gesagt, daß eine Berufsgenossenschaft in den Fällen des § 728 Abs 2 RVO verpflichtet ist, diesen allgemeinen Grundsatz auch bei vorübergehender kurzfristiger Versicherungsdauer oder bei andauernder Teilzeitbeschäftigung ausnahmslos entsprechend der jeweiligen Verhältniszahl anzuwenden. Ausnahmen sind vielmehr sachlich geboten. Unter den bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung herrschenden typischen Verhältnissen der Massenverwaltung würde es zu einem unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand führen, wollte man stets die unterschiedliche Versicherungsdauer kurzfristiger Art oder in Form von Teilzeitbeschäftigung im einzelnen feststellen und danach differenzierte Beiträge erheben. Zudem führte diese Beitragsberechnungsweise besonders in Fällen ganz kurzer Versicherungsdauer zu geringen Beiträgen, die mit der jeweils versicherten Unfallgefahr, besonders auf den mitversicherten Wegen, und den hohen gesetzlichen Entschädigungsleistungen der Unfallversicherungsträger in keinem angemessenen Verhältnis mehr stünden (s Bayerisches LSG vom 26. Oktober 1962 - L 10 U 557/60 - in Breithaupt 1963, 408, 409).

Gerade das erstere aber verstieße gegen den sogar ausdrücklich benannten Zweck, den der Gesetzgeber des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl I 241) mit § 728 RVO ua verfolgt hat. Er hielt es für erforderlich, daß den Berufsgenossenschaften bei der Aufbringung der Mittel im Hinblick auf ihre Selbstverwaltung ein gewisser Spielraum gelassen wird. Den Zweck seiner Regelung sah er auch darin, mit der Möglichkeit, der Beitragsberechnung die bloße Kopfzahl der Versicherten zugrunde zu legen, zu einer bedeutenden verwaltungsmäßigen Vereinfachung bei der Beitragseinziehung zu führen (Begründung zu § 725 des Entwurfs eines UVNG, BT-Drucks IV/120 S 67).

Nicht zuletzt deshalb hat der Gesetzgeber des UVNG in § 728 Abs 1 RVO, derselben Vorschrift, in der auch die Ermächtigung zur Erhebung von Beiträgen nach der Zahl der Versicherten enthalten ist, die Regelung des § 734 Abs 1 Satz 1 RVO aF wörtlich übernommen: "Die Satzung kann bestimmen, daß ein einheitlicher Mindestbeitrag erhoben wird." Für § 734 RVO aF hatte das Reichsversicherungsamt (RVA) gemäß § 734 Abs 1 Satz 2 RVO aF in seinen Ausführungsbestimmungen vom 25. November 1925 zu den §§ 734, 994 Abs 1 RVO idF der Art 33 und 53 des Zweiten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 14. Juli 1925 (RGBl I 97) über die Erhebung von einheitlichen Mindestbeiträgen vorgeschrieben (AN 1925, 360), soweit die Satzung die Erhebung eines einheitlichen Mindestbeitrages bestimme, sei dessen Höhe von dem Genossenschaftsvorstande festzusetzen und alljährlich bei der Aufstellung der Umlagerechnung nachzuprüfen (Nr 1). Die Festsetzung des einheitlichen Mindestbeitrages auf mehr als 24,00 RM jährlich bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften und auf mehr als 12,00 RM jährlich bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften bedürfe der Genehmigung (Nr 2). Dazu führte das RVA in einem Runderlaß vom 25. November 1925 (AN 1925, 359) aus, den Vorständen sei geboten, auf die vielfach ungünstige wirtschaftliche Lage der Kleinbetriebe Rücksicht zu nehmen. Die Höchstgrenzen (des Mindestbeitrages) seien so gelegt, daß sie genügend Spielraum zur Berücksichtigung der bei einer Berufsgenossenschaft bestehenden besonderen Verhältnisse gewährten. Festsetzungen der Mindestbeiträge im Betrage der Höchstgrenzen würden deshalb nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Und in seinem Bescheid vom 4. November 1926 (EuM 19, 376 f) erläuterte das RVA diese Mindestbeitragsregelung dahin, der Vorstand der BG könne den Mindestbeitrag in Höhe der ganzen Jahressumme von dem Mitglied auch dann erheben, wenn die Mitgliedschaft bei der Berufsgenossenschaft nur für einen (kleinen) Teil des Jahres bestanden habe. Der Mindestbeitrag solle der Berufsgenossenschaft unter allen Umständen den Betrag sichern, der an Verwaltungskosten durchschnittlich auf einen Betrieb entfalle.

Zutreffend hat das Bayerische LSG (aaO) den Sinn dieser Regelung außerdem in der Hinsicht beschrieben, daß der Beitrag auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wagnis des Unfallversicherungsträgers stehen müsse, denn bei Eintritt des Versicherungs- und Leistungsfalles bei einer noch so kurzen versicherten Tätigkeit müsse der Versicherungsträger immer uneingeschränkt in vollem gesetzlichen Umfang seine Entschädigungsleistungen erbringen.

Dem allgemeinen Grundsatz, bei der Beitragsberechnung auch die Versicherungsdauer zu berücksichtigen, ist die Beklagte nachgekommen. Sie wendet § 22 Abs 3 ihrer Satzung, die den Gesetzeswortlaut des § 728 Abs 2 RVO wiederholt, in der Weise an, daß sie für Versicherte, die nicht während des ganzen Beitragsjahres versichert gewesen sind, auch nicht den vollen Jahresbeitrag erhebt. Vielmehr stuft sie die Beiträge nach Monaten der Versicherungsdauer ab, sog Schülermonate, und richtet sich dafür nach dem Mindestbeitragssatz für jeden vollen und angefangenen Monat, den - nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) - ihr Vorstand für jedes Beitragsjahr gemäß § 22 Abs 5 und § 17 Nr 13 ihrer Satzung festgesetzt hat. Ein solcher Mindestbeitragssatz entspricht der allgemeinen Verfahrensweise der gewerblichen Berufsgenossenschaften bei der freiwilligen Versicherung der Unternehmer (s § 48 Abs 2 des Musters einer Satzung für gewerbliche Berufsgenossenschaften, abgedruckt bei Lauterbach/Watermann, Unfallversicherung, 3. Aufl, Band V, Anhang Nr 23). So sieht auch die Satzung der Beklagten in § 41 Abs 2 vor, daß der Beitragsberechnung bei freiwilliger Versicherung für jeden vollen und angefangenen Monat der 12. Teil der Versicherungssumme zugrundegelegt wird, wenn die freiwillige Versicherung nicht während des vollen Kalenderjahres besteht. Auch dieser Mindestbeitragssatz ist unter den Voraussetzungen des § 728 Abs 1 RVO als Mindestbeitrag einer modifizierten Form gerechtfertigt (s Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 542; KassKomm-Ricke § 728 RdNr 3). Der Mindestbeitrag ist nicht nur einheitlich für alle Unternehmen eines Gewerbezweiges zulässig; er kann auch für bestimmte Gruppen von Versicherten und ebenso bei der Berechnung der Beiträge nach der Zahl der Versicherten festgelegt werden (KassKomm - Ricke aaO). Es ist dabei rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Berufsgenossenschaft im Rahmen ihrer Selbstverwaltung bei einem nach der Zahl der Versicherten berechneten Beitrag einen Mindestbeitrag erhebt, der auf einer Mindestdauer der zugrunde zu legenden Beitragszeit basiert. Sachliche Gründe - wie im vorliegenden Fall - können eine solche Beitragsberechnung rechtfertigen. Diese Verfahrensweise ist geeignet, sowohl eine - kostensparende - Verwaltungsvereinfachung herbeizuführen als auch das mit jeder noch so kurzen Versicherungsdauer verbundene Risiko eines schweren Arbeitsunfalls in angemessenem Umfang abzudecken.

Die Beitragsregelung der Beklagten entspricht dem Gesetz in zweifacher Hinsicht. Indem sie den individuell vom Unternehmer der schulischen Einrichtung zu erhebenden Beitrag als das Ergebnis einer Vervielfältigung mit der Anzahl von Schülermonaten (Multiplikator) festlegt, regelt sie die Beiträge in unterschiedlicher Höhe. Und dadurch, daß der Vorstand der Beklagten die Höhe des Beitragssatzes (des Multiplikanden) für das jeweilige Beitragsjahr und mit Rücksicht auf die besonderen Erfordernisse dieses Zeitraumes bestimmt, wird der Beitrag nicht nur nach § 724 Abs 1 RVO ausgerichtet, sondern zugleich auch gemäß § 728 Abs 1 RVO als Mindestbeitrag qualifiziert. Der Mindestbeitrag für Versicherte nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO betrug in den streitbetroffenen Beitragsjahren 1988 und 1989 jeweils 3,40 DM für einen Schülermonat, so daß sich der Gesamtbeitrag der Klägerin für ihre nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO Versicherten im Jahre 1988 auf 34,00 DM und im Jahre 1989 auf 292,40 DM belief.

Diese Verfahrensweise wird von der Satzung der Beklagten und, wie bereits oben ausgeführt, von den Vorschriften der RVO, auf die die Satzung sich stützt, in vollem Umfang gerechtfertigt. Der von der Klägerin geforderte Beitrag ist auch in seiner absoluten Höhe nicht etwa so gewichtig, daß er im vorliegenden Einzelfall die Existenzfähigkeit der Klägerin bedroht hat. Jedenfalls enthalten die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil dafür keinen Anhaltspunkt.

Die Beitragserhebung der Beklagten verstößt auch nicht gegen das GG. Insoweit läßt sich kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz und das Willkürverbot des Art 3 Abs 1 GG feststellen. Die von der Klägerin angegriffene Beitragsberechnung ist im Rahmen des den Berufsgenossenschaften eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums unbedenklich (s BSGE 54, 243, 244; 68, 123, 124; BVerfG SozR 2200 § 543 Nr 6); der von ihr jeweils festgesetzte Mindestbeitrag von 3,40 DM für jeden sog Schülermonat wird auch in seiner absoluten Höhe durch sachliche Erwägungen gestützt. Sie betreffen die Höhe der notwendigen Verwaltungskosten der Beklagten, ihre Verpflichtung, die Verwaltungskosten relativ gering zu halten und die Größe ihres Wagnisses, des Risikos aus der Sicht der Versicherten, das - im Durchschnitt gemessen - an einem Tag der Versicherungsdauer jedenfalls nicht um ein Dreißigstel kleiner ist als im Zeitraum eines Monats Versicherungsdauer.

Unter diesen Umständen der streitigen Beitragsjahre 1988 und 1989 sind theoretisch mögliche unterschiedliche Beitragsbelastungen verschiedener Fortbildungseinrichtungen, die die Klägerin als Verzerrungen bezeichnet hat, jedenfalls verfassungsrechtlich unerheblich.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

Haufe-Index 517725

BSGE, 54

Breith. 1994, 809

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