Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I

Der Rechtsstreit wird um die Bewilligung eines Heilverfahrens als medizinische Leistung zur Rehabilitation geführt.

Der im Jahre 1938 geborene Kläger ist Beamter auf Lebenszeit im Dienste der Versorgungsverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz und daneben mit Einkünften von monatlich ca. 1.000,- DM bei der Sport-Toto GmbH in K… angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt.

Seinen Antrag vom April 1981 auf Bewilligung einer Heilbehandlungsmaßnahme lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Juni 1981 ab, weil der Kläger in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften stehe und deswegen nicht als Versicherter im Sinne des § 13 Abs. 1 a des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) gelte. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1981).

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Koblenz die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Heilbehandlungsmaßnahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 9. Juli 1982). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat der dagegen gerichteten Berufung der Beklagten stattgegeben und unter Aufhebung des Urteils des SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. Dezember 1982). Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Kläger sei als Beamter auf Lebenszeit in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften nach § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG in der Fassung des Gesetzes zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 20. RAG -) vom 27. Juni 1977 (BGBl. I S. 1040) von Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen. Die Vorschrift sei nicht nur auf die vor Eintritt in das Beamtenverhältnis versicherungspflichtig gewesenen, sondern auch auf nebenher weiterhin versicherungspflichtig beschäftigte Beamte anzuwenden. Für eine unterschiedliche Behandlung beider Personengruppen biete das Gesetz keine Grundlage und keine Anhaltspunkte. Nach wiederholten Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) verstoße der Ausschluß der Beamten mit Versorgungsanspruch von Rehabilitationsleistungen weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) noch gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie oder das Sozialstaatsprinzip. Das beziehe sich auf alle versorgungsberechtigten Beamten; auf den Unterschied zwischen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vor und nach der Übernahme in das Beamtenverhältnis könne es nicht ankommen. Die unterschiedliche Behandlung der Beamten im Vergleich zu den ausschließlich versicherungspflichtigen Beschäftigten sei im Hinblick auf den beamtenrechtlichen Versorgungsanspruch und darauf gerechtfertigt, daß die Beamten nicht in die gesetzliche Sozialversicherung einbezogen und für sie keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen seien. Vielmehr müßten sie herkömmlicherweise für Krankheitsfälle einschließlich der Rehabilitation selbst vorsorgen. Das gelte auch, wenn der Beamte nebenher versicherungspflichtig beschäftigt sei und aus dieser Beschäftigung Sozialversicherungsbeiträge abführen müsse. Wegen dieser unterschiedlichen Verhältnisse sei eine Gleichbehandlung der auch sozialversicherten Beamten mit den nur sozialversicherten Arbeitnehmern nicht zwingend. Dabei sei die Höhe des Einkommens aus der Nebenbeschäftigung unerheblich. Zusätzlich, wenn auch letztlich nicht entscheidend sei der nicht unbeträchtliche Beihilfeanspruch des Beamten gegen seinen Dienstherrn zu berücksichtigen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG. Dadurch, daß er (Kläger) neben seinem ersten Beruf als Beamter im zweiten Beruf versicherungspflichtiger Angestellter sei, bleibe seine Versicherteneigenschaft bestehen. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich wesentlich von den Fällen, in denen früher versicherungspflichtige Angestellte in ein Beamtenverhältnis übergewechselt seien und nicht mehr Pflichtbeiträge zur Angestelltenversicherung entrichten müßten. Werde § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG hingegen auch auf den vorliegenden Fall angewendet, so sei die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift zu prüfen. Der Ausschluß des in einer versicherungspflichtigen Zweitbeschäftigung stehenden Beamten von Leistungen der Pflichtversicherung könne angesichts des Gegenleistungsverhältnisses von Versicherungsleistungen und -beiträgen nicht im System der Sozialversicherung begründet sein und ebenso wenig mit beamtenrechtlichen oder gar beamtenpolitischen Gesichtspunkten gerechtfertigt werden. Deswegen sei sein (Klägers) Grundrecht aus Art 3 Abs. 1 GG auf Gleichbehandlung als Versicherungspflichtiger in der Sozialversicherung verletzt. Daß seine Besoldung und Versorgung als Beamter durch den Ausschluß von Rehabilitationsleistungen nicht berührt werde, sei unerheblich. Dabei sei außerdem zu berücksichtigen, daß er nach Gesetzesänderungen der jüngsten Zeit mit einer vollen Anrechnung der Rente auf die Pension und mit einer Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung auch von seinen beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen rechnen müsse. Damit könnten die Erwägungen, mit denen das LSG einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz verneint habe, nicht durchgreifen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich, das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Dezember 1982 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 9. Juli 1982 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie stützt ihren Rechtsstandpunkt vor allem auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 1983 - 1 BvL 8/80 u.a. -.

II

Die durch Zulassung statthafte Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages vom April 1981 auf Gewährung einer Maßnahme der Heilbehandlung. Ihm steht eine solche von der Beklagten zu gewährende Maßnahme nicht zu.

Nach § 13 Abs. 1 AVG in seiner bis zum 31. Dezember 1981 geltenden und hier noch anwendbaren (so ausdrücklich § 13 Abs. 4 AVG in der Fassung des Art 12 Nr. 1 Buchst. b des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur - 2. Haushaltsstrukturgesetz - 2. HStruktG - vom 22. Dezember 1981; BGBl. I S. 1523) Fassung des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl. I S. 88) kann die Beklagte, wenn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und sie voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann, Leistungen zur Rehabilitation in dem in den §§ 14 bis 14 b AVG bestimmten Umfange (und damit auch zur medizinischen Rehabilitation; vgl. § 14 AVG in der Fassung des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation - RehaAngIG - vom 7. August 1974; BGBl. I S. 1881) gewähren. Dabei ist nach § 13 Abs. 1 a Satz 1 AVG in der seit dem 1. Juli 1977 bzw. dem 1. Juli 1978 geltenden Fassung des Art 2 § 2 Nr. 4 Buchst b) des 20. RAG (zum Inkrafttreten vgl. Art 3 § 6 des 20. RAG) Versicherter bei medizinischen Maßnahmen zur Rehabilitation, (1.) für wen im Zeitpunkt der Antragstellung in den vorausgegangenen 24 Kalendermonaten mindestens für sechs Kalendermonate Beiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet worden sind oder (2.) wer im Zeitpunkt der Antragstellung (a) eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zurückgelegt hat oder (b) eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat, wenn Berufsunfähigkeit oder Erwerbsfähigkeit vorliegt oder in absehbarer Zeit zu befürchten ist, oder bei dem die Wartezeit nach § 29 AVG als erfüllt gilt oder (3.) wer im Zeitpunkt der Antragstellung versicherungspflichtig beschäftigt oder tätig ist und diese Beschäftigung oder Tätigkeit innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung seiner Schul- oder Berufsausbildung aufgenommen hat. Als Versicherter gilt nicht, wer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen steht oder Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhält (§ 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG).

Der Kläger ist nach der letztgenannten Vorschrift von der Gewährung medizinischer Maßnahmen zur Rehabilitation ausgeschlossen. Als Beamter auf Lebenszeit steht er in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften und gilt damit nicht als Versicherter.

Die nach Ansicht der Revision gebotene restriktive Auslegung des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG dahingehend, daß sie lediglich früher versicherungspflichtige und sodann in ein Beamtenverhältnis übergewechselte Versicherte (sogen. "Nur-Beamte") erfaßt und nicht für Beamte gilt, welche neben ihrem Beamtenverhältnis zugleich eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben (sogen. "Auch-Beamte"), ist unzulässig. Sie ist mit dem Wortlaut, dem Gesamtzusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift unvereinbar.

Dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG nach - soweit er für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits von Bedeutung ist - ist für den fiktiven Ausschluß ("als Versicherter gilt nicht") von der Versicherteneigenschaft allein das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses oder eines Arbeitsverhältnisses mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen maßgebend. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so gelten die von der Ausschlußregelung betroffenen Personen ohne jegliche Ausnahme nicht als Versicherte. Dabei bezieht sich Satz 3 uneingeschränkt auf alle Ziffern des Satzes 1 des § 13 Abs. 1a AVG und erfaßt damit auch solche allein nach letzterer Vorschrift an sich Versicherte, welche noch im Zeitpunkt der Antragstellung versicherungspflichtig beschäftigt oder tätig sind und aufgrund dessen Rentenversicherungsbeiträge entrichten (vgl. insbesondere § 13 Abs. 1 a Satz 1 Nrn. 1 und 3 AVG). Wenn speziell zugunsten dieses Personenkreises § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG eine Ausnahme von dem fiktiven Ausschluß der Versicherteneigenschaft nicht vorsieht, so kann dies nur dahin verstanden werden, daß die Ausschlußregelung auch diejenigen noch aktiv Versicherten erfaßt, welche zugleich in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen stehen. Andernfalls hätte eine davon abweichende Regelungsabsicht des Gesetzgebers in der Vorschrift selbst zum Ausdruck kommen müssen. Das muß um so mehr gelten, als dies in anderem Zusammenhang tatsächlich geschehen ist. Das LSG hat dazu zutreffend auf § 21 a Abs. 7 Satz 2 AVG verwiesen Danach gelten die Vorschriften über die Tuberkulosehilfe u.a. nicht für versicherungsfreie Beamte und die nach §§ 7 und 8 Abs. 1 AVG wegen der Gewährleistung einer Versorgung von der Versicherungspflicht Befreiten, "es sei denn, daß sie im Zeitpunkt der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit Beiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben". Das Fehlen einer dementsprechenden oder ähnlichen Regelung innerhalb des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG erhärtet die Schlußfolgerung, daß sich der fiktive Ausschluß der Versicherteneigenschaft auch auf diejenigen bezieht, welche im Zeitpunkt der Antragstellung sowohl in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder in einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen stehen als auch gleichzeitig rentenversicherungspflichtig beschäftigt oder tätig sind.

Diese Rechtsfolge entspricht dem Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG. Sinn und Zweck der Vorschrift wiederum ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm selbst und des 20. RAG in seiner Gesamtheit. Mit dem auf einen Entwurf der Bundesregierung (BR-Drucks 75/77; BT-Drucks 8/165) zurückgehenden 20. RAG ist vor allem eine Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung zwecks Sicherung des Leistungssystems einschließlich künftiger Rentenanpassungen bezweckt und zur Erreichung dieses Zwecks eine Verbesserung der Finanzgrundlagen der Rentenversicherung sowie längerfristig die Wiederherstellung des Ausgleichs zwischen Einnahmen und Ausgaben angestrebt worden (vgl. BR-Drucks 75/77, BT-Drucks 8/165; jeweils S. 1, 3, 34). Als eine der Lösungsmöglichkeiten hat der Regierungsentwurf vorgesehen, die Gewährung von Kuren an nicht mehr pflichtversicherte Personen grundsätzlich davon abhängig zu machen, daß der Versicherte die Zeit vom Eintritt in die Versicherung bis zum Versicherungsfall wenigstens zur Hälfte mit Beiträgen belegt hat ("Halbbelegung"; vgl. Drucks a.a.O., jeweils S. 4 zu Nr. 9). Damit hat bewirkt werden sollen, daß nur solche Personen, die durch eine bestimmte Beitragsdichte ihre Zugehörigkeit zur Versichertengemeinschaft nachweisen, an Kuren der Rentenversicherungsträger teilnehmen. Als betroffen sind Personen angesehen worden, die ihre Alterssicherung in erster Linie nicht aus der gesetzlichen Rentenversicherung erwarten, wie z.B. Beamte, von der Versicherungspflicht befreite Angestellte, nicht versicherte Selbständige und Hausfrauen (Drucks a.a.O., jeweils S. 44). Der Bundesrat hat dem Regierungsentwurf in diesem Punkte nicht widersprochen. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestages, an den der Bundestag den Gesetzentwurf in erster Lesung überwiesen hat, hat den Gedanken einer Halbbelegung als versicherungsrechtliche Voraussetzung für die Teilnahme an medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nicht aufgegriffen (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 8/337, S. 89). Er hat statt dessen die Formulierung des § 13 Abs. 1 a Satz 1 AVG bzw. des ihm entsprechenden § 1236 Abs. 1 a Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) (vgl. BT-Drucks a.a.O., S. 36 Nr. 5 und S. 22 Nr. 6) vorgeschlagen, die später Gesetz geworden ist, und dies damit begründet, daß anstelle einer Halbbelegung für freiwillig und latent Versicherte außer unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 2 Buchst b) AVG eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zu verlangen sei (BT- Drucks a.a.O., S. 4 f. Nr. 8 und S. 89). Auch § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG (= § 1236 Abs. 1 a Satz 3 RVO) ist auf Vorschlag und in der Formulierung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung eingefügt worden (BT-Drucks a.a.O., S. 36 Nr. 5 und S. 22 Nr. 6; jeweils Ziffer b, bb) mit der Begründung, durch diese Gesetzergänzung würden Beamte und Versorgungsempfänger sowie ihnen gleichgestellte Personen von den Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen. Es sei nicht gerechtfertigt, mit den Rehabilitationsaufwendungen dieses Personenkreises, der beihilfeberechtigt sei, die Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung zu belasten. Der Ausschuß sei sich dabei dessen bewußt gewesen, daß wegen dieser Neuregelung die Beihilfevorschriften geändert werden müßten (BT-Drucks, a.a.O., S. 89 f.). Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahren hat nach der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag während der anschließenden Beratung im Bundesrat das Land Schleswig-Holstein den Antrag gestellt, die Einfügung des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG (= § 1236 Abs. 1 a Satz 3 RVO) zu streichen. Es sei, so heißt es in der Begründung, kein Grund ersichtlich, rentenversicherten Beamten nur deshalb einen Anspruch auf Rehabilitationsleistungen der Rentenversicherung zu versagen, weil sie gleichzeitig für entsprechende Maßnahmen beihilfeberechtigt seien. Beamte würden damit zu Versicherten zweiter Klasse, obwohl sie durch ihre Beitragsleistung zur Finanzierung der Rentenversicherung in gleicher Weise wie andere Versicherte beigetragen hätten. Rentenversicherung und Beamtenversorgung stellten zwei selbständige Sicherungssysteme dar, deren Grenzen hin zu einem Einheitssystem nicht verwischt werden sollten (vgl. BR-Drucks 223/8/77). Dieser Vorschlag ist zwar im Bundesrat, der im übrigen die Anrufung des Vermittlungsausschusses beschlossen hat, mehrheitlich angenommen worden (Bundesrat, Bericht über die 446. Sitzung am 3. Juni 1977, S. 16; vgl. auch BR-Drucks - Beschluß - 223/77, S. 34, und BT-Drucks 8/556, S. 11). Der Vermittlungsausschuß hat jedoch insoweit das Anrufungsbegehren des Bundesrates abgelehnt (BT-Drucks 8/651, S. 2; Anlage zu BR-Drucks 280/77, S. 2 f.; vgl. auch Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, 36. Sitzung am 23. Juni 1977, Niederschrift S. 2807) und der Bundestag schließlich den Einspruch des Bundesrates gegen das 20. RAG (BR-Drucks 280/77; BT-Drucks 8/682) zurückgewiesen (Verhandlungen, a.a.O., 37. Sitzung am 24. Juni 1977, Niederschrift S. 2916).

Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG ist nach alledem ein Ausschluß aller derjenigen Versicherten von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zur medizinischen Rehabilitation, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften beihilfeberechtigt sind. Beihilfeberechtigt sind gleichermaßen sowohl die "Nur-Beamten'' als auch die "Auch-Beamten". Eine Nichteinbeziehung letzterer Personengruppe in die Ausschlußregelung des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG würde dem Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen und den Motiven des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Allein nach einfachem Recht gilt somit der fiktive Ausschluß von der Versicherteneigenschaft auch für diejenigen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen stehen und zugleich daneben eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben.

Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG in dieser Auslegung nicht gegen die Verfassung und insbesondere nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG. Das BSG hat sich schon wiederholt mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG befaßt. So hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 12. Dezember 1979 (BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 21 S. 44 f.) ausgesprochen, die Unterscheidung hinsichtlich der Versicherteneigenschaft zwischen Versicherten, die bezüglich medizinischer Maßnahmen zur Rehabilitation nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf Versorgung hätten, einerseits und Versicherten, die nicht über solche Ansprüche verfügten, andererseits verstoße selbst unter Berücksichtigung dessen, daß den ersteren Versicherten nach den Beihilfevorschriften des Bundes nur 50 bis höchstens 70 v.H. der beihilfefähigen Aufwendungen eines Kur- oder Sanatoriumsaufenthaltes erstattet würden, nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Dem hat sich in seinem Urteil vom 31. Januar 1980 (USK 8017) der 11. Senat des BSG angeschlossen und dabei ergänzend eine gegen Art 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung auch im Verhältnis zu weiteren besonderen Gruppen von Versicherten (Empfänger von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, Beamte ohne Versorgungsanspruch, Tarifangestellte mit Beihilfeanspruch) verneint. In einem weiteren Urteil vom 10. Juni 1980 (BSGE 50, 149 = SozR 2200 § 1236 Nr. 26 S. 52 f.) hat derselbe Senat auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung des Art 14 Abs. 1 GG und des Rechtsstaatsprinzips § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG erneut für verfassungsgemäß angesehen. Neuerdings hat das BVerfG - u.a. unter Zurückweisung von Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des BSG vom 12. Dezember 1979 und vom 10. Juni 1980 - § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG in der Fassung des 20. RAG als mit dem GG vereinbar erklärt (Beschluß vom 9. Februar 1983 - 1 BvL 8/80 u.a. -; Entscheidungsformel veröffentlicht in BGBl. I 1983, S. 733). Zur Frage eines möglichen Widerspruches der Vorschrift zu Art 3 Abs. 1 GG hat das BVerfG - wie zuvor schon der erkennende Senat (vgl. BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 21 S. 44) - ausgeführt, der Beamte, auch wenn er - gemessen an den Leistungen der Rentenversicherungsträger - nur beschränktere Ersatzansprüche bei Aufwendungen für Kuren erhalte, unterscheide sich von anderen Versicherten dadurch, daß er Anspruch auf Dienst- und Versorgungsbezüge habe, die nach dem Grundsatz der Alimentation bemessen seien. Das bedeute, daß dem Beamten nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards ein angemessener Unterhalt gewährt werde, der ihm auch verfassungsrechtlich zugesichert sei. Eine so bemessene Beamtenbesoldung rechtfertige den Ausgangspunkt des Gesetzgebers, der durch § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG von den Rehabilitationsleistungen ausgeschlossene Personenkreis werde - unter Berücksichtigung des geltenden Beihilferechts - in der Lage sein, für notwendige Kuren die erforderlichen Mittel aufzubringen. Dabei bleibe es dem alimentierten Beamten überlassen, ob er sich gegen die Wechselfälle des Lebens wie z.B. eine Kurbedürftigkeit versichern wolle oder es vorziehe, für Kuren selbst aufzukommen. Jedenfalls gehe die nicht unbeträchtliche Grundsicherung jenes durch § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG betroffenen Personenkreises so weit, daß gegenüber anderen Versicherten Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, die eine ungleiche Behandlung rechtfertigten. Überdies lasse sich die Vorschrift mit der Unterscheidung zwischen versicherten Beamten und anderen Versicherten auch durch das Bestreben rechtfertigen, eine Personengruppe, die vordem bei der Inanspruchnahme von Kuren sowohl gegenüber den Versicherungsträgern als auch gegenüber dem öffentlichen Dienstherrn Ansprüche gehabt habe, auf nur eine Anspruchsgrundlage zu verweisen.

Der Revision ist einzuräumen, daß das BSG sich mit der Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG in Verfahren ausschließlich solcher Kläger auseinandergesetzt hat, welche zunächst angestelltenversicherungspflichtig tätig oder beschäftigt gewesen, sodann in ein Beamtenverhältnis übergetreten und damit im Zeitpunkt des Antrages auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation lediglich "latent Versicherte" ohne laufende Beitragsleistung gewesen sind. Für den Beschluß des BVerfG vom 9. Februar 1983 gilt dies hingegen nicht. Hierin ist auch über die Vorlage (1 BvL 16/81) im Verfahren eines Klägers, der als früherer Kommunalbeamter mit Ruhegehalt versicherungspflichtig beschäftigt ist, sowie über die Verfassungsbeschwerde (1 BvR 1357/81) eines versicherungspflichtigen Angestellten entschieden worden, dem nach dem Gesetz zu Art 131 GG Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zusteht und der außerdem beihilfeberechtigt ist. Hinsichtlich dieses Personenkreises hat das BVerfG ausgeführt, die Zuordnung dieser Versicherten zu dem beamtenrechtlichen System erscheine wenig plausibel. Es handele sich um Beamte mit Versorgungsansprüchen, welche durch ihre späteren Beitragszahlungen langjährig und fortlaufend der Versichertengemeinschaft verbunden seien. Bei ihnen sei vornehmlich die Versichertengemeinschaft daran interessiert, sie durch Rehabilitationsmaßnahmen in ihrer Gesundheit zu festigen, damit sie nicht vorzeitig Rente in Anspruch nehmen müßten. Hier hätte es, soweit es um die Zuordnung dieser Versicherten zu einem System gebe, näher gelegen, ihre Beihilfeansprüche anstelle der fortbestehenden Ansprüche gegenüber den Versicherungsträgern zu beschränken. Indes führe der Umstand, daß der Gesetzgeber das nicht getan habe, in diesen Fällen noch nicht zur Verfassungswidrigkeit des § 13 Abs. 1 a Satz 3 AVG. Die Norm lasse sich auch insoweit rechtfertigen, weil dem betroffenen Personenkreis jedenfalls Beihilfeansprüche und - sofern sie Ruhegehalt bezögen - Leistungen zukämen, die nach dem Alimentationsprinzip bemessen seien. Mit dieser Erwägung läßt sich der Ausschluß des Klägers von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zur medizinischen Rehabilitation erst recht sachlich begründen. Er ist hauptberuflich Beamter und lediglich im Rahmen einer Nebentätigkeit angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt. Das Interesse an der Erhaltung und Festigung seiner Gesundheit durch die beantragte Maßnahme der Heilbehandlung liegt damit maßgeblich oder - sofern es sich bei der Sport-Toto GmbH um ein landeseigenes Unternehmen handeln sollte - sogar ausschließlich auf seiten seines Dienstherrn. Aufgrund dessen ist es sachgerecht, ihn insoweit dem System der beamtenrechtlichen Versorgung zuzuordnen. In seinem Grundrecht aus Art 3 Abs. 1 GG wird er hierdurch nicht verletzt.

Auch im übrigen sind Verletzungen des GG zu Lasten des Klägers nicht feststellbar. Das gilt insbesondere hinsichtlich möglicher Verletzungen des Art 14 Abs. 1 GG und des Sozialstaatsprinzips. Insofern kann auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des LSG verwiesen werden. Sie stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG (Beschluß vom 9. Februar 1983, a.a.O.) und sind auch von der Revision nicht beanstandet worden.

Das angefochtene Urteil erweist sich als zutreffend. Das führt zur Zurückweisung der Revision des Klägers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes.1 RA 5/83

Bundessozialgericht

Verkündet am

11. August 1983

 

Fundstellen

BSGE, 232

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