Leitsatz (amtlich)

1. Auswirkung des Verstoßes eines Tarifvertrages gegen § 3 Abs. 1 Ziff 1 b BetrVG auf die Wirksamkeit nachfolgender Betriebsratswahlen.

2. Keine Verpflichtung zur bundesweiten betriebsübergreifenden Stellenausschreibung in Unternehmen mit bundesweit angesiedelten Filialen.

 

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur unternehmensweiten Stellenausschreibung.

Der Beteiligte Ziff. 1 ist der beim Beteiligten Ziff. 2 gebildeten Gesamtbetriebsrat.

Der Beteiligte Ziff. 2 betreibt eine Drogeriemarktkette mit bundesweit rund 10.000 Verkaufsstellen.

Die einzelnen Verkaufsstellen werden geleitet von einer Verkaufsstellenverwalterin die zuständig ist für Dienst- und Pausenpläne. Daneben sind in einer Verkaufsstelle regelmäßig weniger als fünf weitere Arbeitnehmer beschäftigt. Die einzelnen Verkaufsstellen sind in Verkaufsbezirken zusammengefasst, denen jeweils ein Bezirksleiter vorsteht. Der Bezirksleiter ist der alleinige Personalverantwortliche im Bezirk und für die Besetzung vakanter Stellen zuständig. Unternehmensweite Vorgeben bestehen diesbezüglich in Form einer „Sollzahlentabelle” (Bl. 47.d.A.). Die Entscheidungskompetenz obliegt insoweit den Bezirksleitern, die auch die Personalgespräche führen und die Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG durchführen. Die Bezirksleiter sind ihrerseits einem Verkaufsleiter unterstellt. Bundesweit gibt es ca. 33 einem Verkaufsleiter unterstellte Regionen.

Am 07.04.1995 schloss der Beteiligte Ziff. 2 mit der damaligen Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen einen Zuordnungstarifvertrag nach § 3 Abs. 1 BetrVG. Darin wurden die einzelnen Verkaufsstellen zu Betriebsratsbezirken zusammengefasst. In diesen Betriebsratsbezirken sind teilweise Betriebsräte gebildet, insgesamt 110 Gremien bundesweit. Die Grenzen der Betriebsratsbezirke und der Verkaufsbezirke bestehen völlig unabhängig voneinander. Hieraus resultiert, dass in jeden Betriebsratsbezirk zwei bis drei Verkaufsbezirke fallen, umgekehrt in jeden Verkaufsbezirk in der Regel zwei, in Ausnahmefällen drei Betriebsräte (sofern gewählt), die für die einzelnen Verkaufsstellen des Verkaufsbezirkes zuständig sind.

Soweit von den örtlichen Betriebsräten nach § 93 BetrVG die Ausschreibung von Stellen verlangt ist, finden Stellenausschreibungen innerhalb des jeweiligen Betriebsratsbezirkes statt. Dies hat zur Folge, dass Mitarbeiter von freien Stellen in benachbarten Betriebsratsbezirken auch dann nicht erfahren, wenn diese nur wenige Kilometer von der eigenen Verkaufsstelle entfernt sind. Bei Schließungen von Verkaufsstellen allerdings führt dies zur Kündigung von Arbeitsverhältnisses oder zur Versetzung der betroffenen Arbeitnehmer auch bezirksübergreifend.

Mit Schreiben vom 02.02.2005 bat der Beteiligte Ziff. 1 um den Abschluss einer Vereinbarung, die unter anderem auch die Verpflichtung zur Ausschreibung offener Stellen in sämtlichen Verkaufsstellen bundesweit vorsah. Dies wurde vom Beteiligten 2 mit Schreiben vom 21.02.2005 abgelehnt. Der Beteiligte Ziff. 1 beschloss daher in seiner Sitzung vom 31.03.2009 bis 03.04.2009 die Durchführung eines Beschlussverfahrens zur Durchsetzung unternehmensweiter Stellenausschreibungen und die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Beteiligten Ziff. 1. Mit Schreiben vom 08.07.2009 unterbreitete der Beteiligte Ziff. 1 dem Beteiligten Ziff. 2 einen Vergleichsvorschlag der die Ausschreibung per Telefax oder die Bundesland bezogene Ausschreibung zum Inhalt hatte. Die Beteiligte Ziff. 2 ließ dieses Vergleichsangebot mit Schreiben vom 09.07.2008 ablehnen.

Der Beteiligte Ziff. 1 hat vorgetragen,

dass er im Rahmen seiner Zuständigkeit nach § 50 BetrVG die gleichen materiellen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte wie ein örtlicher Betriebsrat habe. Deswegen sei es dem Beteiligten Ziff. 1 nicht verwehrt, nach § 93 BetrVG im Rahmen seiner Zuständigkeit – auch für betriebsratslose Bezirke – initiativ zu werden.

Es sei unbestritten und bekannt, dass die jeweiligen Vertreter des Beteiligten Ziff. 2 in Gerichtsverfahren stets betonen würden, sämtliche Entscheidungen würden vom Inhaber S. getroffen. Dies betreffe insbesondere Entscheidungen bezüglich der Eröffnung und Schließung von Verkaufsstellen und damit auch bezüglich der Frage der Aufrechterhaltung oder Reduzierung von Personal. Dies ergebe sich auch aus einem unternehmenseinheitlich angewandten Formular zur Stellenausschreibung (Bl. 9 d. A.).

Die Personalplanung im Unternehmen erfolge anhand einer einheitlich angewandten Sollzahlentabelle, die den Personalbestand an den Umsätzen der einzelnen Verkaufsstellen orientiere. Deswegen könne die Zuständigkeit auch nicht mit der pauschalen Begründung, der Beteiligte Ziff. 2 betreibe keine einheitliche Personalplanung abgelehnt werden. Die betriebsübergreifende Ausschreibung könnten aber nicht die örtlichen Betriebsräte sondern nur der Bet. Ziff. 1 erzwingen.

Auf die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer e...

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