Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können die Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich vereinbaren, dass der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt sein soll, die Vertragsbedingungen einseitig zu ändern. Dadurch darf jedoch nicht der gesetzliche Schutz gegen Änderungskündigungen überschritten werden. Wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrags der einseitigen Änderung durch den Arbeitgeber unterliegen mit der Folge, dass das bisherige Gleichgewicht des Vertrags, also der Verhältnisse von Leistung und Gegenleistung, grundlegend gestört wird, ist diese Grenze überschritten.[1]

Besonders relevant ist die Frage der nachträglichen Veränderung der Vergütung bei Zusatzvergütungen wie Zulagen oder Zuschlägen. Denn gerade bei diesen – nicht selten nach Vertragsabschluss eingeführten – Vergütungen stellt sich die Frage der "Bestandsfestigkeit" gegenüber später eingetretenen Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Im Einzelnen ist hier insbesondere Folgendes zu beachten:

  • Bei individualvertraglich zugesicherten Zusatzvergütungen kann nur eine gemeinsame Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien oder eine einseitige Änderungskündigung des Arbeitgebers den Anspruch auf die entsprechende Zusatzvergütung beseitigen oder ändern. Das Ziel, vertraglich geschuldete Bezüge abzusenken, kann eine Änderungskündigung sozial rechtfertigen, wenn eine andauernd schlechte Ertragslage herrscht und die Senkung eine Betriebsstilllegung oder die Reduzierung der Belegschaft verhindern kann. Der Entschluss des Arbeitgebers, lediglich die Lohnkosten senken zu wollen, ist dagegen nicht ausreichend.[2]
  • Eine freiwillige übertarifliche oder außertarifliche Zulage darf der Arbeitgeber auch rückwirkend mit Tariflohnerhöhungen verrechnen, wenn keine andere Vereinbarung im Arbeitsvertrag getroffen wurde. Eine solche Anrechnung ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts möglich, wenn dem Arbeitnehmer kein selbstständiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine solche Zulage zugesichert worden ist. Allein in der – auch mehrjährigen – tatsächlichen Zahlung der Zulage liege keine vertragliche Abrede dahingehend, dass die Zulage "verrechnungsfest" sein solle.[3]
  • Die arbeitsvertragliche Vereinbarung von Widerrufs- oder Anrechnungsvorbehalten ist grundsätzlich zulässig. Allerdings müssen solche Vorbehalte so ausgestaltet sein, dass der betroffene Arbeitnehmer bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags erkennen kann, was auf ihn "zukommen" kann, etwa durch Erwähnung der Fallgruppen (z. B. wirtschaftliche Notlage), in denen von einem Widerruf Gebrauch gemacht werden kann. Hinsichtlich der Höhe des "Vorbehaltsentgelts" ist zu beachten, dass der widerrufliche Anteil am Gesamtverdienst unter 25 bis 30 % liegt.[4]
  • Für Arbeitnehmer in Abrufarbeit[5] besteht gemäß § 12 Abs. 2 TzBfG eine spezialgesetzliche Regelung der zulässigen Bandbreite der Anpassung der Arbeitszeit (und damit der zu zahlenden Arbeitsvergütung). Ist für die wöchentlichen Arbeitszeit eine Mindestarbeitszeit vereinbart (sog. Sockelarbeitszeit), darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Höchstarbeitszeit im Sinne einer Obergrenze der zu leistenden Arbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber diese (und damit das vereinbarte Entgelt) nur um bis zu 20 % absenken.
  • Wird im Formulararbeitsvertrag eine monatlich zu zahlende Leistungszulage vereinbart, ist eine Vereinbarkeit unwirksam, die jeglichen Rechtsanspruch auf die Zulage ausschließt. Eine solche Klausel benachteiligt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts den Arbeitnehmer wegen der Aushebelung des gesetzlichen Prinzips der Vertragsbindung unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.[6]
  • Handelt es sich um eine Erschwerniszulage, ist im Zweifel gewollt, dass die Zulage in bisheriger Höhe auch neben einem erhöhten Tariflohn weitergezahlt wird.[7] Der Widerruf einer übertariflichen Erschwerniszulage ist sachbezogen, wenn er aus Anlass einer neuen tariflichen Lohnregelung erfolgt, die eine leistungsgerechte Entlohnung anstrebt, auch wenn die neue Lohnregelung selbst keine Erschwerniszulage vorsieht.[8]
 
Wichtig

Ausübung des Widerrufsrechts unterliegt Beschränkungen

Der Arbeitgeber kann kein Widerrufsrecht nach freiem Ermessen begründen, sondern muss sich im Rahmen billigen Ermessens halten.[9] Die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts nach freiem Ermessen ist jedenfalls soweit unzulässig, wie sie sich auf Bestandteile des laufenden Verdiensts bezieht. Es ist anerkannt, dass die Vereinbarung von Widerrufsvorbehalten nicht unbegrenzt zulässig ist und insbesondere nicht zur Umgehung kündigungsrechtlicher Vorschriften führen darf.[10]

Beispiele für einen unzulässigen Widerruf aufgrund Verstoßes gegen § 315 BGB:

  • Widerruf wegen fehlender Motivation nach zuvor erklärter fristloser Kündigung[11];
  • Widerruf wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten bei ansonsten überdurchschni...

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