Alle auf vertraglicher Grundlage abhängig Beschäftigten, also auch Auszubildende[1], die zum Streik aufgerufen worden sind, haben das Recht, sich an gewerkschaftlich organisierten und hinsichtlich des betrieblichen und zeitlichen Kampfgebiets definierten Arbeitskämpfen zu beteiligen.

Im öffentlichen Dienst gilt nichts anderes. Nur für die bereits unter Abschn. 5 behandelten Beamte, Richter und Soldaten bestehen Kampfverbote. Die Arbeitsbedingungen der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst werden durch Tarifverträge geregelt. Ein Ausschluss des Streikrechts für die unter diese Tarifverträge fallenden Personen wäre deshalb auch funktionswidrig. Im Übrigen wird nach § 66 Abs. 2 Satz 3 BPersVG ausdrücklich das Arbeitskampfrecht für personalvertretungsrechtliche Angelegenheiten ausgeschlossen. Das macht nur einen Sinn, wenn dieses Recht im öffentlichen Dienst ansonsten besteht.

Ganz unproblematisch ist der Arbeitskampf im öffentlichen Dienst allerdings nicht. Er wird häufig das Gemeinwohl berühren. Sein Ergebnis, der neue Tarifvertrag, bindet den Gesetzgeber in einer Art und Weise, die für eine demokratische Ordnung ungewöhnlich ist. Der Gesetzgeber kann – und muss – die Tarifabschlüsse mit der Haushaltsgesetzgebung letztlich nur umsetzen. Die persönlichen Gegner der Arbeitnehmerseite, die für die öffentliche Hand als Arbeitgeber handeln, verfügen nicht über eigenes, sondern über fremdes Geld. Sie haben möglicherweise zu bestimmten Zeiten ein besonderes Interesse an großzügigen Tarifabschlüssen und an einem vorzeitigen Nachgeben im Arbeitskampf. Was das Streikrecht in der Privatwirtschaft legitimiert, die Vermutung, dass es in einem paritätischen Prozess des Aushandelns von gegensätzlichen Standpunkten aus zu angemessenen Verhandlungsergebnissen kommt, passt deshalb nicht uneingeschränkt auf den öffentlichen Dienst. Gleichwohl kann es hier nicht um einen Ausschluss des allgemein garantierten Streikrechts für bestimmte Arbeitnehmergruppen gehen. Bei der Anwendung der maßgeblichen Arbeitskampfregeln sind lediglich die Besonderheiten dieses Ausschnitts des Arbeitslebens angemessen zu berücksichtigen. So wird das das gesamte Arbeitskampfrecht prägende Übermaßverbot eine besondere Rolle spielen, wenn bestimmte, für das Gemeinwohl wesentliche Funktionen des öffentlichen Dienstes, wie die, die zur Daseinsvorsorge zählen, bestreikt werden.[2]

Auch die Vorschriften des Betriebsverfassungs- und des Personalvertretungsrechts stellen keine personellen Schranken für das Streikrecht auf. Zwar kann nicht um betriebsverfassungs- oder personalvertretungsrechtlicher Ziele willen gestreikt werden. Zur Durchsetzung von Betriebs- oder Dienstvereinbarungen steht nur die Konfliktlösung mithilfe von Einigungsstellen zur Verfügung. Das einzelne Mitglied einer Arbeitnehmervertretung darf aber wie jeder andere Arbeitnehmer an einem gewerkschaftlich geführten Streik um ein tariflich regelbares Ziel teilnehmen, sich auch – als Gewerkschaftsmitglied – maßgebend an dessen Organisation beteiligen.

Auch Arbeitnehmer, die besonders wichtige, existentiell bedeutsame Funktionen in einem Unternehmen zu erfüllen haben, dürfen streiken. Gibt es solche Funktionen in einem Unternehmen, die auch nicht vorübergehend unterbrochen werden dürfen, sind Notdienstvereinbarungen dafür maßgeblich, inwieweit und von wem diese Funktionen weiter wahrgenommen werden. Sie können – ebenso wie vom Arbeitgeber einseitig getroffene Notdienstregelungen[3] – auch festlegen, dass Arbeitnehmer ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Arbeitsleistung um der Erledigung von Notdiensten willen auch während eines Streiks nachkommen müssen. Es bedarf aber stets einer das Streikbeteiligungsrecht wirksam, im Rahmen der Erforderlichkeit suspendierenden Regelung, damit der Arbeitsplatzinhaber zur Arbeitstätigkeit während eines Streiks gezwungen ist.

Ein einzelner Arbeitnehmer kann auch dann an einem von einer Gewerkschaft ausgerufenen Streik rechtmäßig teilnehmen, wenn er nicht Mitglied der streikführenden Gewerkschaft ist. Auch Nicht- oder Andersorganisierte können sich an einem gewerkschaftlichen Streik beteiligen. Nur so kann ein Streik durchgeführt werden, der seine Funktion im Rahmen von Tarifverhandlungen ausfüllen kann. Die Gewerkschaften suchen sich für ihren Streikaufruf schon im Eigeninteresse Betriebe aus, in denen sie einen für die Auslösung von Solidarisierungen ausreichend hohen eigenen Organisationsgrad haben. Selbst in einem solchen Betrieb würden viele Streiks ohne die Beteiligung von Außenseitern nach kurzer Zeit zusammenbrechen. Die Kampfparität, deren es zur Effektivität des Tarifvertragssystems bedarf, wäre ohne ein Teilnahmerecht auch von Außenseitern nicht gewährleistet.

Im Übrigen ist es auch in der Sache gerechtfertigt, die Außenseiter derart in das Kampfgeschehen einzubeziehen. Sie nehmen in aller Regel an den Erfolgen eines Arbeitskampfes teil. Dies geschieht bei tarifgebundenen Arbeitgebern typischerweise über die Gleichstellung organisierter und n...

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