Zielvereinbarung Teamziele: Vorteile und Nachteile

Zu Jahresanfang werden in vielen Firmen wieder Zielvereinbarungen getroffen. Dabei setzen immer mehr Unternehmen auf Kollektiv- statt Individualziele. Managementberater und Buchautor Gunther Wolf erläutert die Vor- und Nachteile von Teamzielen.

Lehrbuchmäßig unterscheiden wir individuelle Ziele und gemeinsame Ziele (kollektive Ziele). Im Folgenden wird erläutert, worin sich Individualziele und Teamziele unterscheiden und wofür sich welche Zielart eignet.

Individualziele Definition

Individualziele sind nicht mit den sogenannten persönlichen Zielen zu verwechseln, etwa Karriereziele, Weiterbildungsziele oder Verhaltensziele. Individualziele beziehen sich schlicht und einfach auf den von einer einzelnen Person erbrachten Performance-Beitrag.

Individualziele richten sich auf den von einer einzelnen Person erbrachten Performance-Beitrag. Bei gemeinsamen Zielen ist die von allen Beteiligten zusammen erreichte Zielhöhe relevant, ungeachtet der individuellen Anteile am Erfolg.

Teamziele Definition

Gemeinsame Ziele sind beispielsweise Teamziele, Abteilungsziele, Bereichsziele und Ressortziele. Auch Unternehmensziele gehören zu den gemeinsamen Zielen. Gemeinsame Ziele werden zwar durch Einzelbeiträge der dieser Gemeinschaft zugehörigen Individuen erbracht, was aber für die Feststellung des Zielerreichungsgrades zählt, ist die insgesamt erreichte Zielhöhe.

Individuelle und gemeinsame Ziele

Es ist keineswegs unüblich, dass ein Mitarbeiter sowohl Individualziele als auch Teamziele zu verfolgen hat. Angenommen, Sie sind der Leiter des Werkzeugbaus. Sie haben von Ihrem Vorgesetzten die Zielrichtung „Senken des Materialverbrauchs im Werkzeugbau“ erhalten. Indem Sie diese Zielrichtung an Ihre Mitarbeiter als Team weitergeben, wird hieraus im Verlaufe des Zielvereinbarungsprozesses ein gemeinsames Ziel definiert: Ein Ziel, dem sich alle Mitarbeiter des Werkzeugbaus zusammen mit Ihnen widmen.

Ihr direkter Vorgesetzter hat möglicherweise die Zielrichtung „Senken des Materialverbrauchs in der Produktion“ zu verfolgen, zusammen mit Ihnen und den anderen direkten Mitarbeitern auf der gleichen Ebene. Solche ebenenübergreifend gemeinsamen Ziele sorgen dafür, dass Führungsebenen nach oben wie nach unten in Teamziele integriert werden. In diesem Beispiel hätten Sie als Leiter des Werkzeugbaus schon zwei Teamziele. Ohne einen Bruch in der Zielhierarchie ist es alternativ möglich, dass Sie dieses Ziel als Teamziel für Ihre Mitarbeiter definieren und zugleich Ihr Vorgesetzter für Sie als Individualziel.

Letzteres wird als unreines Individualziel bezeichnet, denn es ist ja ein Ziel, auf das tatsächlich nicht nur Sie selbst, sondern auch Ihr Team hinarbeiten. Je höher eine Person in der Unternehmenshierarchie angesiedelt ist, desto häufiger kommen solche unreinen Individualziele zum Einsatz. Bei der Unternehmensleitung sind reine Individualziele (z. B. Anbahnung eines Unternehmensverkaufs) weitaus seltener als unreine, das jeweilige Ressort oder das ganze Unternehmen betreffende Individualziele (z. B. Steigerung des Jahresüberschusses) .

Wann besser Individualziele, wann besser Teamziele?

Wann setzen Sie besser Individualziele, wann besser Teamziele ein? Vielleicht haben Sie gar keine Wahl. Der erste Prüfstein nimmt die Realisierbarkeit von individuellen Zielen unter die Lupe: Sind die einzelnen Ergebnisbeiträge auf Individualebene überhaupt ermittelbar? Wenn sie sich zu stark vermischen, kommen Sie um Teamziele nicht umhin.

Der zweite Prüfstein richtet sich auf den Sinn von Teamzielen: Ist es überhaupt ein Team im eigentlichen Sinne? Darunter sind Teams zu verstehen, deren Mitglieder wirklich eng zusammenarbeiten können und sollen. Falls Sie das verneinen, lassen Sie lieber die Finger von Teamzielen. Werfen Sie keinesfalls Mitarbeiter in einen Pott, die nichts miteinander zu schaffen haben und sich – der klassische Fall – nur einmal jährlich bei der Vertriebstagung treffen.

Bereichsübergreifende Teamziele

Ein Teamziel kann auch bereichsübergreifend formuliert werden. Falls Sie Personalleiter sind und einer Ihrer Mitarbeiter ein SAP-HR-Modul einführen soll, könnte die intensive Zusammenarbeit mit einem Mitarbeiter der IT erforderlich sein. Suchen Sie den Austausch mit dessen Chef und machen Sie das Projekt zum Teamziel der beiden. Das dürfte sinnvoller sein, als wenn Sie und der andere Vorgesetzte unabhängig voneinander versuchen, die Zielbeiträge des einzelnen Mitarbeiters in Ziele zu gießen.

Individualziele: Vorteile und Nachteile

Falls Sie beide Prüfsteine bejahen und somit die Wahl haben, sollten Sie die Vor- und Nachteile kennen und sich entsprechend vorbereiten. Individuelle Ziele werden durch den Mitarbeiter allein realisiert. Sieht man von dem ohnehin durch ausreichend viele und gute alternative Aktionspläne möglichst gering zu haltenden Teil interner und externer Einflussfaktoren ab, spiegelt die spätere Zielerreichung genau den Erfolg des Mitarbeiters wider.

Doch es ist bekannt, dass Individualziele das Einzelkämpfertum und – insbesondere bei angekoppelten Boni – sogar das Konkurrenzdenken der Mitarbeiter fördern. Das ist nicht grundsätzlich schlecht. Ob es einen Nutzen bringt oder nicht, hängt von der Art der Tätigkeit und von der Arbeitsorganisation ab.

Sie sollten bedenken, dass mit individuellen Zielen das Interesse für über den eigenen Verantwortungsbereich hinausgehende Vorgänge weder gefördert noch gefordert wird. Mit Individualzielen wird kein Anreiz gegeben, sich mit teambezogenen Prozessen zu befassen. Auch das unternehmensorientierte Denken und Handeln wird hierdurch nicht gefördert.

Teamziele: Vorteile und Nachteile

Gemeinsame Ziele hingegen fördern den Teamgedanken. Das hiermit verbundene gegenseitige Unterstützen hilft insbesondere den leistungsschwachen Mitarbeitern, kostet die guten Mitarbeiter jedoch viel Zeit und Energie.

Der zentrale Nachteil von Teamzielen besteht darin, dass stets ein Teil der Mitarbeiter dazu neigt, es sich in der Team-Hängematte bequem zu machen.

Teamziele vs. Individualziele: Studien

Team- und Individualziele entfalten unterschiedliche Wirkungen in Abhängigkeit von dem individuellen Leistungslevel der Mitarbeiter. Drei Ergebnisse aus Studien unseres Instituts.

  • Auf gut 50 Prozent der Leistungsschwachen wirken Teamziele als Anreiz zu höherer Performance. Nur rund 20 Prozent verspüren durch Individualziele eine zusätzliche Motivation.
  • Der größte Teil der soliden Leistungsträger steigert seine Leistungsbeiträge, sowohl bei Team- als auch bei Individualzielen. Teamziele wirken sich leicht positiver aus als Individualziele.
  • Bei rund 70 Prozent der Hoch- und Höchstleister sinkt die Performance bei Teamzielen. Dieser Effekt tritt bei Individualzielen nicht ein.

Daneben sind Unterschiede in den jeweiligen Persönlichkeitsdispositionen dafür verantwortlich, ob der Mitarbeiter hohe Leistung als Einzelner oder im Team entfaltet. Manch einer erzielt nur Erfolge, wenn er konzentriert und alleine arbeitet, ein anderer benötigt das Miteinander im Team.

Teamziele: Tipps

Bei gemeinsamen Zielen sind drei Aspekte zu beachten:

  • Teamziele verlieren ab einer Gruppengröße von etwa 8 Personen mit jedem hinzukommenden Mitglied an Handlungsrelevanz für den Einzelnen. Bei etwa 15 Teammitgliedern wird der eigene Beitrag zu den Teamzielen nicht mehr als ausreichend wahrgenommen, um sich besonders zu engagieren.
  • Unternehmensziele entfalten daher, sofern die Belegschaft aus mehr als 15 Mitarbeitern besteht, keine motivierende Wirkung.
  • Die Teamgröße sollte ein hinreichend gutes Zielvereinbarungsgespräch erlauben. Dies ist Führungskräften bei mehr als 10 Teammitgliedern nur möglich, wenn sie über außerordentlich hohe Moderations-Kompetenzen verfügen.

Team- oder Individualziele?

Wann setzen Sie Teamziele am besten ein, wann arbeiten Sie möglichst mit Individualzielen? Sie stehen als Führungskraft tatsächlich vor einem Dilemma: Wollen Sie mit Teamzielen den Schwächeren helfen und die Stärkeren hemmen? Oder mit individuellen Zielen die Stärkeren fördern und die Schwächeren liegenlassen? Diese Problematik können Sie nicht lösen, indem Sie die Schwächeren zu einem Team zusammenfassen und für die Top Performer eine individuelle Zielvereinbarung treffen: Um die beiden erstgenannten Effekte zu realisieren, brauchen Sie die Höchstleister mit im Team. Aus den vorgenannten drei Wirkungen, die von der jeweiligen Leistungsbereitschaft abhängen, können drei Vorgehensweisen mit Empfehlungscharakter abgeleitet werden. Sie sind jedoch für jeden Einzelfall zu prüfen und gegebenenfalls zu modifizieren.

  • Sollte Ihr Team vorwiegend aus Leistungsschwächeren und Mitarbeitern des Mittelfelds bestehen, greifen Sie zu Teamzielen. Stellen Sie aber sicher, dass ein High Performer im Team ist, der als Performancetreiber fungiert. Treffen Sie mit diesem zusätzlich eine individuelle Zielvereinbarung, in der Sie die Steigerung von Potenzial und Performance der anderen Teammitglieder als Zielrichtung für ihn definieren.
  • Ist Ihr Team bezüglich der individuellen Leistungslevel gut durchmischt, nutzen Sie Vorteile und nivellieren Sie Nachteile von Team- bzw. Individualzielen durch sinnvolles Kombinieren und gezieltes Verknüpfen der individuellen und der gemeinsamen Ziele. Falls in Ihrem Hause die Individual-, Team- und Unternehmensziele mit Boni gekoppelt sind, gilt es bei der Verknüpfung von Zielen jedoch einige Aspekte zu beachten, damit der Schuss nicht nach hinten losgeht.
  • Sofern die Mehrzahl Ihrer Mitarbeiter den High Performern zuzurechnen ist, nutzen Sie vorwiegend Individualziele. Die höhere Performance der Leistungsstarken macht die fehlende Leistungssteigerung bei Low Performern wett. Machen Sie bei Letzteren dennoch das Aufschließen auf den Level der Kollegen zum Ziel: Vielleicht gehören Ihre leistungsschwachen Mitarbeiter ja zu den 20 Prozent, die dann in Wallung kommen. Als weitere Zielrichtung formulieren Sie für diese Klientel den Support der Leistungsträger.


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