Wuppertaler Kreis fordert Eigeninitiative in der Weiterbildung

Wie muss die betriebliche Weiterbildung gestaltet sein, damit Firmen in der sich rasch wandelnden, digitalisierten Arbeitswelt bestehen und Innovationen fördern können? Zu dieser Frage liefert der "Wuppertaler Kreis", ein Verband von Weiterbildungsanbietern, nun grundlegende Antworten.

Weiterbildung im Betrieb ist wohl die wichtigste Voraussetzung dafür, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter fachlich auf dem neusten Stand halten und sie dazu befähigen, auf Veränderungen zu reagieren und Innovationen voranzutreiben. Das gilt heute umso mehr, als technische Innovationen die Arbeitswelt in einem schnellen Takt verändern und ständig neue Ideen erfordern.

Wie die betriebliche Weiterbildung und der Weiterbildungsmarkt dafür aufgestellt sein sollten, damit Unternehmen in diesem Umfeld bestehen können, hat nun der Wuppertaler Kreis, ein Verband von 52 Anbietern für Führungskräfteentwicklung, in einem Positionspapier dargelegt. Dabei steht ein Prinzip im Vordergrund: Eigenverantwortung. Und das auf mehreren Ebenen: Eigenverantwortlich agieren sollen demnach sowohl die Unternehmen und Mitarbeiter als auch die Weiterbildungsanbieter selbst.

Betriebliche Weiterbildung: Alle sollen Eigenverantwortung zeigen

Für die Weiterbildung im Betrieb soll dies nach Vorstellungen des Verbands bedeuten, dass sich sowohl die Unternehmen als auch die Mitarbeiter selbst verantwortlich für Bildungsmaßnahmen fühlen sollten.

In dem Papier werden dabei explizit die Mitarbeiter in die Pflicht genommen: Sie seien dafür verantwortlich, ihre Qualifikationen aktuell zu halten und weiterzuentwickeln und damit ihre Employability, also ihre Berufs‐ und Arbeitsmarktfähigkeit, erhalten. „Dieses Prinzip der Eigenverantwortung sowohl der Betriebe als auch der Beschäftigten zu stärken und zu unterstützen, sollte die Prämisse der Weiterbildungspolitik sein“, heißt es dort.

Gerade bei den Mitarbeitern dürfte dies aber noch ein langer Weg sein: Denn bisher sind es in Deutschland meist die Arbeitgeber und nicht die Mitarbeiter selbst, die sich darum kümmern, passende Weiterbildungsangebote zu finden, wie vor Kurzem eine Umfrage des Jobportals Indeed gezeigt hat.

Seminare & Co.: Unternehmen und Mitarbeiter sollen zahlen

Zur Eigenverantwortung der Unternehmen sollte es nach Überzeugung des Verbands auch selbstverständlich gehören, die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter selbst zu finanzieren und keine staatliche Unterstützung dafür in Anspruch zu nehmen. Auch eine Ausweitung der Weiterbildungsberatung auf Unternehmen aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung hält der Wuppertaler Kreis weder für erforderlich noch für sinnvoll.

Um die Eigenverantwortung der Beschäftigten zu fördern, hält der Verband ein "wettbewerbsneutral gestaltetes Angebot an Finanzierungsmöglichkeiten für Weiterbildung" für sinnvoll. Im Klartext: Wer als Mitarbeiter keine Weiterbildung finanziert bekommt und sich selbst keine leisten kann, soll Förderinstrumente wie Bildungskredite nutzen. Das bestehende Angebot an solchen Fördermöglichkeiten hält der Verband für ausreichend.

Weiterbildungsanbieter sollten ebenfalls eigenverantwortlich agieren

Eigenverantwortung fordert der Verband aber nicht nur von den Unternehmen und Mitarbeitern, sondern auch von den Weiterbildungsanbietern selbst. Ein Überblick über den deutschen Weiterbildungsmarkt, den der Verband in seinem Papier gibt, zeigt, wie bunt dieser ist: Neben den mehrheitlich kleinen und mittelgroßen Dienstleistungsunternehmen gibt es einen großen Anteil von Freiberuflern und mittelständischen Bildungs‐ und Beratungsunternehmen, daneben die öffentlich geförderte Weiterbildung und öffentlich-rechtliche Angebote wie die Volkshochschulen.

Diese Pluralität staatlich regulieren zu wollen – so wie es etwa Gewerkschaften fordern – halten die Autoren des Positionspapiers für den falschen Ansatz: Konzepte wie ein Recht auf Weiterbildung für alle Beschäftigten oder die Ausweitung der Zertifizierung und der Qualitätssicherung seien kontraproduktiv, schreiben sie, denn: "Staatliche Eingriffe in die betriebliche Weiterbildung belasten die Innovationsfähigkeit der Unternehmen."

Es bestehe auch gar kein Anlass, die Qualität der betrieblichen Weiterbildung und der Personalentwicklung der Unternehmen in Frage zu stellen, argumentieren die Autoren: Die Qualität der betrieblichen Weiterbildung beweise sich durch den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen.

Gesetzlicher Anspruch auf Weiterbildung: abgelehnt

Speziell einen gesetzlichen Anspruch auf Weiterbildung, wie ihn Arbeitsministerin Andrea Nahles fordert, lehnt der Wuppertaler Kreis entschieden ab. "Der Bildungsbedarf wird im Dialog zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen im Rahmen der Personalentwicklung festgestellt, staatliche Interventionen sind hier fehl am Platz", meinen die Autoren.

Die Ausrichtung auf die Bildungsbedürfnisse der Unternehmen wiederum erfordere ein reaktionsfähiges Weiterbildungssystem, das die raschen Veränderungen des wirtschaftlichen und technischen Strukturwandels ebenso berücksichtige wie die immer differenzierteren Qualifizierungsansprüche der Betriebe. Den dadurch entstehenden Wettbewerb unter den Weiterbildungsanbietern loben die Autoren als Treiber von Innovationen in der Weiterbildung.

Weiterbildungsformate: Der Trend geht zu "on demand"

Auch zur zukunftsfähigen Ausgestaltung von betrieblicher Weiterbildung hat der Wuppertaler Kreis eine klare Meinung. Der Verband erkennt einen Trend hin zu individuellen, maßgeschneiderten Formaten. "Die Digitalisierung ist Motor für die weitere Integration der Dienstleistung Weiterbildung, sodass auch das Initiieren von Bildungsprozessen im laufenden Arbeitsprozess durch den Bildungsdienstleister erfolgen kann", schreiben die Autoren hierzu.

Bei der Entwicklung passgenauer Lösungen würden moderne Lernformen heute häufig im wirtschaftlichen Umfeld entwickelt und von Betrieben finanziert. Diese Entwicklung setzt sich laut dem Verband auch bei den Weiterbildungsformaten durch: Hier gehe der Trend hin zu "on demand", also zu einer Bereitstellung von Bildungsinhalten je nach Bedarf des jeweiligen Unternehmens.

Wie ein zukunftsfähiges Weiterbildungskonzept in der Praxis aussehen kann, haben vergangene Woche Arbeitsministerin Nahles und Telekom-HR-Chef Christian Illek vorgestellt: Nahles rief mit einer neuen Initiative Unternehmen dazu auf, neue Weiterbildungskonzepte auszuprobieren. Die Telekom präsentierte daraufhin einen Vorschlag: Mit einer Bildungsteilzeit will der Kommunikationsriese künftig jene Mitarbeiter fördern, deren Arbeitsplätze von der Digitalisierung bedroht sind. Mehr zum Bildungsteilzeitkonzept der Telekom und Nahles' Weiterbildungsinitiative lesen Sie hier.

Das komplette Positionspapier können Sie hier auf der Website vom "Wuppertaler Kreis" lesen.