Die Stimme der Weiterbildung geht in den Ruhestand

Über vier Jahrzehnte setzte sich Carsten Löwe für die betrieblichen Weiterbildung im Umfeld der Arbeitgeberverbände ein: Er initiierte Projekte, verfasste Leitfäden, organisierte Tagungen und trat als Experte bei parlamentarischen Anhörungen auf. Zum Jahresanfang 2023 ging der langjährige Geschäftsführer des Wuppertaler Kreises in Ruhestand. Eine Würdigung.

Das Thema Weiterbildung hat in den letzten Jahrzehnten einen Bedeutungszuwachs bekommen, der kaum zu unterschätzen ist. Das lässt sich auch an der Geschichte des Wuppertaler Kreises ablesen, die Carsten Löwe in den letzten 40 Jahren mitgeprägt hat. Als Geburtsstunde gilt die Gründung der "Gesellschaft zur Förderung des Unternehmernachwuchses", die 1955 in Wuppertal stattfand. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sah in der Förderung des Führungsnachwuchses einen entscheidenden Hebel zur Zukunftssicherung der Wirtschaft und wollte dafür eine Art von Think Tank haben. Weiterbildung war damals noch eine elitäre Veranstaltung, die vor allem dem Top-Führungsnachwuchs zugutekam. Die Baden-Badener Unternehmergespräche, die aus dem Wuppertaler Kreis hervorgingen, setzen diese Tradition bis heute fort.

Carsten Löwe stieg 1984 nach seinem Betriebswirtschaftsstudium in die Bildungseinrichtung ein, die im Haus der Deutschen Wirtschaft in Köln beheimatet war. In den achtziger und neunziger Jahren erlebte die Weiterbildung einen ersten mächtigen Aufschwung. Carsten Löwe nutzte diese Welle und setzte Themen, die sich in Leitfäden und zahlreichen Veranstaltungen niederschlugen. Er trug damit dazu bei, das Thema sowohl in der betrieblichen Praxis der Unternehmen wie auch bei den Wirtschaftsverbänden und in der Politik zu verankern.

Beitrag zur Wiedervereinigung

Mit der Wiedervereinigung im Jahr 1989 kam eine weitere Herausforderung. Löwe betrat Neuland und machte das Thema "Marktwirtschaft und Unternehmensführung" in den neuen Bundesländern bekannt. Besonders stolz ist er auf das Projekt "FuF – der Fach- und Führungskräftetransfer", das der Geschäftsführer des Wuppertaler Kreises im Auftrag des BDI und Bundeswirtschaftsministeriums umsetzte. "Ich hatte damals regelmäßig Kontakt mit dem Treuhand-Direktor Hermann Wagner. Das war eine spannende und aufregende Zeit", so Löwe.

Demokratisierung der Weiterbildung

Seit den Nullerjahren erlebt die betriebliche Weiterbildung einen kontinuierlichen Aufschwung, manche sprechen von einer Demokratisierung. In vielen Unternehmen werden nicht mehr allein die Führungskräfte kontinuierlich auf Schulungen geschickt, das Paradigma vom lebenslangen Lernen gilt für breite Schichten der Beschäftigten. Diese Entwicklung drückt sich in dem neuen Selbstverständnis des Wuppertaler Kreises aus, der sich 2003 auf Initiative von Carsten Löwe von "Vereinigung zur Förderung der Weiterbildung von Führungskräften" in "Bundesverband betriebliche Weiterbildung" umbenannte.

Parlamentarische Abende und politische Stellungnahmen

In den letzten Jahren bekamen bildungspolitische Themen ein größeres Gewicht. Carsten Löwe veranstaltete für den Wuppertaler Kreis die "Parlamentarischen Abende", die dem Erfahrungsaustausch und der Vernetzung mit den Politikern in Berlin dienten. "Aus den Parteien kommt regelmäßig die erste Reihe der Politiker, die für das Thema zuständig sind", erläutert Löwe. Dass sich die Politik verstärkt für Weiterbildung interessiert, ist kein Zufall. Ihre Bedeutung für die Beschäftigungssicherung wurde mittlerweile auch in der Politik erkannt. Der Wuppertaler Kreis und Carsten Löwe wurden zu Ansprechpartnern für die Politik, beispielsweise als Sachverständige zum Qualifizierungschancengesetz.

Ordnungspolitische Stimme

Was ist nun die größte Veränderung in der Weiterbildung, die Löwe erlebt hat? "Die Unternehmen haben die Bedeutung der Weiterbildung für die Mitarbeiter und den Unternehmenserfolg erkannt und ihre Aktivitäten stark ausgebaut", resümiert Löwe seine Erfahrungen. Dass sich in die Weiterbildungsaktivitäten zunehmend auch der Staat, etwa beim Qualifizierungschancengesetz, einmischt, widerspricht zwar der ordnungspolitischen Überzeugung von Löwe. "Die Unternehmen wissen am besten, was in der betrieblichen Weiterbildung relevant ist." Doch er ist auch Pragmatiker und Verbandspolitiker, der weiß, dass mache Unternehmen inzwischen die staatlichen Fördermittel nutzen und das Thema der staatlichen Einflussnahme nicht mehr aus der Welt zu schaffen ist.

Für uns als Redaktion war Carsten Löwe immer ein wichtiger Ansprechpartner, um die Entwicklung des Weiterbildungsmarktes zu analysieren. Im Wuppertaler Kreis sind bis heute wichtige Bildungseinrichtungen versammelt und die jährliche Trendumfrage liefert zuverlässige und aufschlussreichen Daten und Fakten zu einem Markt, der kleinteilig und heterogen strukturiert ist. Carsten Löwe hat in Berlin dafür gekämpft, dass der Weiterbildungsmarkt wachsen und gedeihen kann, das bleibt sein Verdienst.