Wie man Snapchat im Personalmarketing nutzen kann

Totgesagte leben länger. So ist es auch mit der App Snapchat. Viele hatten sie schon abgeschrieben, doch die Entwickler warten mit immer neuen Ideen auf - und haben damit vor allem bei jungen Nutzern Erfolg. Im Personalmarketing für Azubis bietet die App noch ungenutztes Potenzial – wenn man sie richtig zu nutzen weiß.

In wenigen anderen Bereichen gibt es tagtäglich so viele Neuentwicklungen wie im Social Web und im Personalmarketing. Apps sprießen aus dem Appstore wie Pilze aus dem Boden. Genauso ist es im Social Web – kaum einer kann mit all den Neuerungen Schritt halten und schafft es, sie kompetent zu bedienen. Personalmarketer brauchen deshalb viel Kreativität, um zu verstehen, wie sie die unzähligen Möglichkeiten sinnvoll einsetzen können.

Ein gutes Beispiel für die rasante Entwicklung einer App, die alle sozialen Netzwerke mit ihren Funktionen geprägt hat, ist Snapchat. Kennen Sie nicht? Doch, glauben Sie uns. Sicherlich ist auch Ihnen bereits eins der zahlreichen „Sel­fies“ aufgefallen, auf denen Menschen mit Hundeohren, Geweihen oder anderen witzigen „Masken“ posieren. Diese Masken nennen sich „Lenses“ und können ganz einfach mit Snapchat auf das eigene Gesicht gelegt werden. Mit Sicherheit haben unter anderem auch diese Lenses zum Erfolg von Snapchat beigetragen: Nachdem Snapchat die Lenses-Funktion 2015 eingeführt hatte, legte die App in den vergangenen zwei Jahren ein unglaubliches Wachstum hin. Das Unternehmen entwickelte sogar eine eigene Videobrille, die „Spectacles“, die man direkt mit der App verbinden kann. Sie war lange angekündigt, wurde dann aber doch kein großer Erfolg. Nachdem Snapchat-Gründer Evan Spiegel im März 2017 mit seiner Firma an die Börse ging, folgte ein weiterer Rückschlag. Der Börsenstart wurde wider Erwarten ein Flop, denn die Nutzerzahlen stiegen zwar weiter, aber eben nicht so schnell wie prognostiziert.

Einsatzmöglichkeiten von Snapchat

Für das Personalmarketing gibt es trotzdem einige spannende Einsatzmöglichkeiten für Snapchat. Wer mit dem Gedanken spielt, die App im Personalmarketing zu nutzen, sollte aber natürlich zunächst einmal die wichtigsten Funktionen kennen, denn neben dem Bearbeiten von Bildern und Videos kann Snapchat noch einiges mehr – beispielsweise können Inhalte unmittelbar mit Freunden und Followern geteilt werden. Der Austausch über den Messenger erfolgt dabei öffentlich, in Gruppen oder privat. Das Besondere ist jedoch die Art und Weise, wie Fotos und Videos geteilt werden: Man nimmt sie entweder über den Messenger auf und verschickt sie direkt – dann sind sie für zehn Sekunden sichtbar und löschen sich danach selbst. Oder man veröffentlicht seine Inhalte in einer sogenannten „Story“, die nur Freunde und Follower sehen können. In diesem Fall sind die Inhalte immerhin 24 Stunden lang verfügbar. Instagram hat dieses Feature inzwischen nachempfunden. Seitdem ist die Story-Funktion in fast jedem Netzwerk angekommen – etwa auf Facebook, bei Whatsapp und Gerüchten zufolge wohl bald auch bei Youtube.

Snapchat ist genial einfach, aber ist es auch genial nützlich?

Für Unternehmen ist Snapchat eine geniale und einfache Möglichkeit, Interessierten einen Einblick in den Arbeitsalltag zu geben. Man drückt einfach einem Azubi ein Smartphone mit dem Firmen-Account in die Hand und lässt ihn seinen Arbeitsalltag „snappen“. Natürlich ist es sinnvoll, den Mitarbeiter vorher zu den Social Media Guidelines des Unternehmens zu schulen und gewisse „Dos and Don’ts“ zu besprechen.

Aber wer nutzt die App tatsächlich im Employer Branding? Wir haben eine Lis­te aller bekannten Arbeitgeber erstellt, die aktuell auf Snapchat aktiv sind, und sie über einen längeren Zeitraum beobachtet. Unsere Fragen für diese Auswertung: Wer snappt wie oft? Welche Mitarbeiter snappen? Welche Themen werden behandelt und was lernt man über die Unternehmen? Und vor allem: Wie kommunizieren die Unternehmen mit anderen Nutzern des Messengers? Gibt es direktes Feedback? Wie hochwertig sind Antworten auf Fragen über die Snapchat-App? Unsere Learnings haben wir im Folgenden zusammengefasst.

Snapchat ermöglicht den Blick durchs Schlüsselloch

Rund ein Drittel der Themen, die Arbeitgeber auf Snapchat vorstellen, haben interessanterweise keinen direkten HR-Bezug. Oft werden stattdessen aktuelle oder humorvolle Inhalte gespielt, um die Kanäle anzureichern. Alle weiteren Themen haben jedoch einen unmittelbaren HR-Bezug. Die meisten Unternehmen setzen dabei Azubis als Botschafter ein und lassen sie aus ihrem Arbeitsalltag berichten oder besondere Aktionen und Projekte vorstellen – zuweilen snappen die Azubis auch einfach über sich selbst.

Click to tweet

Durch die einfache Bedienbarkeit der App eignet sich Snapchat wunderbar, um Einblicke ins Unternehmen zu geben, die Interessierten und Bewerbern vorher verschlossen blieben – außer beispielsweise während eines Praktikums. Snapchat ist damit ein Schlüsselloch, durch das potenzielle Azubis einen Blick hinter die Kulissen werfen können.

Azubis als Botschafter

Wie bereits erwähnt, setzen die Unternehmen meist Azubis als Botschafter ein – um genau zu sein: 77 Prozent aller Unternehmen, die wir analysiert haben. Ein Vorteil ist, dass Azubis die App sehr gut verstehen, da sie diese oft selbst im Alltag nutzen. Ein anderer liegt darin, dass sie wissen, was angehende Azubis interessiert. Schließlich ist es noch gar nicht allzu lange her, dass sie selbst nach Informationen über Ausbilder und Arbeitgeber gesucht haben. Darüber hinaus fungieren Azubis als Jobbotschafter: Sie erzählen es ihren Freunden und Bekannten, wenn sie einen Kanal übernehmen dürfen und tragen somit zum Wachstum des Accounts bei.

Wer nicht snappt, ist unsichtbar

Keiner der beobachteten Arbeitgeber in Deutschland snappt täglich. Durchschnittlich stellen sie 1,25 Stories pro Woche online. Hier gibt es Verbesserungsbedarf, denn Snapchat funktioniert etwas anders als die übrigen Netzwerke. Der große Unterschied: Es gibt hier kein „Profil“, keine Seite, auf der man archivierte Beiträge ansehen kann. Also muss der Nutzer den Arbeitgebern aktiv folgen und Storys für sich auswählen. Diese sind allerdings nur für 24 Stunden sichtbar. Das bedeutet einerseits: Wer nicht snappt, ist auch nicht sichtbar. Andererseits hat das den Vorteil, dass man nicht permanent Inhalte aktualisieren muss – schließlich gibt es keine veralteten Beiträge.

Die geringe Durchschnittszahl der Storys pro Woche zeigt aber auch, dass die Arbeitgeber offenbar Wert auf gute Qualität und umfassende Information legen, um Follower zu generieren und zu halten – sie snappen nicht einfach drauflos.

Direkte Bewerberkommunikation ist möglich

Kennzeichnet dieses Qualitätsbewusstsein auch die direkte Kommunikation? Bei einem Messenger wie Snapchat steht natürlich der Dialog im Mittelpunkt und so können die Follower jederzeit private oder anonyme Direktnachrichten an Arbeitgeber senden. Das ist natürlich eine Chance für potenzielle Mitarbeiter, um Fragen loszuwerden. Die Unternehmen können im Austausch wiederum gut erkennen, was die Zielgruppe wirklich bewegt. Unsere Untersuchung kam in diesem Punkt allerdings zu einem ernüchternden Ergebnis: Ein Viertel der Arbeitgeber nutzt die Chance zum Dialog nicht und bleibt Antworten schuldig. Damit geht viel Potenzial verloren.

Click to tweet

Es gibt aber auch einige Arbeitgeber, die vormachen, wie es richtig geht: Der schnellste Arbeitgeber hat unsere Nachricht während der Geschäftszeiten innerhalb von drei Minuten beantwortet. Am Wochenende werden allerdings die wenigsten Kanäle betreut, wobei die Arbeit montags in der Regel wieder aufgenommen wird. Unser Learning: Je ausführlicher und individueller geantwortet wird, desto intensiver ist der Kontakt zu den Bewerbern – sie werden teils sogar bis zum Bewerbungsgespräch begleitet.

Live-Kommunikation via Snapchat lohnt sich

Nahezu alle Arbeitgeber, nämlich 96 Prozent, snappen live. Das bedeutet, dass sie den Charakter des Kanals verstanden haben, denn Stories, die nicht in Echtzeit produziert werden, waren lange mit einem weißen Rahmen gekennzeichnet und damit verpönt. So sagt schon der Name der App aus, dass die Inhalte „Schnappschüsse“ und somit live und echt sein sollen. Die Arbeitgeber, die diesem Motto folgen und ihre Stories live hochladen, wirken entsprechend besonders authentisch. Es entsteht Bildmaterial, das weder künstlich noch geschönt wirkt und den Arbeitgeber so zeigt, wie er ist. Man kann zwar auch nachbearbeitete Inhalte hochladen, dazu fehlt während eines Events jedoch die Zeit – und das wissen die Nutzer.

Snap-Ads bieten viel Potenzial

Im Testzeitraum verwendeten nur zwei Arbeitgeber die sogenannten Snap-Ads. Dabei handelt es sich um bezahlte Anzeigen, die zwischen den Snapchat-Stories eingeblendet werden. Diese Möglichkeit gibt es in Deutschland allerdings erst seit 2017. Erfahrungswerte dazu sind daher bislang rar. Trotzdem ist diese Werbeform besonders für die Ansprache einer jungen Zielgruppe spannend, denn laut Herstellerangaben liegt die Reichweite in der Altersgruppe von 13 bis 17 Jahren bei rund drei Millionen. Ähnlich wie bei Facebook können die Snap-Ads über einen Ad-Manager selbst erstellt und ausgesteuert werden.

Click to tweet

Unsere Analyse zeigt, dass man bei Snapchat vieles falsch, aber eben auch vieles richtig machen kann. Auf jeden Fall lassen sich immer mehr Arbeitgeber auf diese neue Kommunikationsform ein und trauen sich, neue Wege zu gehen. Das ist wichtig, denn egal, wie sich die App weiterentwickelt, sie hat Möglichkeiten für eine gezielte Bewerberansprache gezeigt, die es vorher nicht gab. Und wer solche Neuerungen im Auge behält, weiß auch morgen noch, wie die junge Zielgruppe tickt, die den Nachwuchs im Unternehmen sichert.


Die Autorinnen:

Melanie Berthold ist Diplom-Kauffrau und arbeitet im Bereich Employer Branding und Personalmarketing sowie als Bloggerin auf www.team-hr.de.

Maren Kaspers ist als Diplom-PR-Referentin erfah­rene Social-Media-Managerin, insbesondere im Bereich Personalmarketing. Sie bloggt auf www.team-hr.de.

Mehr dazu lesen Sie in personalmagazin 3/2018 mit einem Leitfaden für Personaler von Robindo Ullah, wie sich die Funktionen auf Snapchat nutzen lassen.

Schlagworte zum Thema:  Personalmarketing, Ausbildung