Personalmangel: Headhunter so gefragt wie nie

Die Personalknappheit in Deutschland bringt den Personalberatungen zusätzliches Geschäft: Immer mehr Unternehmen greifen bei der schwierigen Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Headhunter zurück. Der Branchenumsatz steigt auf ein neues Allzeithoch.

"Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verzweifelt gesucht" – so heißt es zurzeit aus vielen Branchen und für fast alle Hierarchieebenen. Die Unternehmen setzen deshalb verstärkt auf externe Unterstützung. In der Branchenstudie "Personalberatung in Deutschland 2022" des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) wird das deutlich: Mithilfe der Headhunter wurden im vergangenen Jahr 16 Prozent mehr Stellen besetzt als im Vorjahr. Parallel dazu kletterte der Umsatz der Personalberatungen auf 2,7 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 17 Prozent.

Headhunter machen mehr Umsätze als geplant

Auch im laufenden Jahr bleibt die Nachfrage der Unternehmen hoch. 60 Prozent der Personalberatungen geben an, momentan mit ihren Umsätzen über ihren Budgetplanungen zu liegen. Für das Jahr 2022 prognostizieren die Personalberatungen ein Marktwachstum von zwölf Prozent. Eine besonders hohe Nachfrage erwarten sie aus dem Gesundheitswesen (plus 15 Prozent), den Professional Services (plus 14 Prozent) sowie der Chemie- und Pharmabranche (plus 14 Prozent).

Ukraine-Krieg dämpft die Stimmung

Eine leichte Eintrübung der Branchenstimmung ist jedoch seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine festzustellen. Nur noch rund ein Drittel der Marktteilnehmenden geht von einer nochmals günstiger werdenden Geschäftssituation aus. Auch der vom BDU erhobene Geschäftsklimaindex für die Consultingbranche lässt für die Personalberatungen einen rückläufigen Indexwert erkennen (von 114,0 im vierten Quartal 2021 auf 104,5 im zweiten Quartal 2022).

Managementdiagnostik wird immer wichtiger

Das Stammgeschäft der Personalberatungen – die Suche, Auswahl und Gewinnung von Führungskräften, Expertinnen und Experten – hat im vergangenen Jahr nochmals um 21 Prozent dazugewonnen. Dieser Trend setzt sich 2022 fort. "Daneben wird die Managementdiagnostik als Geschäftsfeld für uns Personalberater immer wichtiger", so Arne Adrian, Vorsitzender des BDU-Fachverbands Personalberatung. "Bereits heute kommen bei fast 60 Prozent der von uns durchgeführten Personalauswahlprojekten eignungsdiagnostische Verfahren zum Einsatz", sagt er.

Berufsbezogene Persönlichkeitstests werden zum Beispiel bei jedem zweiten Auswahlprozess angewendet. Assessment Center kommen bei jedem vierten Such- und Auswahlprozess zum Einsatz. (Lesen Sie dazu unser Top-Thema "Grundlagen der Personalauswahl").

Die meisten Headhunter setzen auf CV Parsing

Auch digitale Tools sind weit verbreitet. CV Parser für die maschinelle Verarbeitung von Lebensläufen und Bewertungen, Video-Recruiting-Tools oder Matching-Tools nutzen aktuell zwei Drittel der Headhunter, um sich die Arbeit zu erleichtern. Schwerer wird ihre Arbeit durch die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Besetzung von offenen Positionen hat sich auf 12,2 Wochen verlängert. Im Durchschnitt müssen die Personalberaterinnen und Personalberater pro Suchauftrag 110 Personen kontaktieren – deutlich mehr als früher.

Am Ende des Tages gibt das persönliche Gespräch den Ausschlag für den Jobwechsel: Für die Kontaktaufnahme mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten setzen die meisten Headhunter weiterhin auf die traditionelle Direktansprache per Telefon (92 Prozent). Eine Direktansprache auf Xing nutzen 74 Prozent und auf Linkedin bahnen 62 Prozent den Kontakt an.

Honorare der Headhunter blieben stabil

Nicht nur die Anzahl der Kandidatinnen und Kandidaten, die über Personalberatungen ins Unternehmen kommen, war 2021 deutlich gegenüber dem Vorjahr angestiegen (auf 76.000 Personen insgesamt). Auch die Zahl der Personen, die in der Personalberatung tätig sind, hat zugenommen: 2021 waren es 15.000 Personen, darunter 8.000 Beraterinnen und Berater (plus 17 Prozent) sowie 3.800 Researcherinnen und Researcher (minus fünf Prozent) und 3.200 Backoffice-Kräfte (minus neun Prozent).

Die Honorare der Personalberaterinnen und Personalberater sind stabil geblieben. Das liegt an der branchenüblichen Honorargestaltung: Die Honorarhöhe bemisst sich meist am Zieleinkommen der Kandidatinnen und Kandidaten und beträgt durchschnittlich 27 Prozent. Das jährliche Zieleinkommen der meisten Kandidatinnen und Kandidaten lag zwischen 100.000 und 250.000 Euro.

Der Headhunter ist immer öfter weiblich

Noch eine erfreuliche Entwicklung aus der Personalberatungsbranche: Der Anteil der weiblichen Berater ist laut BDU-Studie um zwei Prozent gestiegen und beträgt nun 47,6 Prozent. Im Research (62 Prozent) und im Backoffice (80 Prozent) überwiegt der Frauenanteil sogar. Lediglich in der Unternehmensleitung (30 Prozent Frauen) besteht weiterhin Nachholbedarf.


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