Nachhaltigkeit endet meist bei der Vergütung

Nachhaltiges Handeln hat in der Pandemie an Bedeutung gewonnen - fast 90 Prozent aller Unternehmen richten aktuell ihren Fokus auf ökologische und soziale Kriterien. In ihren Vergütungssystemen berücksichtigen jedoch weit weniger Unternehmen ESG-Kriterien.

Klimawandel und soziale Verantwortung gehören trotz Krise zu den Top-Themen der Unternehmen – das zeigt eine aktuelle Studie von Lurse. Im Benchmark "Nachhaltiges Handeln von Geschäftsführungen und Vorständen" geben fast 90 Prozent der befragten Unternehmen an, aktuell einen relativ hohen bis sehr hohen Fokus auf die Themen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolles Handeln zu legen.

 "Man könnte meinen, Unternehmen seien in Zeiten der Pandemie mit anderem beschäftigt als mit dem Thema Nachhaltigkeit. Doch das Gegenteil ist der Fall", sagt Birgit Horak, Managing Partner bei Lurse. "Gerade jetzt, da globale Lieferketten abbrechen und neue Formen der Zusammenarbeit erforderlich sind, ist es wichtig, Risiken für Mitarbeitende, Gesellschaft und Umwelt zu minimieren. In unsicheren Zeiten können langfristig angelegte, nachhaltige Unternehmensgrundsätze Orientierung und Stabilität geben."

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In der Tat sind fast zwei Drittel (63 Prozent) der Studienteilnehmenden der Meinung, die Bedeutung von ESG-Themen habe in den letzten zwei bis drei Jahren zugenommen und sei im Zuge der Covid-19-Pandemie größer denn je.

Die wichtigsten Gründe für mehr Nachhaltigkeit in den Unternehmen  

Scheinbar unabhängig vom verstärkten Druck durch Investoren, Kunden, Mitarbeitende und nicht zuletzt dem Gesetzgeber geben mehr als die Hälfte der Unternehmen (53 Prozent) an, ein echtes Interesse an der Beschäftigung mit Nachhaltigkeitsfragen zu haben. Für 39 Prozent ist die Verminderung von Risiken für Umwelt, Mitarbeitende und Investitionen ein wesentliches Motiv, auf Nachhaltigkeit zu achten. Ebenso vielen Unternehmen ist daran gelegen, den Erwartungen von Kunden und Geschäftspartnern gerecht zu werden. Etwa ein Viertel (26 Prozent) setzen ESG-Regularien um, weil dies von den europäischen und deutschen Gesetzgebern vorgeschrieben ist.

ESG-Kriterien haben bei der Vergütung noch zu wenig Gewicht

Dass sich nachhaltiges Handeln ökonomisch auszahlt, ist durch eine Reihe von Studien belegt. Unternehmen, die umfassende ESG-Richtlinien umsetzen, sind nachweislich erfolgreicher als vergleichbare Firmen ohne solche Standards. Institutionelle Investoren, Stimmrechtsberater und Ratingagenturen richten ihre Anlageentscheidungen oder -empfehlungen zunehmend an ESG-Kriterien aus.

"Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Differenzierungsmerkmal für Anleger und Kunden. Zudem erhöht es die Attraktivität eines Unternehmens gegenüber bestehenden und potenziellen neuen Mitarbeitenden", erklärt Horak. "Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, ESG-Ziele auch in der Vergütung von Geschäftsführungen und Vorständen zu verankern, vor allem in Form von Long Term Incentives." In dieser Hinsicht gibt es allerdings noch Nachholbedarf, denn nur für weniger als die Hälfte der Studienteilnehmenden (47 Prozent ) sind Nachhaltigkeitskriterien bei der Bemessung der Geschäftsführungs- und Vorstandsvergütung relevant, für mehr als ein Drittel (37 Prozent) hingegen überhaupt nicht.

Bei der Verankerung setzen 44 Prozent auf variable Vergütungskomponenten – 26 Prozent nutzen hierbei Short Term Incentives, während nur 18 Prozent auf sinnvollere Long Term Incentives setzen. Bei den übrigen drei Prozent ist das Jahresgrundgehalt betroffen. Dabei ist auffällig, dass der Großteil aller Unternehmen, die zur Bemessung Nachhaltigkeitskriterien heranziehen (60 Prozent), bei einem Verstoß keine Malus-Regelung zur (rückwirkenden) Minderung der Vergütung nutzt. Dazu Vergütungsexpertin Horak: "Es gibt also noch einiges zu tun. Doch die gute Nachricht ist: Die Instrumente, mit denen sich geeignete Vergütungsstrukturen realisieren lassen, sind alle vorhanden."

Nachhaltigkeitsziele im Performance Management

Auch die Frage nach der Bedeutung der Nachhaltigkeitskriterien für die Leistungserbringung zeigt, dass hier gerade im Top-Management noch Luft nach oben ist. Viele der befragten Unternehmen haben Nachhaltigkeitsaspekte bereits in der Unternehmenssteuerung verankert, zum Großteil (55 Prozent) durch eine Einbindung in die Unternehmensziele. Bei 53 Prozent der Unternehmen sind Nachhaltigkeitskriterien in den Zielen der Geschäftsführung beziehungsweise des Vorstands eingebunden, deren Erreichung im Rahmen des Performance Managements evaluiert wird. Bei den Top Managern ist dies jedoch nur bei 26 Prozent der Unternehmen der Fall. Ein Teil der Unternehmenssteuerung sind Nachhaltigkeitsaspekte nur bei 11 Prozent der Befragten. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) nutzen zur konkreten Durchsetzung interne Richtlinien, die bestimmte Standards für Produktion, Einkauf, Entwicklung und ähnlichem festlegen.

Dabei wird insbesondere das "E" in ESG großgeschrieben: So streben 54 Prozent der Unternehmen an, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, 29 Prozent wollen spätestens bis 2040 vollständig klimaneutral arbeiten. Im Bereich Soziales stehen eine stärkere Fokussierung auf Mitarbeiterbelange (29 Prozent) und Vielfalt (25 Prozent) an erster Stelle. Das Thema Compliance wird von 29 Prozent genannt, wenn sie nach den Zielen verantwortungsvoller Unternehmensführung gefragt werden.


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Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Vergütung, Vorstand, Coronavirus