MINT-Report: Fachkräftemangel wächst stark

Nach einem coronabedingten Rückgang im Jahr 2020 ist die MINT-Fachkräftelücke in den vergangenen zwei Jahren wieder deutlich angestiegen und betrug im Oktober 2022 nun 326.100. Sorge bereiten der nach wie vor geringe Frauenanteil in den MINT-Berufen und die sinkenden Absolventenzahlen in den MINT-Fächern.

Im Oktober 2022 lagen in den MINT-Berufen insgesamt rund 502.200 zu besetzende Stellen vor. Gleichzeitig waren bundesweit 176.910 Personen arbeitslos gemeldet, die gerne einem MINT-Erwerbsberuf nachgehen würden. Daraus lässt sich in einem ersten Schritt im Rahmen einer unbereinigten Betrachtung ableiten, dass über sämtliche Anforderungsniveaus bundesweit mindestens 325.290 offene Stellen in MINT-Berufen nicht besetzt werden konnten. Das geht aus dem aktuellen MINT-Report hervor, den das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zweimal jährlich erstellt.

MINT-Fachkräftelücke wächst deutlich

Unter Berücksichtigung des qualifikatorischen Mismatches resultiert für Oktober 2022 eine, über sämtliche 36 MINT-Berufskategorien aggregierte, Arbeitskräftelücke in Höhe von 326.100 Personen. Dieser Wert liegt nur knapp unter dem bisherigen Höchststand im Jahr 2018: damals betrug die MINT-Lücke 337.900 Arbeitskräfte. Im Coronajahr 2020 war die Lücke auf 108.700 geschrumpft, 2021 aber wieder deutlich gewachsen, nämlich auf 276.900.

Größte Engpässe in Energie- und Elektroberufen

Mit 154.400 Personen bilden im Oktober 2022 die MINT-Facharbeiterberufe die größte Engpassgruppe, gefolgt von 137.500 Personen im Segment der MINT-Expertenberufe sowie 34.200 im Segment der Spezialisten- beziehungsweise Meister- und Techniker-Berufe. Differenziert man die Lücke nach MINT-Bereichen, so zeigen sich die größten Engpässe in den Energie-/Elektroberufen mit 84.900, in den Berufen der Maschinen- und Fahrzeugtechnik mit 62.500 und in den IT-Berufen mit 58.700.

Steigende MINT-Bedarfe für den Klimaschutz

Die für den Klimaschutz wichtige Energie- und Ressourceneffizienz lässt sich mithilfe der Digitalisierung wesentlich steigern. Für die Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte sind aus Sicht der Unternehmen in den kommenden fünf Jahren IT-Expertinnen und -Experten von besonderer Bedeutung. Rund 32 Prozent der Unternehmen erwarten, dass sich der Bedarf an IT-Expertinnen und -Experten zur Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte in den kommenden fünf Jahren erhöhen wird. 19 Prozent erwarten einen steigenden Bedarf an Ingenieurinnen und Ingenieuren bzw. Umweltingenieurinnen und Umweltingenieuren. Auch sonstige MINT-Expertinnen und -Experten und sonstige Fachkräfte werden verstärkt benötigt.

Demografischer Wandel: Jährlicher Ersatzbedarf an MINT-Kräften steigt um 25.300 an

Aktuell scheiden jährlich über 64.700 MINT-Akademikerinnen und MINT-Akademiker aus Altersgründen aus dem Arbeitsmarkt aus. In fünf Jahren wird der jährliche demografische Ersatzbedarf um 7.400 auf 72.100 zunehmen. Bei den MINT-Akademikerinnen und MINT-Akademikern werden mehr als zwei Drittel der Absolventinnen und Absolventen allein dafür benötigt, den Ersatzbedarf zu decken und stehen damit nicht für ein weiteres Wachstum der Erwerbstätigkeit zur Verfügung. Bei den MINT-Facharbeiterinnen und -Facharbeitern beträgt der aktuelle demografische Ersatzbedarf rund 274.000 und wird in fünf Jahren um rund 17.900 auf 291.900 steigen. Das jährliche Neuangebot an beruflich qualifizierten MINT-Facharbeiterinnen und -Facharbeitern wird in den kommenden Jahren deutlich unter dem demografischen Ersatzbedarf liegen. Insgesamt nimmt der jährliche demografische Ersatzbedarf an MINT-Kräften in fünf Jahren damit um 25.300 zu.

Frauenanteil in MINT-Berufen kaum gestiegen

Trotz intensiver Bemühungen, mehr Frauen für eine Ausbildung oder ein Studium aus dem Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu begeistern, ist der Frauenanteil in den MINT-Berufen insgesamt in den vergangenen zehn Jahren nur wenig gestiegen - von 13,8 Prozent auf 15,8 Prozent.

Am höchsten sind die Frauenanteile aktuell in den Biologen- und Chemikerberufen mit 46,3 Prozent und in den sonstigen naturwissenschaftlichen Expertenberufen mit 72,9 Prozent, am niedrigsten in den Ingenieurberufen Energie- und Elektrotechnik mit 10,3 Prozent und in den Ingenieurberufen Metallverarbeitung mit 11,1 Prozent.

Sinkende MINT-Absolventenzahlen bereiten Sorge

Neben dem nach wie vor geringen Frauenanteil in den MINT-Berufen bereiten auch sinkende Absolventenzahlen in den MINT-Fächern Sorge. Betrug die Zahl der MINT-Studierenden im ersten Hochschulsemester im Studienjahr 2016/2017 noch rund 198.000 und sank bis zum Studienjahr 2019/2020 leicht auf 192.500, so nahm die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger danach stark auf 172.000 im Studienjahr 2021/2022 ab. In den kommenden Jahren ist daher mit einem Rückgang bei den Erstabsolventinnen und Erstabsolventen in den MINT-Fächern zu rechnen.

Den kompletten MINT-Herbstreport 2022 des IW können Sie hier herunterladen.



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Schlagworte zum Thema:  Fachkräftemangel, Fachkräfte