Konfliktmanagement: Mediation verhindert, dass Fronten verhärten

Kürzlich streikten die Piloten der Lufthansa und kurz danach legten die Mitarbeiter von Amazon die Arbeiter erneut nieder. Viele solcher Arbeitskämpfe könnten vermieden werden - mithilfe eines Mediators, der vermittelt, bevor sich die Fronten zwischen den Konfliktparteien verhärten.

Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Konflikten nicht einigen, greifen die Beschäftigten als Ultima Ratio oft zu einem Streik. Meist rückt damit jedoch eine gütliche Lösung in weite Ferne. Ein eindrückliches Beispiel dafür ist der Dauerstreik der in der Gewerkschaft GDL organisierten Lokführer, der über Monate die Republik bewegte.

Verdi beklagt "Verweigerungshaltung" bei Amazon

Auch bei Lufthansa legten vor zwei Wochen die Piloten zum wiederholten Male die Arbeit nieder. Die Arbeitnehmer beim Online-Versandhändler Amazon haben ihren Streik gerade erst am Wochenende beendet - vorläufig. "Wir wollen faire und verlässliche Arbeits- und Einkommensbedingungen durchsetzen", hieß es zu Streikbeginn auf www.amazon-verdi.de. "Unser Ziel ist ein existenzsichernder Tarifvertrag, der dies garantiert. Anpassungen der Löhne nach oben dürfen nicht ­länger dem Gemütszustand des Arbeitgebers überlassen bleiben: Die Aufforderung an Amazon, mit der Gewerkschaft Verdi einen Tarifvertrag abzuschließen, steht", so die Erklärung weiter.

Allerdings war das Amazon-Management bisher nicht bereit einzulenken. Die Gewerkschaft beklagte eine "Verweigerungshaltung des Arbeitgebers". Der Tarifstreit zieht sich inzwischen schon über zwei Jahre hin.

Verhandlungshaltung mit Streik geschwächt

Die Fronten scheinen verhärtet, die beiden Parteien haben den Verhandlungstisch hinter sich gelassen. Geht es im Arbeitskampf erst einmal richtig zur Sache wie zwischen Bahn und GDL, wird eine gütliche Lösung immer schwieriger.

Im Zusammenhang mit dem GDL-Dauerstreik kritisierten Verhandlungsexperten etwa die Verhandlungsstrategie der Lokführergewerkschaft: Unter anderem sei es nicht zielführend, an seinen Positionen zu hängen und mit dem Verhandlungspartner über die Öffentlichkeit zu kommunizieren, kommentierte Professor Markus Voeth, Verhandlungsexperte an der Universität Hohenheim, den Lokführer-Streik.

"Wer permanent über die Medien auf den Verhandlungspartner eindrischt, der darf sich nicht wundern, dass es im Verhandlungsraum immer frostiger wird und eine Lösung immer mehr in weite Ferne rückt", schlussfolgerte Voeth damals. Der Professor riet Bahn und GDL, mehr miteinander und nicht nur übereinander zu reden.

Mediation: Interessen der Konfliktparteien im Fokus

Damit es gar nicht erst soweit kommt und beide Verhandlungspartner unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemeinsam an einem Tisch sitzen und eine Lösung finden, anstatt zu streiken, kann Mediation helfen. Ein Mediator vermittelt zwischen den beiden Konfliktparteien und hilft, die Interessen beider Seiten zu identifizieren und miteinander in Einklang zu bringen und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Zudem kann er die beiden Parteien bei der Umsetzung der vereinbarten Lösung unterstützen (Mehr zum Thema "Mediation" lesen Sie hier). 

Um diese anspruchsvollen Aufgaben erfüllen zu können, muss sich der Mediator in beide Konfliktparteien hineinversetzen können. Ein guter Mediator verfolgt einen interessensorientierten Ansatz: Dabei spielen die sozialen, wirtschaftlichen oder auch privaten Interessen der Konfliktparteien die Hauptrolle – im Gegensatz zu Verhandlungen vor Gericht, bei denen die rechtlichen Ansprüche der Parteien im Fokus stehen.

Aber auch die Umgebung der Mediation ist entscheidend: So kann der Erfolg der Mediation auch dadurch mit beeinflusst werden, in welcher Sitzordnung die Konfliktparteien am Verhandlungstisch sitzen und in welcher Atmosphäre die Verhandlungen stattfinden (Einzelheiten dazu lesen Sie hier).

Trotz Mediationsgesetz: Mediatoren sorgfältig prüfen

Seit 2012 ist die Mediation im sogenannten Mediationsgesetz geregelt, das unter anderem die wesentlichen Inhalte der Mediatoren-Ausbildung festlegt: Dabei werden etwa praktische Übungen und eine regelmäßige Fortbildung gefordert.

Bei der Wahl von Mediatoren ist dennoch Vorsicht geboten: Denn den konkreten Umfang der Ausbildung und Prüfungsanforderungen für Mediatoren regelt das Gesetz nicht.

Wer einen Mediator für Konfliktparteien im Unternehmen engagiert, sollte also weiterhin sorgfältig dessen Hintergrund und Referenzen prüfen, wie ein Test von Stiftung Warentest aus dem Jahr 2013 belegt: Damals erfüllten nur 45 von 145 Mediationsanbietern die Gütekriterien der Tester.

"Das Gesetz schafft eine Basis für allgemeine Qualität. Ihre Aufgabe ist es, die konkreten Besonderheiten berücksichtigen", rät Anita von Hertel im Interview mit der Haufe Online-Redaktion, die eine Akademie rund um Mediationsthemen leitet. "Wählen Sie deshalb vor allem einen Mediator, der gut zum Fall passt. Der Mediator kann das Vertrauen der Beteiligten aufgrund seiner Erfahrungen gewinnen und hat die Kompetenz, Lösungen für den konkreten Fall hervorzulocken", so die Mediationsexpertin.

Mediative Führung: Konflikte als normal ansehen

Doch es braucht nicht immer einen professionellen Mediator: Auch Führungskräfte und HR-Manager können lernen, ihre Mitarbeiter mediativ zu führen. Bei diesem Ansatz steht der Konflikt im Mittelpunkt des Führungsstils. Deshalb müssen Vorgesetzte, die ihre Mitarbeiter auf diese Art führen möchten, über ein gutes Konfliktverständnis, eine gute Konfliktwahrnehmung sowie Fähigkeiten der Konfliktbearbeitung verfügen, schreibt Robert Malinowski in Ausgabe 09/2013 des Personalmagazins.

Führungskräfte, die mediativ führen wollen, sollten  Konflikte als normal ansehen und annehmen, dass diese regelmäßig zu erwarten sind. Sie konzentrieren sich auf die positive Chance, die ein Konflikt sein kann. Dabei solle die mediative Führungskraft jedoch immer davon ausgehen, dass die Konfliktbeteiligten in der Lage sind, ihren Konflikt inhaltlich selbst zu regeln, so Malinowski.

Die Aufgabe des Vorgesetzten besteht folglich darin, in diesem Prozess die förderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und die Kommunikation zu steuern – nicht darin, den Konflikt an sich zu lösen. Dafür müsse er über eine Vielfalt an Frage-, Kommunikations-, Moderations- Visualisierungs-und Kreativitätstechniken verfügen. Das zentrale Mittel dabei sei das aktive Zuhören, so Malinowski weiter.

"Eine gute Ausbildung ist wie eine gute Mediation"

Eine weitere Möglichkeit: die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte zu Mediatoren ausbilden lassen. Bei der Auswahl der passenden Ausbildung empfiehlt Mediationsexpertin von Hertel, auf drei Gütekriterien zu achten: die Qualität und didaktische Kompetenz der Ausbilder, die Gewichtung von Praxisanteil zu Theorieanteil und die die Qualität des Gesamtkonzepts.

"Eine gute Mediationsausbildung ist konzipiert wie eine gute Mediation: Die klare Struktur wird mit dem Leben der Menschen gefüllt", resümiert von Hertel.