Kolumne Tech Matters: Roadmaps, Softwareanbieter und Bismarck

Was haben Wurst und Software gemeinsam? Antwort: Die Leute wollen lieber nicht wissen, wie sie hergestellt wird. Warum das keine gute Haltung für HR-Manager ist und wieso Sie den Prozess der Softwareentwicklung verstehen sollten, wenn Sie die Digitalisierung von HR vorantreiben wollen, erläutert unser Kolumnist Thomas Otter.

"Je weniger die Leute wissen, wie Würste und Gesetze (Software) gemacht werden, desto besser schlafen sie!" *

Es stimmt, der Prozess der Softwareentwicklung ist weitaus chaotischer, als die meisten Leute zugeben. Ich verbringe viel Zeit damit, Produkt-Roadmaps zu prüfen und sie mit großen und kleinen HR-Tech-Anbietern zu diskutieren. Dabei geht es auch darum, zu entscheiden, was und wann eine Sache auf der Roadmap stehen sollte. Ich arbeite viel mit einem Konzept, das als negative Roadmap bezeichnet wird und Klarheit darüber schafft, was nicht gebaut werden soll. Das kann eine schwierige Aufgabe sein.

Eine Liste von Funktionen ist keine Roadmap

Ich leite Anbieter auch an, wie sie über ihre Roadmap sprechen sollen. Die Antwort hierauf ist erstaunlich einfach: Sprechen Sie nicht über die Roadmap, wenn Sie mit Roadmap eine lange Liste von Funktionen meinen, die Sie in den nächsten zwei Jahren ausliefern möchten. Warum? Weil die Anbieter keine wirkliche Vorstellung davon haben, was in den nächsten zwei Jahren passieren wird, so dass ein Versprechen oder eine detaillierte Erwartung dessen, was mittelfristig auf den Markt kommen wird, nur zum Scheitern führt. 

Einige Anbieter werden nervös, wenn ich ihnen sage, dass sie aufhören sollen, ihre Roadmap vorzustellen. Ihre Reaktion hierauf lautet meist: "Aber unsere Interessenten und Kunden (und unsere Verkäufer) bestehen auf eine detaillierten Roadmap." Ich antworte dann: "Ich möchte wissen, ob am 17. Juli 2023 die Sonne scheint, weil ich einen Strandurlaub buchen möchte." Ich rate den Anbietern: Wenn es um Funktionen geht, sprechen Sie nur über die Dinge, die kurz vor der Auslieferung stehen. Dinge, von denen Sie sicher sind, dass sie in wenigen Wochen in den Händen der Kunden sind. Sprechen Sie dann erst über Themen und Visionen. Erzählen Sie, was Sie begeistert und warum, und was Sie durch Ihre Kunden erfahren haben.

Was hat dies nun mit Ihnen und mit HR zu tun?

Softwareentwicklung verstehen: Seien Sie ein Partner für Ihre Anbieter

Seien Sie nicht wie das Bismarck-Zitat. Leben Sie also nicht in Unwissenheit darüber, wie gute Software gebaut werden sollte. Meine Bitte an Sie, HR-Führungskräfte, HR-IT-Experten und -Berater, ist, Bücher zu lesen und ein bisschen mehr davon zu verstehen, wie erstklassige Roadmaps und Produktplanungen aussehen. Anstatt auf Funktionslisten Ihrer Anbieter zu bestehen, oder - noch schlimmer - diese zu fordern, bevor Sie überhaupt Kunde sind, sollten Sie verstehen, wie Sie ein guter Partner für kontinuierliche Innovationen sein können. So erhalten Sie jedes Mal ein besseres Produkt. Möglicherweise werden Sie auch feststellen, dass einige der Prozesse im Produktmanagement Ihnen bei der Arbeit mit Ihren eigenen Benutzern helfen. Schließlich wandeln sich heute viele Unternehmen zu produktorientierten Organisationen.

Hier sind ein paar Ideen für den Anfang:

Lesen Sie außerdem " Projekt Phoenix" und " Projekt Unicorn" von Gene Kim. Beide Bücher geben Ihnen einen hervorragenden Einblick, wie digitale Transformation und moderne Softwareentwicklungspraktiken Hand in Hand gehen.

Ohne Software keine digitale Transformation

Zur digitalen Transformation gehört Software. Sie ist es, die sie möglich macht. Sie werden eine bessere Führungspersönlichkeit für die digitale Transformation sein, wenn Sie ein besseres Verständnis dafür haben, was es braucht, um großartige Software zu entwickeln. Sie werden Ihre Beziehung zu Ihren wichtigsten Anbietern und - vielleicht noch wichtiger - zu Ihrer eigenen IT-Abteilung massiv verbessern.


*Ich hatte immer gedacht, dass dieses Zitat von Bismarck stammt. Aber es scheint unwahrscheinlich, dass er es tatsächlich gesagt hat. Es gibt viele Variationen davon, aber die erste Aufzeichnung entstand viele Jahre nach seinem Tod.


Thomas Otter ist Gründer von Otter Advisory und berät große und kleine Unternehmen, Investoren und HR-Tech-Anbieter. Zuvor leitete er das Produkt-Management bei SAP Success Factors und war Research Vice President bei Gartner für HR Tech. Das Zusammenspiel von HR und Technologie fasziniert, desillusioniert und inspiriert ihn immer wieder.

Schlagworte zum Thema:  HR-Software, Software-Anbieter, IT, Digitalisierung