Kolumne Talent Management: Technologietrends

Welche Technologietrends erobern gerade das Talent Management und wie sinnvoll kann man diese Technologien tatsächlich für die High-Potential-Arbeit einsetzen? Kolumnist Martin Claßen nimmt die Google-Datenbrille aufs Korn.

Flippig vorgebrachte Technologietrends erzeugen bei mir stets das Gefühl, meilenweit hinter dem State of the Art hinterherzuhecheln. Aus Selbstachtung habe ich mich in vermeintlich technologiefreie Zonen wie Talent Management zurückgezogen. Doch selbst dort entgeht man der unaufhaltsamen High-Tech-Saga mit ihren ständigen Produktinnovationen immer seltener. Außerdem möchte ich auch nicht warten, bis bei Manufactum endlich eine analoge Version in Kirschholz erschienen ist.

Bestimmt haben Sie bereits Fotos von der schicken Datenbrille "Google Glass" gesehen. Dieses "Wearable Device" ist ein auf den Brillenrahmen montierter Minicomputer. Über ein Head-up-Display werden direkt aus dem Internet gezogene Informationen in das Sichtfeld eingeblendet. Ziel der Entwickler war die "Augmented Reality", also eine von der Kognitionstheorie längst ersehnte erweiterte Wirklichkeit. Das Ding hat noch viele weitere Features, es kann senden, filmen, spähen, alles auf bloßen Zuruf seines Trägers. Die Markteinführung für uns normale Verbraucher ist für Frühjahr 2014 geplant. Also jetzt!

Einsatzfelder im Talent Management

Eine erweiterte Wirklichkeit können Personaler gut gebrauchen, gerade im Talent Management. So schwärmt Professor Wilhelm Mülder in der März-Ausgabe des Personalmagazins: "Wenn der Personalchef das Einstellungsinterview künftig mit einer Brille durchführt und sich der Bewerber wundert, wie gut sich sein Partner auf dieses Treffen vorbereitet hat, dann ist womöglich die Datenbrille im Einsatz". Als ob sich dieser Personalchef nicht immer schon für ein Einstellungsinterview sorgfältig präpariert hat, nämlich vorher. Mit dem smarten Ding geht es natürlich besser, schneller und günstiger, die üblichen Versprechungen an der Mensch-Technik-Schnittstelle.

Wenn das Image über den Nutzen siegt

Eigentlich geht es wie bei vielen Technologietrends um etwas anderes: um Prestige. Viele Talente werden sich beim Produktstart das Ding stante pede besorgen, zum Kauf in lange Schlangen vor den Shops anstellen oder sogar einen Flug über den großen Teich zum dortigen Erwerb ausnutzen. Indessen kaufe ich mir nicht das überteuerte Original, sondern bloß eine Attrappe. Chinesische Plagiate gibt es vermutlich bereits jetzt in Malle an der Plaja. Hauptsache der Datenbrillen-Fake aus Polyester blinkt und piepst. Beim "Impression Management" der Talente werde ich damit bestimmt für einige Wochen ganz vorne dabei sein. Bevor das Ding nur noch gewöhnlich ist. Aber dann fliegt bestimmt der übernächste Technologietrend.

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.