GFOS Interview zu Zeiterfassung und Workforce Management

Vor 35 Jahren ging die GFOS mbH an den Start. Heute steht mit Katharina Van Meenen-Röhrig und Dr. Ignace Van Meenen die nächste Generation am Steuer. Zeit, um auf die bisherigen und künftigen Meilensteine in den Bereichen Zeit, Sicherheit, Workforce Management und Cloud zu blicken.

Haufe Online-Redaktion: Glückwunsch zum Firmenjubiläum. Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Errungenschaften in den bisherigen 35 Jahren?

Katharina Van Meenen-Röhrig: Ich glaube, es gab in dieser Zeit nicht den einen Meilenstein, sondern viele, die erreicht werden mussten, um zu diesen 35 Jahren zu kommen. Darunter fanden sich viele Major Releases, mit denen wir die Software immer weiterentwickelt haben. Ein zentraler Punkt war, dass wir uns immer wieder auf die Kernkompetenzen des Unternehmens besonnen und die Software gemeinsam mit den Kunden weiterentwickelt haben. Es ging darum, das Unternehmen so aufzustellen, dass wir auf die volatilen Marktentwicklungen reagieren konnten. Das waren wichtige Meilensteine für uns, um flexibel zu bleiben. Für uns als Familienunternehmen war sicherlich auch die Familiennachfolge ein Meilenstein. Dass diese geglückt ist, bedeutet uns als neue Unternehmensleitung sehr viel – auch der Generation meiner Eltern. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass ein Unternehmen sich weiterentwickelt, den Fokus auf Innovationen richtet und trotzdem seine Wurzeln nicht verliert.

Dr. Ignace Van Meenen: Es ist wichtig, die weitere Entwicklung nicht nur mitzugehen, sondern auch selbst zu gestalten. Unser Anspruch mit Blick auf die nächsten 35 Jahre ist auch die Meinungsführerschaft in den Feldern, die wir als unsere Kernkompetenz definieren, zu behalten – nicht nur in unserer angestammten DACH-Region, sondern auch darüber hinaus.

Es ist wichtig, die weitere Entwicklung nicht nur mitzugehen, sondern auch selbst zu gestalten. - Ignace van Meenen, Geschäftsführer GFOS

Haufe Online-Redaktion: Heißt das, Sie planen eine internationale Expansion?

Ignace Van Meenen: Das ist richtig. Wir sind heute schon in 30 Ländern aktiv, in die wir unseren Kunden gefolgt sind, und stellen unsere Software in 18 Sprachen zur Verfügung. Auf diesem Stand wollen wir nicht stehen bleiben, sondern uns in einem nächsten Schritt einzelne Schwerpunktregionen heraussuchen. Aber das muss gut vorbereitet sein, denn nicht jeder Markt ist für uns gleich attraktiv. Wir müssen die Marktbedingungen gut analysieren und überlegen, welche Produkte sich eignen. In dieser Sondierungsphase befinden wir uns gerade.

Traditionen bewahren und neue Impulse setzen

Haufe Online-Redaktion: Frau Van Meenen-Röhrig, wo setzen Sie heute andere Schwerpunkte als Ihr Vater, der Firmengründer Burkhard Röhrig?

Katharina Van Meenen-Röhrig: Ich glaube, die Kunst ist es, das alte zu bewahren und trotzdem neue Schwerpunkte zu setzen. Wir haben heute andere Herausforderungen zu bewältigen als in den früheren Jahren. Es gab immer Herausforderungen, heute geht es um Globalisierung, Nachhaltigkeit, volatile politische Verhältnisse und das große Thema Fachkräftemangel. Zum Teil verstärken wir den Fokus auf das, was mein Vater angestoßen hat: Mitarbeiterbindung, Ausbildung, Weiterbildung und Work & Study. Wir gehen sehr kreativ vor und bauen den Bereich People and Culture in unserem Unternehmen massiv aus. Denn unsere Mitarbeitenden sind unsere Essenz. Heute setzen wir stärker auf eine cross-funktionale Zusammenarbeit. Es geht darum, die Bereiche und Prozesse stärker zu verzahnen und Prozesse zu optimieren, um den Weg freizumachen für weiteres Wachstum. Es geht auch darum, die richtigen Leute mit dem richtigen Mindset auf den richtigen Positionen zu haben. Wir suchen nicht nur nach Skills – auch das ist für uns sehr wichtig. Aber das Mindset ist für uns noch viel wichtiger, denn Skills kann man vermitteln. Auch das Thema Ökosystem Partnernetzwerk ist für uns ein Punkt, auf den wir einen stärkeren Schwerpunkt als in der Vergangenheit setzen. Ein Unternehmen ist nur skalierbar, wenn es Teil eines Ökosystems ist. Deshalb sind wir dabei, uns strategisch ganz neu aufzustellen, was das Thema Partnernetzwerke und Ökosysteme betrifft.

Es geht auch darum, die richtigen Leute mit dem richtigen Mindset auf den richtigen Positionen zu haben. Wir suchen nicht nur nach Skills – auch das ist für uns sehr wichtig. Aber das Mindset ist für uns noch viel wichtiger, denn Skills kann man vermitteln. - Katharina Van Meenen-Röhrig, CEO GFOS

Nachwuchssicherung im Familienunternehmen

Haufe Online-Redaktion: Wie gelingt es Ihnen, junge Menschen für eine Ausbildung in Ihrem Unternehmen zu begeistern? Da haben ja viele Ausbildungsbetriebe momentan große Probleme.

Katharina Van Meenen-Röhrig: Wir gestalten wie gesagt unseren Bereich People and Culture komplett neu. Es geht um Kultur, um Gemeinschaft. Es ist nicht nur ein Begriff, sondern das sind Werte, die wir in den Vordergrund stellen. Und es geht darum, die Zielgruppe zu verstehen. Die jungen Leute ticken heute anders als noch vor zehn Jahren. Die Leute da abzuholen, wo sie stehen, gelingt uns immer besser. Ihnen eine Perspektive und Sicherheit zu vermitteln. Und ihnen die Sinnhaftigkeit dessen, was sie tun, zu zeigen. Es ist wichtig, ihnen zu zeigen, dass sie selbst auch gestalterisch tätig werden können, dass sie auch ihre Laufbahn selber mitgestalten können.

Es ist wichtig, jungen Leuten zu zeigen, dass sie selbst auch gestalterisch tätig werden können, dass sie auch ihre Laufbahn selber mitgestalten können. - Katharina Van Meenen-Röhrig, CEO GFOS

Haufe Online-Redaktion: Heißt das, sie können selbst bestimmen, in welchen Bereichen sie tätig werden?

Katharina Van Meenen-Röhrig: Es geht um die Flexibilität innerhalb der Ausbildung oder des dualen Studiengangs: Sich noch nicht festlegen zu müssen, in welchen Fachbereich man geht, sondern sich zunächst ausprobieren zu dürfen. Viele der Berufsstarter sind sehr jung, wenn sie hier anfangen. Sie wissen noch nicht, wo ihre Stärken liegen, sie brauchen Coachings und Sparringspartner. Wenn wir offen sind und sie begleiten, schaffen wir es, sie zu begeistern und an das Unternehmen zu binden aus einer intrinsischen Motivation heraus.

Nachhaltigkeit leben - auch in der Softwareentwicklung 

Haufe Online-Redaktion: Herr Van Meenen, Sie setzen sich stark für Nachhaltigkeit ein und sind unter anderem Gründungsvorsitzender der Non-Profit-Organisation Eyesea. Ist Nachhaltigkeit auch ein Thema in der Softwareentwicklung?

Ignace Van Meenen: Eyesea ist eine globale Organisation, die mit innovativen Lösungen gegen die Verschmutzung der Ozeane angeht. Wir haben dafür vor eineinhalb Jahren den Green Technology Award in London gewonnen. Innerhalb von wenigen Jahren haben wir eine Organisation mit fast 800 Unternehmensmitgliedern und Tausenden von Seeleuten aufgebaut, die Umweltverschmutzungen identifizieren und diese Daten den Vereinten Nationen und Organisationen wie Greenpeace zur Verfügung stellen, um daraus Erkenntnisse zu gewinnen und Policies zu formulieren. Nachhaltigkeit treibt uns auch bei GFOS an. Wir glauben, dass wir durch unsere Arbeit die Arbeitsenergie von Menschen in den Unternehmen nachhaltig optimieren können. Und wir entwickeln die Software dahingehend weiter, dass sie energieeffizienter wird.  Auch bei der Softwareentwicklung selber geht es um Nachhaltigkeit: Wir setzen auf effiziente Algorithmen und Cloud-Plattformen, um die Energieleistung optimal zu nutzen und den CO2-Footprint unserer eigenen Produkte zu reduzieren.

Katharina Van Meenen-Röhrig: Das Thema Planung ist für uns relevant, sowohl in der Personaleinsatzplanung als auch der Produktionsplanung. Gerade das MES-System kann dazu beitragen, dass Unternehmen viel energieeffizienter produzieren. Das können wir natürlich auch nachweisen. Auch in der Personaleinsatzplanung ist Ressourcenschonung möglich, indem nur so viele Leute eingesetzt werden, wie benötigt werden.

Das Zeiterfassungsurteil hat ein klares Signal gesetzt

Haufe Online-Redaktion: Sie haben vorhin Ihre Kernkompetenzen angesprochen, diese liegen in MES-Systemen, also der Produktionsplanung, in Sicherheit und Zutrittskontrolle, in Cloud Services sowie in Workforce Management inklusive Zeiterfassung. Hat im Zuge des Zeiterfassungsurteils die Nachfrage nach Ihrer Zeiterfassungslösung zugenommen?

Ignace Van Meenen: Das Zeiterfassungsurteil hat ein klares Signal in der europäischen Union gesetzt – nicht nur für die Großunternehmen, sondern auch für kleine Arbeitgeber wie Apotheken, Notariate und Rechtsanwaltskanzleien. Überall ist die Verpflichtung, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zu nutzen, nur noch eine Frage der Zeit. Man kann die Zeiterfassung natürlich auch auf einem Bierdeckel machen, aber das ist weder nachhaltig noch effizient. Der Trend weist eindeutig in eine Richtung: zur Implementierung einer digitalen Arbeitszeiterfassung.

Man kann die Zeiterfassung natürlich auch auf einem Bierdeckel machen, aber das ist weder nachhaltig noch effizient. Der Trend weist eindeutig in eine Richtung: zur Implementierung einer digitalen Arbeitszeiterfassung. - Ignace van Meenen, Geschäftsführer GFOS

Katharina Van Meenen-Röhrig: Die Zeiterfassung ist die Basis unserer Software, so fing alles an. Fast alle Kunden, die unsere Workforce-Management-Software nutzen, setzen auch die Zeiterfassungslösung ein. Durch das Urteil ist die Nachfrage nochmals größer geworden, gerade auch, weil wir vor einigen Jahren eine Lösung für kleine und mittelständische Unternehmen herausgebracht haben.

Der Trend geht in Richtung Automatisierung, Data Analytics und Internet of Things

Haufe Online-Redaktion: Wo geht die technologische Entwicklung rund um Workforce Management, Zeit und Sicherheit hin?

Dr. Ignace Van Meenen: Ein wichtiger Trend ist die vollständige Digitalisierung, die auch mit der Cloud-Fähigkeit zusammenhängt. Durch automatisierte Planungs-Algorithmen können wir den Einsatz von Mitarbeitenden noch effizienter gestalten und damit auch die Zeit weiter optimieren. Das führt automatisch auch zu einer Vereinfachung und Beschleunigung von Prozessen bei Kunden, um damit Zeit für zusätzliche Aufgaben frei zu bekommen. Ein zweiter Trend ist die zunehmende Bedeutung von Daten und Data Analytics, um Einblicke in die Geschäftsprozesse zu gewinnen und dadurch Arbeitszeitmodelle und die Mitarbeiterproduktivität zu optimieren. Ein dritter Punkt ist die Integration von IOT-Technologien, also Internet of Things. In Workforce-Management-Systemen wird es eine wichtige Rolle spielen, Sensoren und vernetzte Geräte einzusetzen, um die Arbeitsbedingungen zu koordinieren, die Sicherheit am Arbeitsplatz zu verbessern und auch den Einsatz von Ressourcen zu optimieren.

Haufe Online-Redaktion: Ein zentrales Thema Ihres Unternehmens ist auch die Berücksichtigung der Mitarbeiterbedürfnisse in der Schichtplanung. Wie maßgebend ist das in Ihren Kundenunternehmen?

Katharina Van Meenen-Röhrig: Die Bedeutung ist extrem gewachsen, das hängt auch mit dem Wandel am Arbeitsmarkt zusammen. Der betrifft auch die Bereiche, in denen Schichten eine Rolle spielen. Das halte ich persönlich für einen sehr bedeutsamen Trend. Wenn wir es den Personen, die in der Regel physisch vor Ort sein müssen, durch die Software ermöglichen, mitzuentscheiden, wann sie wie eingesetzt werden, ist das ein toller Hebel auch für die Unternehmen. Das wirkt sich massiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit und deren mentale Gesundheit aus, was uns auch von den Kunden bestätigt ist. Das ist auch logisch: Wer mitgestalten und seine Arbeit an seine Lebensverhältnisse anpassen kann, ist wesentlich zufriedener, als wenn er oder sie fremdgesteuert verplant wird.


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