Themenserie Interflex

Gleitzeit im Schichtbetrieb

Unternehmen sind langfristig erfolgreich, wenn sie sich auch an den Anforderungen ihrer gesamten Belegschaft orientieren: New Work darf kein Privileg von White-Collar-Arbeitenden sein. Nur so können Unternehmen den War for Talents gewinnen und bestehendes Personal halten.

Flexible Arbeitszeiten sind heutzutage eines der Top-Instrumente, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ein Unternehmen zu binden. Kein Wunder, denn das Verständnis von Arbeit und wie die Arbeitszeit gestaltet wird, wandelt sich. Immer mehr Beschäftigte wollen Beruf und Privatleben vereinbaren und selbstbestimmter arbeiten. Viele Unternehmen reagieren darauf und ermöglichen ihrer Belegschaft räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten in Form von Remote Work, Homeoffice, Workation oder dem Klassiker Gleitzeit. Das steigert die Attraktivität eines Arbeitgebers. Doch meist profitieren davon nur White-Collar-Worker am Schreibtisch.

Ein neues Mindset: Die Beschäftigten mit einbeziehen

Besonders Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Fertigung arbeiten in der Regel im starren Schichtbetrieb. Ihr Dienstplan prägt ihren Lebensrhythmus, dem sich ihr Privatleben unterordnen muss. Neue Formen flexiblerer Arbeitszeitmodelle trifft man in diesem Bereich selten an. Das muss sich ändern. Schichtarbeit im klassischen Sinne muss flexibler werden, damit die neue Generation junger Arbeitskräfte für den Blue-Collar-Bereich auch in Zukunft eine berufliche Perspektive sieht und die Jobs in der Fertigung attraktiv bleiben.

Unternehmen sollten sich deshalb auch in diesen Bereichen an den Wandel der Arbeitskultur anpassen. Sie müssen offen sein für die Erwartungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür sollten sie das Thema Personaleinsatzplanung in der Produktion neu denken und für sich funktionierende flexiblere Betriebsprozesse erarbeiten. Ein Beispiel ist der  Automobilkonzern Audi, der in der eigenen Lackiererei am Standort Ingolstadt ein Projekt gestartet hat, bei dem Mitarbeitende im Vollschichtbetrieb auch Teilzeit arbeiten können.

Gleitzeit in der Fertigung: Technisch kein Problem

Beschäftigte profitieren davon, dass sie in die Schichtplanung einbezogen werden. Sie erhalten die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit besser auf ihr Privatleben abzustimmen. Moderne Lösungen für Personaleinsatzplanung unterstützen die Umsetzung solcher neuen Prozesse und machen die komplexe Aufgabenstellung für Schichtplaner dank datengestützter Bedarfsplanung und -prognosen auf einen Klick transparent.

Eine zeitgemäße Personaleinsatzplanung, die die Beteiligung und Bedürfnisse der Beschäftigten in den Fokus rückt, ist kein Mehraufwand mehr. Der Knackpunkt ist in Unternehmen oftmals nur das Mindset: Es geht vor allem darum, tradierte Einstellungen zu überdenken. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise per Employee-Self-Service einzubinden, ist heute mit modernen Softwarelösungen einfacher als viele Personalerinnen und Personaler denken. So können heute schon Beschäftigte am Kiosk-PC in der Werkshalle oder per Smartphone mit Hilfe einer webbasierten Anwendung Urlaubsanträge papierlos stellen oder online Schichten tauschen – und das datenschutzkonform. Benutzen Unternehmen für die Personaleinsatzplanung eine Cloud-Lösung, müssen sie sich nicht selbst um die IT-Wartung kümmern und können die Lösung schnell und flexibel skalieren.

Schichtpläne sind nicht starr

Selbstverständlich kann nicht jedes Unternehmen – speziell in der Fertigung – bestehende Prozesse komplett umwerfen. Doch es ist Zeit, von der klassischen Denkweise abzuweichen und feste Schichtschemata aufzuweichen: Gleitzeit und Schichtarbeit müssen keine Gegensätze sein. Eine Schicht muss nicht erst beginnen, wenn der Schichtleiter vor Ort ist. Alternativen sind möglich – zumindest in Teilen. Unternehmen trauen ihren Beschäftigten in Bürojobs Gleitzeit und selbstbestimmtes Arbeiten zu. Das sollte auch in der Produktion möglich sein, sofern die Arbeit flexibel gestaltet werden kann und nicht taktgebunden ist.

Mit einer Multischichtplanung beispielsweise ist es möglich, Beschäftigte innerhalb eines Arbeitstages in mehrere Schichten zu verplanen oder auf mehrere Dienstzeiten flexibel aufzuteilen. Auf der anderen Seite können Beschäftigte ihre Schichtzeiten mit anderen Kolleginnen und Kollegen, die für die Tätigkeit qualifiziert sind, nach Bedarf tauschen. So können Unternehmen in Zeiten hohen Personalbedarfs flexibler reagieren. Oder auch mit einem "Springerpool" für Ersatz in der Produktion sorgen, um damit einen erhöhten Personalbedarf kurzfristig auszugleichen. Die Mitarbeitenden gewinnen letztlich erst dadurch mehr Flexibilität in ihren Arbeitszeiten.

Gleitzeit: Chance für kleinere Unternehmen

Für Unternehmen besteht ein Veränderungsdruck, wenn sie weiterhin qualifizierte Beschäftigte gewinnen und langfristig halten wollen. HR-Abteilungen sollten neue Formen der Arbeitsorganisation erproben und wagen. Denn die Lohnspirale weiter nach oben zu drehen, hilft nur bedingt gegen den Fachkräftemangel, weil die Lohnstückkosten in der Fertigung wettbewerbsfähig bleiben müssen. Unzufriedene Beschäftigte suchen sich schneller neue Arbeitgeber mit höheren Gehältern – und attraktiveren Arbeitszeiten.

Doch wenn es um neue Arbeitszeitmodelle geht, warten viele mittelständische Unternehmen eher ab, was sich an neuen Lösungen etabliert und setzen in der Personalplanung noch auf die bewährte Excel-Tabelle. Das bringt keine Vorteile im Wettbewerb um Fachkräfte. Hier verbirgt sich großes Potenzial: Denn kleinere Unternehmen haben im Gegensatz zu Konzernen eher eine Chance im Wettbewerb, wenn sie mit alternativen Anreizen Bewerberinnen und Bewerber überzeugen können. Und genau das sind unter anderem flexiblere Arbeitszeiten und flexiblere Arbeitszeitmodelle. Diese Modelle lassen sich in Unternehmen mit flachen Hierarchien vielfach leichter umsetzen – ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Work-Life-Balance ist unbezahlbar

Gerade jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sehr wichtig. Das ist ein Trend, der sich in den kommenden Jahren mit dem Weggang der älteren Generation von Fachkräften noch verschärfen wird. Moderne Workforce-Management-Lösungen unterstützen Unternehmen dabei, ihren Beschäftigten mehr zeitliche Flexibilität bei der Arbeit zu ermöglichen und Schichtarbeit flexibler und selbstbestimmter zu gestalten.

So können sie sich per Employee-Self-Service unter anderem selbst in Schichten einplanen. Diesen als "Self-Rostering" bezeichneten Trend beobachten wir schon seit einiger Zeit in den Niederlanden. Hier lohnt sich der Blick über die Grenze, um zu sehen, was bei moderner Personaleinsatzplanung möglich ist – und wovon auch Unternehmen in Deutschland profitieren können.

Fachkräfte gewinnen und halten

Letztlich geht es beim Thema neue Arbeitszeitmodelle um die nachhaltige Sicherung und Gewinnung von qualifizierten Fachkräften. Ein modernes Workforce Management mit einer softwarebasierten Personaleinsatzplanung kann Unternehmen unterstützen, klassische Schichtsysteme zu modernisieren und so zu helfen, Beschäftigte besser und für sie transparent in den Planungsprozess einzubinden.

Es hilft, die Produktion zu einem zeitgemäßen, attraktiven Arbeitsbereich umzugestalten. Das ist entscheidend, denn ohne passende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist unternehmerischer Erfolg nicht möglich. Allerdings geht das nur, wenn Unternehmen offen sind für neue Arbeitsformen, denn Workforce Management ist ein HR- und kein IT-Thema.

Schlagworte zum Thema:  New Work, Arbeitszeitmodell, Arbeitszeit